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33. Woche - Die Nebel im Gebiet IC 434

| Astrofoto der Woche

Das heutige AdW entführt uns bei hochsommerlichen Temperaturen in den Winter, genauer gesagt: ins Sternbild Orion. Das hier gezeigte Feld ist ein Standardmotiv, jeder kennt es: Das Gebiet um die Pferdekopregion. Hier kann man gar nicht anders: Das Bildfeld von 139' x 105' zeigt Norden links und Osten unten. Thomas Hellwing ist Bildautor und gibt hier seinen „AdW-Einstand“. Deshalb Wir begrüßen ihn ganz herzlich!

Im Zeitraum Februar/März 2020 nahm er in insgesamt neun Nächten die Pferdekopfregion von seiner Gartensternwarte in Sigmaringen auf. Dabei kam ein Takahashi Epsilon 130D mit 130 mm Öffnung und 430 mm Brennweite zum Einsatz, also Blende 3,3. Nachgeführt wurde mit einer ZWO ASI 174 MM mini Guiding am OAG-Filterrad. Die Kamera für die Astroaufnahmen war eine ZWO ASI 1600 MMC. Von Baader war der LRGB-Filtersatz. Belichtet wurde insgesamt 6 h 6 min. Im einzelnen sah das so aus: Luminanz: 95 x 75 s, R: 70 x 90 s, G: 55 x 90 s und B: 40 x 90 s. Als Software wurden APT, PixInsight und Photoshop CC benutzt.

Jetzt zum Motivc selbst. Direkt links der Bildmitte sticht der markante Pferdekopfnebel Barnard 33 ins Auge. Er stellt eine dichte Dunkelwolke dar, die sich aus dem Westrand der Molekülwolke Orion B nach Westen in die HII-Region IC 434 hinein bewegt. Zur Erklärung: Die Molekülwolke liegt unten im Bild, unterhalb des ionisierten Bright Rim, der die Grenze zur HII-Region IC 434 bildet. Die Molekülwolke fällt im Bild sofort auf als ein Gebiet mit deutlich geringerer Sterndichte. Das ist völlig klar, denn hier wird ein Großteil des Lichts der dahinter liegenden Sterne absorbiert.

IC 434 wird ionisiert durch den Mehrfachstern Sigma Orionis, welcher ~13 Lj oberhalb (westlich) des Bright Rim liegt. Wir sehen aber nur einen Teil der Wirklichkeit. Außerhalb des Bildes jenseits des oberen Randes liegt noch eine weitere rot leuchtende Nebelzone, die mit IC 434 gemeinsam eine große Gas-Ellipse bildet. Das Zusatzbild zeigt die Szenerie, entnommen aus dem Himmelsatlas Aladin in der Datenbank Simbad. Allerdings wurde es noch stark in Kontrast und Helligkeit verändert, sonst kämen die vielen Nebel nicht so zum Ausdruck.

Der 3,73 mag helle Sigma Orionis steckt in einem kleinen, lockeren offenen Sternhaufen in etwa 1265 Lj Entfernung. Dieser Sternhaufen ist mit 3 Mio. Jahren ganz jung, und damit auch der umgebende Nebel. Sigma Orionis steht ziemlich genau im Mittelpunkt der Gas-Ellipse. Der Stern ist ein Fünffachsystem. Er enthält einen O9,5-Stern, einen B0,5-Stern, zwei B2-Sterne und dazu noch einen A-Stern. So wird verständlich, welche Mengen an UV-Energie auf die Grenzzone zur Molekülwolke Orion B stoßen und dort das leuchtende Gas aufschwemmen. Schaut man sich das AdW im Detail an (dazu bitte das Original herunterladen), so erkennt man überall in IC 434 die auffälligen Bogen- und Fingerstrukturen, die eine junge HII-Region ganz typisch charakterisieren.

In der Molekülwolke Orion B finden sich zwei auffällige Reflexionsnebel. Rund 20' links unterhalb des Pferdekopfes ist NGC 2023 zu sehen. Er wird von innen her durch den 7,8 mag hellen B3-Stern HD 37903 bei den Pixelkoordinaten (1623/2233) erleuchtet. NGC 2023 ist ein Entstehungsgebiet massearmer Sterne, was sich am Fehlen von Hα-Licht andeutet. Zahlreiche junge sternförmige Objekte wurden im Nebelinneren gefunden. Einige Staubfahnen liegen im Randbereich, was im AdW sehr schön herauskommt. Weitere 25' nach Osten (also im Bild nach unten) liegt der zweite Reflexionsnebel, IC 435. Auch hier sitzt ein B3-Stern im Zentrum.

Der hellste Stern im Bild ist Alnitak, als östlicher Gürtelstern Zeta Orionis bekannt. Dieser blaue O9-Überriese von 1,77 mag ist 1100 Lj entfernt. Östlich von ihm sticht NGC 2024 ins Auge. Dieser Nebel ist eine Mischform aus Emissions- und Reflexionsnebel. Seine Gestalt wird durch chaotische, ausgedehnte Staubsträhnen geprägt. Am linken Bildrand schließlich, nördlich von NGC 2024 und Zeta Orionis, bemerken wir den Nebel GN 05.38.4.02. Er umschließt den Veränderlichen V901 Orionis (115/1959). Dieser Nebel zeigt einen deutlichen Aufbau aus Schichten. Das mag mit dem enthaltenen Veränderlichen zusammenhängen.

Noch ein wenig Galaxiensuche. Man mag es kaum glauben, aber in dem von Materie durchzogenen Himmelsfeld verstecken sich noch einige winzige Spiralnebel: a) eine anonyme Galaxie bei den Pixelkoordinaten (1162/350), b) eine ebensolche bei (3541/1253) und c) die schon deutlichere 2MFGC 4620 bei (4110/1814). Ihre Radialgeschwindigkeit von 6253 km/s führt auf eine Distanz von rund 280 Mio. Lj.

Anmerkungen: Das AdW besticht durch seine technisch saubere, fehlerfreie Form. Dass der Autor das Rauschen nicht in dem Maße unterdrückt, wie es heute viele andere Astrofotografen machen, ist kein Fehler. Angemessen lange Belichtungszeiten reduzieren das Rauschen, nicht allein die Software. Das Rauschen gehört rein physikalisch gesehen unbedingt dazu. Klar – man kann schon Rauschreduzierung in nicht zu heftiger Form anwenden, insbesondere in den dunklen Bildpartien. Doch komplett glatt darf ein Astrofoto nicht sein. Das verbietet schon die Natur des Lichtes als statistisches Phänomen. Ich habe es neulich wieder einmal erlebt, dass zarteste Strukturen in einem bekannten Nebel von einem anderen Bildautor „weggebügelt“ wurden.

Was aber vielleicht zu überlegen wäre: Die Farben der Reflexionsnebel tragen eindeutig blaue Farbindizes. Darauf wollte ich hier nicht unbedingt wieder eingehen. Aber ich möchte doch gern in Erinnerung rufen: Der Farbindex eines astronomischen Objektes ist über die Helligkeiten in Blau und Visuell in jeder Datenbank zu ersehen und als B-V leicht zu berechnen. Ein Abgleich – ob mein Bild mit den Farbindizes in etwa übereinstimmt – ist also kein Problem.

Das heutige AdW ist wieder einmal ein „Hingucker“. Dem Bildautor Thomas Hellwing dafür einen herzlichen Dank – und unsere Gratulation zum gelungenen Astrofoto der Woche!

 

Peter Riepe
Bildautor: Thomas Hellwing

 

Koordinaten (J2000) von Barnard 33:
RA = 05 h 40 min 59 s, DE = -02° 27' 30''

 

 

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