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20. Woche - NGC 3532 – ein südlicher Sternhaufen

| Astrofoto der Woche

Östlich des Eta-Carinae-Nebels befindet sich ein ausgedehnter offener Sternhaufen, den man aber aufgrund des prominenten Nachbarn oft übersieht: der offene Sternhaufen NGC 3532. Heute wird dieser Sternhaufen präsentiert, aufgenommen von Endriko Siegismund. Das Bildfeld misst 2,4° x 1,6° mit der Nordrichtung bei 1:30 Uhr. Die Aufnahmeserie datiert vom 08.05.2018 und entstand auf der Astrofarm Tivoli in Namibia. Teleskop war ein Apochromat 107 mm/700 mm von APM, die Brennweite war per Riccardi Reducer auf 525 mm verkürzt. Die Kamera, eine Canon 60Da, wurde auf etwa -15°C gekühlt. Belichtungszeiten: 50 x 420 s bei ISO 500.

Zum fotografierten Objekt und den Objekten im Umfeld. NGC 3532 ist ein reicher offener Haufen in der galaktischen Scheibe. Seine Entfernung schwankt in der Literatur mit Werten zwischen 440 pc (G. Hagen, 1970) und 490 pc (J.A. Fernandez & C.W. Salgado, 1980). Einen recht neuen Wert geben D.J. Fritzewski et al. (2019) an: 484 ± 35 pc aus Gaia-Parallaxen (ca. 1580 Lj), dazu ein Haufenalter von 300 Mio. Jahren.

Schauen wir uns das AdW an. Es zeigt, dass die Haufenausdehnung problematisch zu messen ist: Der Sternhaufen geht ohne Abgrenzung unmittelbar in den Sternenreichtum der Milchstraße über. Dennoch kann ein grober Wert hier schon anhand der helleren blauen Sterne abgeschätzt werden: rund 47' – was in der genannten Entfernung ca. 22 Lichtjahren gleichkommt. Der Datenbank Simbad ist zu entnehmen, dass es in NGC 3532 keine O-Sterne mehr gibt. Das ist bei dem Alter kein Wunder, denn O-Sterne sind „Energieverschwender“ und haben bereits nach einigen Millionen Jahren  ihr Dasein als Supernovae beendet. Die überwiegende Menge hellerer Sterne liegt bei 7 - 8 mag mit Spektraltypen vom mittleren B-Typ bis zum mittleren A-Typ. Hellster Haufenstern ist der 6,03 mag helle K2-Riese HD 96544 bei den Pixelkoordinaten (1095/673). Eine Abschätzung der Haufenmasse liefert etwa 2000 Sonnenmassen als untere Grenze (J.A. Fernandez & C.W. Salgado, 1980). Im Bild steht links von NGC 3532 ein heller, orangefarbener Stern. Das ist HD 96918, auch als Veränderlicher x Carinae bekannt. Dieser klassische Cepheid vom Typ Delta Cephei ist rund 3,83 mag hell und hat den Spektraltyp G5, sollte also eher weißlich sein statt orange.

Von NGC 3532 erstreckt sich zum unteren Bildrand hin ein Nebelfilament. Es handelt sich um die HII-Region Bran 337 (= Gum 34B), besser bekannt als RCW 54 aus A.W. Rodgers, C.T. Campbell und J.B. Whiteoak: „A catalogue of H-α emission regions in the Southern Milky Way“, Monthly Not. Roy. Astron. Soc. 121, 103-110 (1960). Links oben ist ein weiterer, jedoch kleinerer roter Nebel von 7' Ausdehnung zu sehen. Das ist die HII-Region Bran 347 = H53. Der Name H53 geht zurück auf einen Katalog von D. Hoffleit, der bereits 1953 erschien, mit Nebeluntersuchungen um B-Sterne im Sternbild Carina. Bei (517/248) sitzt der ionisierende OB-Stern HD 97471. Nach rechts oben schließt sich eine Molekülwolke an, mit der H53 einen hell leuchtenden Rand erzeugt. Was man selten sieht: in H53 steckt ein sehr helles Herbig-Haro-Objekt (HH 136) bei (523/206). Jenseits davon setzt sich H53 weiter fort, aber schwächer werdend. Wäre diese kleine HII-Region nicht einmal etwas für langbrennweitige Astrofotografie auf der Südhalbkugel?

Anmerkungen: Der Bildautor konnte hier im Laufe der Zeit schon einige gute Aufnahmen zeigen. Sie waren, wie auch diesmal, technisch stets einwandfrei. Die gekühlte DSLR hat eine recht hohe Empfindlichkeit, so dass bei Blende 4,9 eine günstige ISO-Einstellung gewählt werden kann. Das führt zu moderaten Belichtungszeiten wie hier 5 h 50 min. Allerdings lässt Namibia für Regionen fern der Milchstraße noch längere Belichtungszeiten zu (falls jemand einmal an lichtschwache Objekte wie LSB-Galaxien denkt). Die Farben überzeugen mich. Auch wenn Endriko Siegismund ein Freund der stärkeren Farbsättigung ist, so hält sich diese aber durchaus im Rahmen. Wichtig für die Beurteilung von RGB-Aufnahmen: Die Farbverhältnisse stimmen. K-Sterne in NGC 3521 sind gelborange und B-Sterne lichtblau. Die umgebenden HII-Regionen zeigen das Rot, welches man in diesem Himmelsabschnitt mit geringem Farbexzess (Rötung) erwarten darf. Allerdings macht eines stutzig: der rötliche Farbrand um HD 96918. Er hat sicherlich nichts mit dem Stern selbst zu tun, sondern sollte eher als farbiger Hof aufzufassen sein. Möglicherweise wird dies durch den Reducer verursacht. Ein anderer Astrofotograf schreibt mir, dass er an seinem Apochromaten auch den Riccardi-Reducer verwendet und teilweise heftige Reflexe bei Farbaufnahmen hat.

Einen großen Dank an den Autor, dazu unsere Gratulation zum gelungenen Astrofoto der Woche.

 

Peter Riepe
Bildautor: Endriko Siegismund

 

Koordinaten J2000.0:
RA = 11 h 05 min 39 s, DE = -58° 45' 12"

 

 

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