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13. Woche - Wer kennt eigentlich Patchick 5 ?

Fotografiert von: Robert Pölzl | | Astrofoto der Woche

Planetarische Nebel sind immer wieder interessante Motive für Beobachter und Astrofotografen. Heute geht es jedoch um einen PN, der aufgrund seiner geringen Helligkeit Astrofotografen vorbehalten bleibt: Patchick 5, abgekürzt Pa 5. Nie gehört? Dana Patchick, der Entdecker, ist Mitglied der bekannten Gruppe der "Deep Sky Hunters". Diese Gruppe - ursprünglich um die Österreicher Matthias Kronberger und Philipp Teutsch entstanden - hat heute 380 Mitglieder. Bei genauer Durchforstung der bekannten Surveys wurden zahlreiche Deep-Sky-Objekte entdeckt, im Wesentlichen galaktische Sternhaufen und Planetarische Nebel. Pa 5 wird auch unter DSH J19195+4445 geführt. Diese Katalogisierung der Deep Sky Hunter (DSH) nennt in der folgenden Zahlenangabe die Objektkoordinaten (J2000). In der Acker-Liste wird Pa 5 als PN G076.3+14.1 bezeichnet.

Pa 5 liegt im Grenzgebiet zwischen Schwan und Leier. Das AdW zeigt ein Gesichtsfeld von 45,9' x 34,6' (Norden oben, Osten links). Die Ausdehnung des bipolaren Nebels beträgt nur 140" x 80". Im zentralen Bereich konnte eine Expansion von 45 km/s gemessen werden. Nach Nordosten wölbt sich ein lichtschwaches Anhängsel nach außen, das hier aufgrund der tiefen Belichtung deutlich herauskommt. Ein entsprechender Südwesthenkel ist auch vorhanden, tritt aber nur extrem schwach in Erscheinung. Für den Astrofotografen von Interesse: Pa 5 leuchtet überwiegend im [OIII]-Licht und in Ha, wobei der Strahlungsfluss (engl. "flux", was aber nichts mit galaktischem Zirrus zu tun hat) in [OIII] um 87% stärker als in Hα ist (Garcia-Diaz 2014). Eine merkliche Emission ist auch im He II (468,6 nm) zu sehen, was bei PN nicht allzu häufig vorkommt und - sofern fotografisch erfasst - den Blauanteil erhöht. Vom roten Stickstofflicht [NII] oder vom Schwefellicht [SII] kommt absolut kein Beitrag. Die PN-Farbe wird daher im AdW relativ realistisch wiedergegeben. Es muss aber klar sein, dass die Sterne aufgrund der bewusst gewählten Filterung (siehe weiter unten) nicht in ihrer natürlichen Eigenfarbe leuchten, weil das Blau unterrepräsentiert ist.

Der 15,67 mag helle Zentralstern (ZS) von Pa 5 ist bemerkenswert. Er ist als KIC 8619526 katalogisiert. Diese Bezeichnung stammt vom „Kepler Input Catalog“. Mit dem Weltraumteleskop Kepler wurde festgestellt, dass der ZS eine Periodizität von etwas mehr als einem Tag aufweist. De Marco et al. berichteten 2015, dass der ZS sehr heiß sei und dass die Periodizität mit einem entwickelten Begleiter im Einklang stände. Das stärkt die Modellvorstellung, dass gerade die bipolaren PN einen zentralen Doppelstern besitzen, aus dessen Bewegung die PN-Gestalt resultiert. Die Datenbank SIMBAD nennt den ZS übrigens einen „pulsierenden Weißen Zwerg“.

In der Fülle der Milchstraßensterne lassen sich auch einige Hintergrundgalaxien ausmachen. Die drei hellsten liegen bei den Pixelkoordinaten (1197/606), (1353/703) und (1849/718).

Robert Pölzl, Mitglied der Fachgruppe Astrofotografie, ist Bildautor. Die Aufnahme entstand im Zeitraum Mai/Juni 2015 in Nerpio/Spanien. Aufnahmeteleskop war ein 14,5-Zoll-Newton mit 1333 mm Brennweite im Remote-Betrieb. Dazu kam eine CCD-Kamera Fingerlakes FLI ML 8300. Belichtet wurde: R/G/B/Hα+[NII]/[OIII] = 165/165/195/510/630 min. Das macht zusammen 27 Stunden und 45 min. Im Vergleich dazu ist ein Hα-Bild mit dem 3,5-m-Wynne-Teleskop zu sehen, Bild: G. Jacoby (hier klicken). Der Autor schreibt: „Das Ziel meiner ausgedehnten Belichtungserie über 2 Monate war herauszufinden, ob es zur bekannten Struktur eventuell noch eine weitere Schale gibt. Leider hat sich nichts Neues entdecken lassen.“ Aber dafür hat er ein großartiges Bild eines kaum bekannten PNs hingezaubert!

Text zum Objekt und Belichtungsdaten: Peter Riepe

Robert Pölzl schreibt bei der Einsendung seines Bildes: "Es ist ein gutes Bild eines fast unbekannten Nebels geworden". Diese Einschätzung halten wir schon für sehr bescheiden, denn es ist ein sehr gutes Foto eines zumindest in der deutschen Astroszene weitestgehend unbekannten Objektes. Die Wahl der Filter ist typisch für Planetarische Nebel. Es kam ein schmalbandiger Hα-Filter und ein schmalbandiger [OIII]-Filter zum Einsatz, da Planetarische Nebel häufig Licht in diesen Spektrallinien emittieren. Der Hα-Filter wurde insgesamt 8 Stunden lang mit Licht versorgt, und der [OIII]-Filter 10,5 Stunden. Das ist ausreichend Belichtungszeit, um eine tiefe Darstellung des Nebels zu garantieren. Hinzu kommen relativ kurz belichtete Aufnahmen für Rot, Grün und Blau, die lediglich dazu dienen, die Sternfarben realistisch darzustellen. Daraus hat Robert Pölzl ein ansprechendes Bild gestaltet, welches eindrucksvoll die Sternendichte der Himmelsregion zeigt, und ebenso eindrucksvoll das eigentliche Objekt, den Planetarischen Nebel.

Die Kombination von breitbandig und engbandig gefilterten Aufnahmen hat uns bei den vergangenen AdWs sehr häufig beschäftigt, und wir haben oft angemerkt, dass diese Vorgehensweise alles andere als trivial ist. Verschiedene Schwierigkeiten können dabei auftreten. Beim vorliegenden Bild fallen zwei Dinge besonders auf. Zum einen ist das Bild recht verrauscht, was man allerdings erst bemerkt wenn man ins Bild hinein zoomt. Grund dafür dürfte sein, dass durch die relativ kurzen Rot-, Grün- und Blauaufnahmen dem Bild ein gesundes Hintergrundsignal fehlt. Zum anderen fällt auf, dass die Farbtöne Grün und Rot im Bild dominieren. Ein Resultat des Zumischens der Schmalbandaufnahmen.

Für eine rein wissenschaftliche Darstellung hätten die monochromatischen Bilder der Hα- und [OIII]-Aufnahmen gereicht. Da wir Astrofotografen zum überwiegenden Teil aber nicht rein wissenschaftlich arbeiten und gerne farbige Bilder zeigen, müssen wir Kompromisse eingehen und kreativ sein, wenn es darum geht, schmalbandige und breitbandige Aufnahmen zu vereinen. Beides ist Robert Pölzl gut gelungen. Der Dank dafür ist ein wirklich gelungenes Astrofoto, welches auf Grund des exotischen und interessanten Objektes ganz im Sinne des AdWs ist.

Kommentar zum Bild: Frank Sackenheim und Dr. Stefan Binnewies

Koordinaten (J2000): RA = 19 h 19 min 30.5 s, DE = +44° 45' 43''

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