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35. Woche - Der Omeganebel Messier 17

| Astrofoto der Woche

Was liegt im Sommer näher, als einen prominenten Gasnebel der Sommermilchstraße im Schützen vorzustellen? Wir machen das heute mit einem gelungenen Bild von Mario Richter. Er war im Zeitraum Mai/Juni 2019 mit seinem Astro-Kollegen Endriko Siegismund zu Besuch auf der Farm Tivoli in Namibia und konnte dort zahlreiche schöne Deep-Sky-Objekte aufnehmen. Nebel fotografieren? Deep-Sky-Objekte aufnehmen? Ja, ich bleibe bei dieser "antiken" Sprache, die aber scheinbar immer mehr untergeht. Deshalb eine Übersetzung ins Neudeutsche: Mario Richter hat Daten von M 17 gesammelt! Dazu nutzte er einen Astrographen 130 mm / 520 mm in Kombination mit einer astromodifizierten Canon 60d. Belichtet wurde 37 x 6 min bei ISO 400. Norden ist oben, Osten links. Das erfasste Bildfeld beträgt 149' x 99'.

Was zeigt das Bild? Messier 17 - er ist 1,6 kpc = 5220 Lj entfernt (Nielbock et al. 2001) - besitzt ein balkenförmiges Zentralgebiet. Mancher visuelle Beobachter hat hier die Form eines Schwans gesehen, so dass bei M 17 auch vom Schwanennebel die Rede ist. Nach Osten hin erkennen wir eine schalenförmige Nebelstruktur, die den Balken umgibt. Die Astronomen sprechen hier von einer "Superschale" (supershell), welche von den Winden der zahlreichen im Nebel enthaltenen heißen, jungen Sterne aufgeblasen wird. Und diese von filamentförmigen Nebelfetzen geprägte Superschale expandiert natürlich weiter. Was bei M 17 auffällig ist: Die HII-Region kommt nicht nur rot zur Geltung. Ein kräftiger blauer Schimmer überzieht das gesamte Nebelgebiet - ein Hinweis auf die enthaltenen blauen, jungen Sterne, deren Licht an den Staubteilchen reflektiert wird. Jenseits der dichten Dunkelwolke SDC G15.136-0.553, die Messier 17 an der Westgrenze durchzieht, liegt scheinbar abgetrennt Gum 81 B. In Wirklichkeit dürfte es sich aber um einen echten Teil von M 17 handeln, und M 17 ist ja schließlich auch als Gum 81a bekannt. Die Dunkelwolke ist mit einer riesigen Molekülwolke assoziiert und verdeckt sozusagen das Nebelgebiet zwischen M 17 und Gum 81b. So ähnlich ist es ja auch beim Nordamerikanebel, der auch nur scheinbar vom Pelikannebel getrennt ist.

Im Jahre 1997 publizierten M.M. Hanson und Kollegen eine Untersuchung "The Young Massive Stellar Objects of M17" im Astrophys. Journal 489, Seiten 698-718. Darin wurden zahlreiche junge Sterne vorgestellt, die aus Infrarotbeobachtungen im K-Band (2200 nm) hervorgingen. Endlich hatte man eine Aufnahme erhalten, die das Zentrum des Haufens NGC 6618 wirklich als jungen Sternhaufen entpuppte. Hellster Stern in diesem Sternhaufen ist der Stern B 189 aus der Hanson-Tabelle. Wir können ihn im AdW sogar recht gut ausmachen, er erscheint als orangefarbener Lichtpunkt in der kleinen Dunkelwolke am Westrand von M 17 bei den Pixelkoordinaten (2517/1489). Bereits 1973 hatten D.E. Kleinmann und E.L. Wright diesen Stern als IR-Quelle erkannt. Und aus dem Grund ist er als "Kleinmann´s star" bekannt geworden. Hier liegt ein doppelter O4-Stern vor! Sollte ein O-Stern aber nicht blau sein? Ja klar, aber die dichte Staubmaterie führt zu einer extremen Rötung. Dies ist also ein exzellentes Beispiel dafür, dass die Farbkalibrierung einer Astroaufnahme (Weißabgleich) nicht am Spektraltyp festgemacht werden darf, sondern nur am heißgeliebten Farbindex B-V = 0,64 mag ...

Wem ist schon einmal das kleine, blaue Nebelchen bei den Pixelkoordinaten (2449/331) aufgefallen? Es handelt sich um den Reflexionsnebel [G82a] 12 aus dem 1982er-Katalog von Gyulbudaghian, der Nebel mit kometarischer Gestalt erforschte. Und noch ein nebelförmiges Objekt fällt sofort ins Auge: In der rechten unteren Bildecke liegt eine schwächere, aber nahezu kreisrunde HII-Region. Das ist Sh2-44, besser auch (weil früher entdeckt) als BBW 34101 katalogisiert. Die drei Buchstaben weisen auf die Entdecker hin: Bok B.J., Bester M.J. und Wade C.M. verfassten den "Catalogue of H(II) regions in the Milky Way for longitudes 250°-355°" und publizierten das in den Harvard College Observatory - Reprints 416, 1-16 (1955). Die Entfernung ist nicht klar, sie liegt je nach Messung zwischen 1,3 bis 2,2 Kiloparsec (4240 bis 7180 Lj). Der anregende Stern ist der O6-Stern HD 167633 bei (4311/2323).

Anmerkung: Das Bild ist ausgezeichnet gelungen. Man darf dem Bildautor auch mit Schmunzeln sagen: Die Hilfestellung von Endriko Siegismund in der Bildbearbeitung ist sofort erkennbar. Das soll bitte als Lob aufgefasst werden! Wir gratulieren zum gelungenen Bild und natürlich zum Astrofoto der Woche.

Peter Riepe

 

Bildautor: Mario Richter

 

Koordinaten J2000.0:
RA = 18 h 20 min 47 s, DE = -16° 10' 18"

 

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