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9. Woche - Der Planetarische Nebel NGC 40 - langbrennweitig aufgenommen

| Astrofoto der Woche

Im heutigen AdW können wir nach vier Jahren wieder einmal den PN NGC 40 im Cepheus zeigen. Das Bild stammt von Eckhard Alt und entstand in der Zeit November - Dezember 2019 im Pfälzer Wald. Dabei wurde langbrennweitig gearbeitet, mit einem Ritchey-Chrétien-Teleskop von 400 mm Öffnung und 2700 mm Brennweite, d.h. Blende 6,75 bzw. Apertur f/6,75. Als CCD-Kamera wurde ein "Oldie" eingesetzt, eine SBIG ST-8E. Die Belichtungszeit betrug ungebinnt insgesamt 7 h 29 min mit 5 Breitbandfiltern im Spektralbreich von 400 - 700 nm. Welche Filter das sind, ist nicht bekannt. Das Bildfeld beträgt 8,5' x 5,7'. Norden ist oben, Osten links.

NGC 40 ist auch als PN G120.0+09.8 katalogisiert. Seine Entfernung wurde lange Zeit mit 2300 und 6750 Lj angegeben, je nach Messmethode. Dies liegt an der interstellaren Materie, die sich am Ort von NGC 40 stark absorbierend auswirkt. Heute ist jedoch mittels Satelliten die Parallaxe des Zentralsterns messbar, sie beträgt 0,5041 Millibogensekunden. Daraus lässt sich mit einem einfachen Taschenrechner sofort eine Entfernung von rund 6500 Lj ausrechnen. Und das ist jetzt abgekoppelt von der störenden interstellaren Materie. Aus dem aktuellen AdW ergibt sich für NGC 40 ein Durchmesser von 69" x 40". Das wiederum ergibt einen wahren Maximaldurchmesser von etwas mehr als 2 Lj.

Im Zentrum des Nebels sitzt der Stern Zentralstern HD 826. Er ist etwa 11,5 mag hell (V), sein Farbindex beträgt 0,17 mag. Das bedeutet: Der Zentralstern sollte im Bild hellblau erscheinen. Dagegen ist der helle Stern in der linken oberen Bildecke, BD+71°8, als Spektraltyp K2 gut getroffen.

Jetzt etwas Grundsätzliches zur Nebelfarbe. Die in einem PN nachgewiesenen Emissionslinien und ihre jeweilige Linienstärke sind für den Astronom ein klarer Hinweis auf die im Nebel vorherrschenden Farbverhältnisse. Daran kommt also auch der Astrofotograf nicht vorbei. Jede Emissionslinie wird durch ein im PN enthaltenes chemisches Element erzeugt. Die Nebelfarbe insgesamt ist ein Mischungsverhältnis der jeweiligen Emissionen, sie kommen in jedem PN in anderen Anteilen vor und überlagern sich. Als Astrofotograf sollte man schon ein wenig Wissen über die Farben eines PNs sammeln. Deshalb tut man gut daran, sich mit den astronomischen Fakten auseinanderzusetzen und nicht nur auf Webseiten irgendwelcher bekannter Astrofotografen nachzusehen, wie denn die "richtige" PN-Farbe ausschauen müsste. Wesentliche Quelle für die Emissionsverhältnisse in einem PN ist der von Agnès Acker et al. herausgegebene "Strasbourg ESO Catalogue Of Galactic Planetary Nebulae" (1992). Auf der Homepage der Fachgruppe Astrofotografie findet man eine ausführliche, von Stephan Küppers ausgearbeitete Tabelle zu diesem Katalog: http://astrofotografie.fg-vds.de/downloads.php

Ist ein PN rot, so heißt das in erster Linie, dass die blauen und blaugrünen Emissionslinien im Vergleich zu den roten schwächer sind, teilweise sogar sehr viel schwächer. Andererseits bedeutet die rote Farbe aber noch lange nicht, dass grundsätzlich Hα dominiert! Der lichtschwache Sh2-78 z.B. ist knallrot, aber nicht wegen Hα. Seine verbotenen roten [N II]-Linien sind insgesamt etwa 3,2-mal so stark wie die Hα-Linie! Ähnliches gilt für KjPn 8. Bei NGC 40 sind die Emissionsverhältnisse ebenfalls durch eine übergroße Stärke der roten Emissionslinien geprägt. Wasserstoff ist das Bezugselement, daher sind die Balmerlinien Hα, Hβ, Hγ usw. in jedem Falle vorhanden. Jedoch ist in NGC 40 Hβ die einzige vorkommende Linie im blauen bzw. blaugrünen Spektralbereich. Ihre Stärke wird für jeden PN auf 100 festgelegt (normiert). Im Vergleich dazu erreicht die rote Hα-Linie bei 656,3 nm die Stärke 287, [NII] bei 658,4 nm kommt auf 246. Außerdem ist [SII] bei 673,1 nm mit 253 erstaunlich hoch. Im gelben Spektralbereich ist außerdem noch HeI (ohne eckige Klammern) bei 587,6 nm mit der Linienstärke 121 erwähnenswert.

Anmerkungen zum Bild: Das AdW ist so belichtet, dass die Nebelfläche mit ihrer Feinstruktur detailliert erkennbar wird. Daher betrug die Belichtungszeit "nur" 7 h 29 min. Das ist für Blende 6,75 scheinbar genug. Rechnet man aber um auf Blende 4, so entspräche das gut 3 h. Die doppelte Belichtungszeit hätte dem Bild gut getan, zumal der Hintergrund viele Hα-Nebelstrukturen zeigt. Schon direkt am Nordostende von NGC 40 ist ein auffälliges längliches Anhängsel, siehe dazu das Zusatzbild (hier klicken) und im AdW-Archiv die Ausgabe 3-2016 von Günter Kerschhuber. Und das war 32 h bei Blende 4 belichtet - was natürlich extrem viel ist.

Eckhard Alt hat ein gefälliges Bild von NGC 40 eingereicht, welches sehr schöne interne Nebelstrukturen zeigt. Wir danken herzlich und gratulieren zum Astrofoto der Woche.

 

Peter Riepe

 

Koordinaten von NGC 40 (J2000):
RA = 00 h 13 min 01 s, DE = +72° 31' 19''

 

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