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45. Woche - Nordamerika- und Pelikannebel – ein klassisches Astromotiv

Fotografiert von: Christian Walter | | Astrofoto der Woche

Im heutigen AdW stellen wir ein Motiv vor, das jeder Astrofotograf bestimmt schon einmal für sich ausgewählt haben dürfte: NGC 7000, der Nordamerikanebel zusammen mit IC 5070, dem Pelikannebel. Und doch ist jedes dieser Standardmotive mehr oder weniger anders, je nach verwendeter Aufnahmeoptik, Kamera, Filterung, Bildfeldgröße und Bildbearbeitung. Christian Walter hat uns diese Variante geschickt. Das Bildfeld deckt 3,4° x 4,0° im Hochformat ab und stellt ein Mosaik aus vier Einzelbildern dar. Norden liegt rechts, Osten oben – das Querlegen widerstrebte mir diesmal …

Aufnahmeort war der eigene Garten in Egelsbach, 20 km von Frankfurt entfernt. Als Teleskop verwendete Christian Walter einen Skywatcher Esprit 80ED mit 80 mm Öffnung und 400 mm Brennweite. Dazu wurde eine ASI 1600mm-c eingesetzt und insgesamt etwa 35 Stunden (!!!) belichtet. Warum so lange? Der Himmel lässt das doch gar nicht zu, oder? Die Begründung dazu liefert der Bildautor selbst: „Mein Garten liegt auf einem Eckgrundstück, das beidseitig ´hübsch´ durch Straßenlampen ausgeleuchtet wird. Zeitunglesen ist also nachts in meinem Garten kein Problem. Dazu kommt dann die generelle ´Lichtverschmutzung´ in der Nähe von Frankfurt. Auch Flugzeugspuren in den Aufnahmen gibt es durch den Flughafen Frankfurt immer wieder. Das alles hatte mich aber bisher nicht davon abgehalten meinem Hobby nachzugehen. Ich hoffe, dass Ihr der gleichen Meinung seid wie ich - nämlich dass man mit der notwendigen Geduld, sprich Belichtungszeit, auch in einem solchen Gebiet zu einem schönen Ergebnis kommen kann ...“ Genau da liegt der Hase im Pfeffer! Ein heller Himmel erlaubt zwar nur relativ kurze Belichtungszeiten. Um aber die schwachen Objekte herausarbeiten zu können mit genügend Kontrast zum Himmel, muss insgesamt lange belichtet werden – nicht die Einzelaufnahmen, sondern die durch Mittelung erzeugte Summenaufnahme. Das Rauschen wird auf diese Weise dermaßen reduziert, dass die folgende Bildbearbeitung „kräftig zur Sache“ gehen kann, um schwächste Signale über dem Himmelshintergrund noch genügend „herauszukitzeln“. Wie wurde nun belichtet?

Teilbild 1, links unten: 61 x 240 s in Hα, 50 x 240 s in [OIII],
Teilbild 2, rechts unten: 53 x 240 s in Hα, 59 x 240 s in [OIII],
Teilbild 3, links oben: 98 x 240 s in Hα, 71 x 240 s in [OIII],
Teilbild 4, rechts oben: 73 x 240 s in Hα, 65 x 240 s in [OIII].

Bearbeitet wurde das Bild komplett in PixInsight. Bei der Erstellung des RGB wurde die Zuordnung Hα → R, [OIII] → G und [OIII] → B gewählt. Laut Autor führten andere ausprobierte Zuordnungsvarianten zu keinem besseren Ergebnis. Damit ist das Bicolor-Bild ein Falschfarbenbild, also kein RGB- oder LRGB-Bild. Und das erklärt auch, weshalb wir bei den Sternfarben keinen üblichen Maßstab anlegen dürfen. Vorrangiges Ziel des Bildautors war nicht die reale Wiedergabe des Himmels, sondern das Herausarbeiten des Nebels für seine Lichtverhältnisse.

Nun wieder etwas zu den astronomischen Fakten für die interessierten Leser. NGC 7000 und IC 5070 bilden einen zusammenhängenden 2000 Lj entfernten Emissionsnebel. Die Trennung zwischen beiden wird allein durch die vordergründige Dunkelwolke LDN 935 vorgegaukelt. 1958 wurde diese Dunkelwolke mit Hilfe der Radioastronomie durchdrungen. Der Nebel fand als W80 Eingang in den Westerhout-Katalog. In der trennenden Dunkelwolke liegt (lange Zeit unerkannt) der Stern, der mit seiner starken UV-Energie W80 zur Emission bringt. Dieser Stern wurde erst 2005 als solcher erkannt, und zwar mittels IR-Untersuchungen. Es handelt sich um den Infrarotstern 2MASS J20555125+4352246 südwestlich von „Floridas Küste“ bei den Pixelkoordinaten (3473/5261). Dazu bitte das Original-AdW herunterladen. Der Stern erscheint auf dem Bild rotorange, er sollte (auf RGB-Bildern) ohne die davor liegende staubförmige Materie knallblau sein und in der Entfernung auf satte 3,6 mag kommen. Das geht aber nicht, weil er durch 9,6 mag Absorption sehr stark geschwächt und gerötet wird und visuell nur auf 13,2 mag kommt. Durch sein Spektrum verrät er sich jedoch als ein massereicher, heißer und junger Stern des Typs O5V (F. Comeron, A. Pasquali (2005), Astronom. & Astrophys. 430, 541-548). Und 2MASS J20555125+4352246 sitzt auch sehr schön inmitten der „bright rims“ in NGC 7000 („Mexiko“) und im Hals des Pelikans.

Text zum Objekt und den Aufnahmedaten: Peter Riepe

 

Christian Walter aus Egelsbach bei Frankfurt hat uns dieses schöne Bild eingereicht. Es handelt sich dabei um ein 4-faches Mosaik der bekannten Gegend um NGC 7000 und IC 5070. Das weite Bildfeld erinnert an eine Aufnahme mit einem leichten Teleobjektiv, aber eben mit deutlich besserer Auflösung. Mosaike sind eine Herausforderung für jeden Astrofotografen. Zunächst muss die Bildaufnahme geplant werden. Das ist allerdings der leichteste Teil, denn die Planung eines Mosaiks kann heutzutage mit diversen Softwares sehr gut erfolgen. Als nächstes erfordert es viel Zeit, um ein solches Mosaik aufzunehmen, denn man benötigt eben die vielfache Belichtungszeit eines Einzelbildes. In diesem Fall kamen sage und schreibe 35 Stunden Belichtungszeit zusammen, aufgeteilt auf zwei schmalbandige Filter (Hα und [OIII]) und vier Mosaikpaneele. Die letzte Herausforderung besteht dann darin, die einzelnen Paneele zu einem Mosaik zusammenzuführen. Dabei sollte man idealerweise im fertigen Bild keine Übergänge in Form vom Helligkeitsschwankungen, Verzerrungen oder Gradienten sehen. Moderne Bildbearbeitungssoftwares wie PixInsight sind dabei eine große Hilfe. Allerdings muss man sich da genauer mit der Mosaikbearbeitung auseinendersetzen, trivial ist das nicht. Erwähnenswert ist die relativ junge Software AstroPixelProcessor, diese ist geradezu spezialisiert auf die Erstellung von Mosaiken.

Die Hα- und [OIII]-Aufnahmen wurden für dieses Bild zu einer Bicolor-Variante verarbeitet, wobei der [OIII]-Anteil zu je gleichen Teilen dem Blau- und dem Grünkanal zugeordnet wurden. So ergibt sich eine recht natürliche Farbgestaltung, im Gegensatz zu der oft verwendeten Hubblepalette. Nach Eingang des Bildes sind wir mit dem Bildautor in Kontakt getreten, da uns die ursprüngliche Bildbearbeitung nicht gefiel. Sie enthielt einen deutliche zu hohen Grünanteil. Das hier gezeigte Bild ist also eine weitere Bearbeitung des ursprünglichen Bildes. Man hätte den Schwarzpunkt noch etwas anders setzen können, um ein kontrast- und farbreicheres Bild zu bekommen. Außerdem ist der Blauanteil im Bild noch zu hoch und der Rotanteil zu niedrig. Das lässt sich aber alles leicht ändern. Insgesamt überzeugt das Bild durch die natürliche Bildbearbeitung und das große Feld.

Wir gratulieren Christian Walter zu dieser Aufnahme.

Kommentar zum Bild: Frank Sackenheim

 

Koordinaten des anregenden Sterns von W80 (J2000):

RA = 20 h 55 min 51 s, DE = +43° 52´ 25´´

 

Sie haben Fragen? Kontakt zum AdW-Team: fg-astrofotografie@vds-astro.de. Kontakt zum Bildautor: Dazu klicken Sie einfach oben auf den Namen. Sie können auch den Namen des Autors anklicken (rechte Maustaste) und dann die Mailadresse kopieren.

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