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Das aktuelle Astrofoto des Monats

März 2024 - NGC 5189 - ein außergewöhnlicher Planetarischer Nebel

| Astrofoto des Monats

Mit den stärker aufkommenden Remote-Teleskopen hat sich auch die Situation der Aufnahmeorte verändert. Bei deutlich besserem Himmel als im durchschnittlichen Mitteleuropa treten nun auch die Sternwarten auf der Südhalbkugel als Aufnahmeorte für Amateure stärker in Erscheinung. So auch heute, wo es um den Planetarischen Nebel NGC 5189 (PN G307.2-03.4) geht. Er befindet sich im Sternbild Musca (Fliege), welches hier selten mit Deep-Sky-Objekten in Verbindung gebracht wird. Bildautor Klaus Eikmeier ist Mitglied der Internationalen Amateursternwarte e.V. (IAS) auf der namibischen Astrofarm Hakos. Dort konnte er am Carsten-Jacobs-Teleskop, einem Newton von 810 mm Öffnung und 3055 mm Brennweite, den PN NGC 5189 ablichten. Die Aufnahmen datieren vom 19.5., 22.5. und 23.5.2023. Als Kamera wurde eine monochrome CMOS-Kamera des Typs ZWO ASI6200MM PRO verwendet. Belichtet wurde sowohl durch L-, R-, G- und B-Filter als auch durch die üblichen Schmalbandfilter. Dazu Klaus Eikmeier: "Die Einarbeitung des reichlich gewonnenen Schmalbandmaterials hatte ich am Ende wieder zurückgenommen. In den helleren Regionen wäre ein Rückgang an Auflösung und eine Verfälschung der Emissionsproportionen die Folge gewesen. Weiter außen waren schwächere Emissionen kaum nachzuweisen."

So blieb es dann bei folgender Belichtungsreihe: Einzelbelichtungszeit 15 s, L 33 x, R 35 x, G 34 x  und B 37 x, das sind 34 min Gesamtbelichtungszeit. Zur Aufnahme wurde als Software eingesetzt: Autoslew und NINA, für die Bildbearbeitung PixInsight mit BlurX/NoiseXTerminator, dazu auch Photoshop. Im AdM ist Norden auf 11 Uhr bei einem Bildfeld von 25,8' x 17,2'.

Der PN NGC 5189 taucht im Rahmen der AdW- und jetzt AdM-Ausgaben erstmals als Foto-Objekt auf. Was gibt es Interessantes über ihn zu berichten? Zunächst einmal: Die Phase als PN ist eine nur kurze, aber bedeutsame Spanne im Lebenslauf eines Sterns von 1 bis ca. 8 Sonnenmassen. Sie setzt ein, nachdem sich der Stern vom Hauptreihenstadium (Wasserstoff-Kernbrennen) über das Stadium als Roter Riese (Wasserstoff-Schalenbrennen) in die "AGB-Phase" weiterentwickelt hat. Das ist eine Zeitspanne, in welcher der Stern erste deutliche Veränderungen in Form von Massenverlust (Gasabstoß) durchmacht. Diese Phase geht über in die "PN-Phase". In diesem Zeitraum geschieht die eigentliche Bildung des sichtbaren PN-Nebels, wenn bei einem heftigen Ausstoß sehr schnelle Sternwinde das zuvor ausgeworfene langsame Material überholen und durch Stoß zur Ionisation und damit zur Emission von Licht in den bekannten Wellenlängen bringen. Das bedeutet: Der Zentralstern (ZS) ist jetzt stark verändert, die äußeren abgestoßenen Schichten geben einen heißen blauen Kern frei, der dann durch hohe UV-Strahlung den umgebenden, expandierenden Nebel zusätzlich zu den Sternwinden ionisiert.

Die klassische Vorstellung war lange, dass der ZS ein Weißer Zwerg sei. Heute aber wissen wir, dass es noch andere Erscheinungsformen gibt. Der ZS unseres NGC 5189 beispielsweise ist gemäß Datenbank Simbad vom Spektraltyp [WO1]. Wie bitte? Ja, der Leser vermutet richtig: ein Wolf-Rayet-Stern (WR). Allerdings kein junger WR-Stern großer Masse um 20 Sonnenmassen und mehr wie in Sternentstehungsgbieten, sondern ein kleiner, alter massearmer WR-Stern. WR-Sterne - egal ob massereich oder massearm - haben kaum Wasserstoff und besitzen folgende Spektraltypen: WN (starke Emission des ionisierten Heliums und Stickstoffs N), WC (starke Emission des ionisierten Sauerstoffs und Kohlenstoffs C) und dann noch WO (starke Emission des ionisierten Sauerstoffs O). Und was bedeutet dann die eckige Klammer um [WO]? Damit wird gekennzeichnet, dass es sich um einen massearmen WR-Stern handelt.

Genug astrophysikalischer Hintergrund - zum AdM-Bild. Der PN hat eine außergewöhnliche Form mit tentakelartigen Nebelsträhnen, die das Ganze regelrecht "verwickelt" aussehen lassen. Dabei scheint es jedoch auch Strukturen zu geben, die einem großen überlagerten, seitlich gekippten "S" ähneln. Das wäre dann ein Hinweis auf einen enthaltenen Doppelstern, dessen Bewegungsablauf eine punktsymmetrische Figur im Nebel erzeugt. Bisher wurde aber - auch nicht mit dem Hubble Space Telescope - keinerlei Komponente beim Zentralstern aufgespürt. Man erkennt sofort, dass NGC 5189 im Zentralbereich die stärkste Emission im blauen Licht aussendet (im Wesentlichen [OIII]). Ganz außen gibt es ein rotes Wasserstoff-Leuchten. Der Strasbourg-ESO Catalogue of Galactic Planetary Nebulae informiert darüber, dass in NGC 5189 die Summe aller Blauemissionen mehr als doppelt so stark ist wie die roten Emissionen zusammen. Das wird im AdM auch passend wiedergegeben. Zur Entfernung gibt es sieben unabhängige, leicht verschiedene Messwerte mit dem Mittelwert 0,61 kpc (~2000 Lichtjahre). Die Datenbank Simbad hingegen nennt eine Gaia-Parallaxe von 0,6809 Millibogensekunden, aus der sich eine Entfernung von rund 4800 Lj errechnet. Die irdischen Messungen liegen offensichtlich deutlich daneben.

Wie groß ist NGC 5189 in Wirklichkeit? Da brauchen wir den Winkeldurchmesser. Das AdM ergibt geometrisch über den Bildmaßstab von 0,4985"/px ausgemessen 186" (= 3,1') in Ostwest-Richtung und 137" (~2,28') in Nordsüd-Richtung. Simbad gibt 2,333' x 2,333' an. Der Nebel ist aber nicht rund, sondern hat klar eine längliche Form. Das AdM liefert demnach einen vertrauenswürdigen Winkeldurchmesser, aus dem sich bei 4800 Lj Entfernung ein wahrer Durchmesser von 4,3 Lj für NGC 5189 ergibt - so groß wie der Abstand der Sonne bis Alpha Centauri.

Anmerkungen:

a) Die verwendete Gesamtbelichtungszeit macht einen zunächst stutzig. So wenig? Aber eines wird schon beim ersten Blick auf NGC 5189 deutlich: Der PN hat eine ziemlich hohe Flächenhelligkeit. Daher wird man den Zentralstern von 15,3 mag in jeglicher Bildbearbeitung aus diesem AdM nicht herauskitzeln können, er wird allemal überstrahlt. Dieses Problem besteht generell auch in der Fachastronomie bei anderen PNe.

b) Der helle Stern südlich des Nebels ist HD 117694. Nicht täuschen lassen, der "helle Brocken" hat nur 7,18 mag (V) und 7,16 mag (B). Mit dem Farbindex B-V = -0,02 mag kommt HD 117694 also auf eine Farbgebung fast so wie Wega (B-V = 0,00 mag), nämlich hellblau. Auch die Farben der orangen Sterne treffen - Klaus, eine passende Farbkalibrierung!

Wir freuen uns, dass Klaus Eikmeier ein so außergewöhnliches südliches Objekt als AdM vorstellt - vielen Dank! Dazu die Gratulation des AdM-Teams zum ersten Astrofoto des Monats bei Astronomie.de!

 

Peter Riepe
Bildautor: Klaus Eikmeier

 

Koordinaten (J2000) von NGC 5189:
RA = 13 h 33 min 32,9 s,  DE = -65° 58' 27"

 


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Astrofoto des Jahres

Wer steckt eigentlich hinter dem AdM-Team?

Hier stellen sich die Mitglieder des AdM-Teams einmal selbst vor. Das geschieht in der Reihenfolge der Arbeitsabläufe, durch die das Astrofoto des Monats in seine präsentierte Form gebracht wird.

Peter Riepe

Peter Riepe, Dipl.-Physiker, ist Gründungsmitglied der VdS-Fachgruppe Astrofotografie (1982) und seit 1987 deren Leiter. Zusammen mit Doris Unbehaun hat er 2004 das AdW eingerichtet. Er stimmt mit den Bildeinsendern und AdW-Kollegen die Durchführung ab und erstellt den Ablaufplan. Dann verfasst er einen recherchierten Text zum astronomischen Hintergrund des AdWs und führt die Schlussredaktion durch.

Jens Leich

Jens Leich, staatl. gepr. Betriebswirt der Wirtschaftsinformatik, VdS-Mitglied seit 1998, beschäftigt sich seit fast 35 Jahren mit der Astronomie, insbesondere mit Sonne, Mond und Planeten. Er stieß im Mai 2016 zum AdW-Team und gab mit dem Merkurtransit vom 9. Mai 2016 sein Debüt. Für Bildeinsendungen zum „Near Sky“ (Sonne, Mond, Planeten) erstellt er den kompletten Text mit astronomischem und aufnahmetechnischem Hintergrund.

Thorsten Zilch

Thorsten Zilch ist seit vielen Jahren VdS-Mitglied und interessierter Amateurastronom innerhalb der VdS-Fachgruppen Astrofotografie und Kometen. Seit 2013 betreut er zur Unterstützung des AdW-Teams das Thema „Astrofoto des Jahres“. Dazu zählt sowohl die Koordination und Abwicklung der Aktivitäten rund um die jährliche Wahl, als auch die Vorbereitung und Finalisierung der entsprechenden Berichte für den Internetauftritt auf Astronomie.de und das VdS-Journal für Astronomie.

Malte Bolte

Malte Bolte begeistert sich seit seiner Kindheit für die Astronomie, nachdem er mit seinem Opa zusammen ein Teleskop gebaut hat. Besonders interessiert ihn das Fachgebiet der Astrophysik. Mitte 2019 übernahm er von Stefan van Ree die Rolle des Hauptredakteurs auf Astronomie.de.