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11 Woche - Der Doppelsternhaufen h+chi Persei

| Astrofoto der Woche

Das heutige AdW zeigt wieder einen offenen Sternhaufen, mehr noch: den Doppelsternhaufen NGC 869/884, auch als h+chi Persei bekannt. Frank Breslawski, der Bildautor, istz neu in der Runde der AdW-Astrofotografen und gibt heute seinen "Einstand" mit diesem Bild. Wir begrüßen ihn ganz herzlich in unserer Runde. Aufnahmedatum war der 27., 28. und 30.12.2019 sowie der 01.01.2020. Das Bild entstand im Bergischen Land (das hat wenig mit hohen Bergen zu tun, sondern ist der Name für das ehemalige Herzogtum Berg). Als Instrument kam ein Takahashi Epsilon 130D zum Einsatz, Öffnung 130 mm, Brennweite 430 mm. Kamera war eine Astrel Instruments AST8300B. Belichtungszeit insgesamt: 17 h, im Dtetail: RGB je 12 x 300 s, L 36 x 300 s, Hα 44 x 900 s, alles ohne Binning. Montierung war eine Skywatcher EQ8, Nachführkamera: ZWO ASI 120MM Mini mit 8 x 50 Guidescope, Software: PixInsight 1.8, Zipproth Straton 2.0, Filter: Astronomik Deep-Sky RGB und L-2 UV-IR Block sowie Hα 6 nm CCD. Das vorliegende Bild hat einen Bildmaßstab von 2,599 arcsec/px, die Bildfeldgröße beträgt 138' x 99', Norden ist oben, Osten links.

Frank Breslawski schreibt: "Hallo liebes AdW-Team, dies ist meine erste Einsendung zu Euch. Das Foto zeigt den bekannten Doppelcluster h+chi, welchen ich mir als Firstlight für meinen neuen Epsilon 130D herausgesucht hatte. Dabei ging es mir primär darum, die Qualität der Sternabbildung zu testen. Dann keimte die Idee, die enorme Lichtstärke der Optik auf eine Probe zu stellen und die (sehr schwachen) vorhandenen Wasserstoff-Anteile in dieser Region sichtbar zu machen. Eine extrem lange Belichtung - 11 Stunden bei f/3,3 nur für Hα - hat es mir dann nach einer aufwändigen Ebnung des Hintergrundes und Einmischung in den Rotkanal ermöglicht, dieses Foto zu erstellen."

Astro-Informationen zum Objekt selbst: Der Doppelsternhaufen h und chi Persei wird oft als Zentrum der Sternassoziation Per OB1 angesehen. Demnach liegt er im Perseus-Arm der Milchstraße, dessen Entfernung von Humphreys (1978) zu 2300 pc angegeben wird. Bezeichnend für Per OB1 ist, dass hier überproportional viele Rote Überriesen vorkommen. Und das zeigt auch das AdW. Schauen wir das Zusatzbild an (hier klicken). Darin werden die Roten Überriesen sofort sichtbar. Im oberen Bild (entnommen dem Deep Sky Survey der Datenbank Aladin) sind alle Sterne im Licht des gesamten visuellen Spektralbereichs sichtbar. Das untere Bild (entnommen dem infraroten 2MASS aus Aladin) zeigt nachdrücklich: Was im IR-Bereich unterdrückt wird, ist verständlicherweise die Helligkeit der blauen Sterne, deren Strahlungsmaximum weit außerhalb des IR-Bereichs liegt. Hingegen stechen im IR-Bereich fünf rote Überriesen durch ihre hohe Helligkeit im Vergleich zu den restlichen Haufensternen deutlich hervor. Sie sind identisch mit den orangefarbenen hellen Sternen im AdW. Diese Überriesen sind durchweg veränderliche Sterne: RS Per, AD Per, FZ Per, V439 Per und V403 Per.

Der Doppelsternhaufen hat nach dem Standardwerk von Becker & Fenkart (1971) einen mittleren Spektraltyp B1, d.h. er besteht aus jungen, heißen Sternen. Als Entfernung wird 2150 pc für h bzw. 2480 pc für chi angegeben. Bei einem scheinbaren Durchmesser von 30' leitet sich damit ein wahrer Durchmesser von 19 pc für h bzw. 22 pc für chi ab. Was bedeutet das für die Natur als "Doppelhaufen"? Beide Haufen befinden sich zwar mit ebenfalls 30' scheinbar dicht nebeneinander, aber in Wirklichkeit stehen sie 330 pc (gut 1000 Lj) hintereinander. Das sind dann also rund 16 Haufendurchmesser. Man sollte jedoch auch andere Messungen berücksichtigen. Neuere Ergebnisse von Slesnick, Hillenbrand und Massey (2002) ergeben für den Doppelhaufen einen Entfernungswert zwischen 2290 und 2400 pc. Demnach stehen beide Einzelhaufen doch dichter zusammen. Weiterhin leiten diese Astronomen Haufenmassen von 3700 Sonnenmassen für h und 2800 Sonnenmassen für chi ab. Außerdem geben sie für das Alter beider Haufen 12,8 (+-1) Millionen Jahre an. Meynet, Mermilliod und Maeder (1993) finden für chi Persei 14 Mio. Jahre.

Anmerkung: Die Aufnahme gefällt durch ihre technische Sauberkeit und die gute Farbwiedergabe. Was man vermisst, ist die blaue Färbung der Haufensterne im Spektralbereich um B1 bis A0. Das aber ist keinerlei Fehler in der Bildbearbeitung, sondern es liegt an der interstellaren Materie im Vordergrund. Der Farbexzess über der Fläche von NGC 869/884 beträgt 0,56 mag. So werden die ungestörten Farbindizes der B-Sterne von B-V ~ -0,2 mag auf ~0,3 mag verändert (bläulichweiß). Das hat auch eine stärkere Absorption zur Folge: Die Sterne im Feld wären ohne den "Dreck im Vordergrund" etwa 1,68 mag heller.

Wir gratulieren dem Bildautor ganz herzlich zum gelungenen Einstiegsresultat, natürlich auch zum Astrofoto der Woche!

 

Peter Riepe
Bildautor: Frank Breslawski

 

Koordinaten von h+chi Per (J2000):
RA = 02 h 20,6 min, DE = +57° 08'

 

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