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Platz 2 - Markus Blauensteiner

41. Woche - Eine Dunkelwolkenkette in der Molekülwolke Cepheus 4

Fotografiert von: Markus Blauensteiner | | Astrofoto der Woche

Das heutige AdW führt uns in einen selten gezeigten Himmelsabschnitt aus der "nebligen Ecke" des Sternbilds Cepheus, dem so genannten "Cepheus Flare". Das Bildfeld misst 2,4° x 1,8° und zeigt Norden oben und Osten links. Hier erkannte Beverly T. Lynds einige kleinere Dunkelwolken, die bogenförmig um den blau leuchtenden Stern HD 197053 herum angeordnet sind. Dazu benutzte sie die roten und blauen Platten des Palomar Observatory Sky Survey (POSS). Die markanteste dieser Dunkelwolken ist das Objekt Nr. 1152 (LDN 1152), das wir als kleine, sehr dunkle Staubwolke mit etwa 9' Länge in der Bildmitte erkennen. Ähnlich groß ist auch LDN 1155/58 an der östlichen Spitze des Bogens (Pixelkoordinaten 400/1350). All diese Dunkelwolken gehören dem Molekülwolkenkomplex Cepheus 4 an, der 325 pc entfernt ist (Evans et al., ApJ 782, 114 (2014)). Auch noch erwähnt sei die Dunkelwolke TGU 619 mit der Doppelform bei (755/1730). Hier haben baltische Astronomen fotometrisch eine Entfernung von 286 pc gemessen.

In LDN 1152 liegt bei (1266/1031) ein kleiner Nebel von sichelförmiger Gestalt (dazu AdW herunterladen und hineinzoomen). Hierbei dürfte es sich um Bernes 38 handeln, obwohl Simbad die Position von Bernes 38 etwa 30 Bogensekunden weiter nordostwärts im absolut dunklen Bereich angibt, wo nichts zu sehen ist. Der Stern, der den nördlichen Rand beleuchtet, wird in Simbad als junges, stellares Objekt 2MASS J20361986+6756316 geführt. Kuriosum: In Simbad wird für diesen Sternort gleichzeitig auch die Position der Galaxie LEDA 2708838 angegeben! Eine Galaxie kann durch diese "dicke Suppe" aber wohl kaum hindurchscheinen. LDN 1152 beherbergt aktive Sternentstehung, was auch durch ein Herbig-Haro-Objekt belegt wird, welches aber nur mit großen Teleskopen nachweisbar ist (hier nicht).

Der blaue Stern HD 197053 ist ein B8-Stern von 7,6 mag. Er steht mitten in dem umgebenden Reigen der rötlichbraunen Dunkelwolken, die von den gelben und roten Sternen des galaktischen Bulge angeleuchtet werden. Gleichzeitig erkennt man aber um HD 197053 herum eine bläuliche Erhellung seiner unmittelbaren Umgebung. Folglich muss der Stern weiter entfernt stehen als die Molekülwolke, er scheint durch ein Loch dieser Wolke hindurch. So bildet sich ja der Bogen der Dunkelwolken. Stünde HD 197053 uns näher als der Komplex Cepheus 4, dann würde die Materie vom Stern blau angestrahlt, so dass wir einen bläulichen Reflexionsnebel sehen würden. Wie mögen die Nebelschwaden einem außerirdischen Beobachter erscheinen, der aus Richtung des Sterns den Dunkelwolkenkranz anschaut? Vermutlich bläulich.

Das AdW stammt von Markus Blauensteiner, uns eigentlich von der Sternwarte Gahberg in Oberösterreich bekannt. Dieses AdW entstand jedoch remote in Frankreich, in Verclause, wo die Sternwarte ROSA zu finden ist. Aufnahmedatum war der Zeitraum ab dem 15. Mai 2017. Als Aufnahmeteleskop wurde ein Takahashi Epsilon 130 ED (Newton 130 mm, f = 430 mm) verwendet, zusammen mit einer CCD-Kamera Moravian G2-8300. Belichtet wurde 117 x 10 min (L) und je 43 x 10 min (RGB), insgesamt also 41 Stunden!!! Zu den Objekten merkt der Bildautor selbst noch an: "... ganz am östlichen Rand ein weißer Reflexionsnebel, an dessen südlicher Spitze ein variabler Stern sitzt. Diese Kombination erinnert mich an Hubbles Variablen Nebel NGC 2261."

Ja, dieser Nebel (er gleicht dem oben genannten Bernes 38) heißt "Gyul'Budaghian's Nebula", oder auch GN 20.45.4. Die russischen/armenischen Astronomen A.L. Gyul'Budagyan und T.Y. Magakyan hatten sich 1977 (wie auch Bernes) mit konisch geformten Nebeln befasst. Das geschah am armenischen Byurakan-Observatorium. Der Veränderliche an der Nebelspitze ist der 17,46 mag helle PV Cephei, eigentlich ein blauer A5-Stern. Aufgrund der vorgelagerten Materie wird er jedoch dermaßen gerötet, dass sein Farbindex auf B-V = 1,81 mag ansteigt (rotorange, was das AdW sehr gut wiedergibt).

 

Text zum Objekt und den Aufnahmedaten: Peter Riepe

Dunkelnebel heißen so, weil sie auf früheren fotografischen Platten als dunkle Gebiete erschienen, in denen auffällig wenige Sterne zu sehen waren. Auf den Platten hat man diese Bereiche dann als dunklen Hintergrund wahrgenommen. Das heutige AdW von Markus Blauensteiner macht aus diesen Dunkelnebeln die strahlenden Stars im Vordergrund dieser Aufnahme. Wie ist diese Umkehrung der Erscheinung möglich? Verschiedene Zutaten haben dazu beigetragen. Der Bildautor unterhält eine fernsteuerbare Sternwarte in den französischen Alpen. Das Seeing an diesem Standort unterliegt zwar Schwankungen, aber der Himmel ist sehr dunkel - ideal also für kurze Brennweiten. Hinzu kommt eine sensationell lange Belichtungszeit von insgesamt 41 Stunden! Eine fast völlig autarke Aufnahmesoftware (und natürlich die große Anzahl an klaren Nächten) machen es möglich, solche langen Belichtungszeiten zu realisieren. Letztendlich sorgt die schnelle Aufnahmeoptik für dieses besonders tiefe Ergebnis. Verwendet wurde ein Takahashi Epsilon 130ED. Es handelt sich dabei um einen ausgewiesenen Astrographen, der von der Bauart stark an ein Newton-Teleskop angelehnt ist. Äußerlich erinnert das Teleskop etwas an die kurzgebauten Newton-Teleskope mit 114 mm Öffnung und 450 mm Brennweite für Anfänger, jedoch täuscht dieser Eindruck massiv. Denn es handelt sich in Wirklichkeit um ein Hochleistungsteleskop mit exzellenten Eigenschaften. Die kurze Bauweise und das geringe Gewicht erlauben es sogar, das Teleskop mit auf Reisen zu nehmen und auf kleinen Montierungen zu betreiben.

Selbstverständlich ist es nicht nur die Ausrüstung, die ein solches Foto ausmacht, die Bildbearbeitung ist ebenso exzellent. Manch ein Astrofotograf wird sich nun sagen: „Bei solchen Bedingungen ist es ja ein leichtes, eine derartige Aufnahme zu erstellen“. Aber es liegt natürlich am jahrelangen und passionierten Einsatz des Bildautors, sich solche Bedingungen zu schaffen. Nicht jeder Hobbyastronom ist dazu bereit. Das Glück ist mit den tüchtigen.

 Wir gratulieren Markus Blauensteiner zu dieser sehr gelungenen Aufnahme.

 Kommentar zum Bild: Frank Sackenheim

 

Koordinaten von HD 197053 (J2000):

RA = 20 h 37 min 04 s, DE = +67° 30' 15''

 

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