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Collinder 399 - Der Kleiderbügelhaufen und seine Umgebung

Im zweiten Teil unseres Deep Sky Spezials wollen wir uns der Region um den Kleiderbügel Cr 399 widmen.

Die Historie des Objekts beginnt im 10 Jahrhundert mit dem persischen Astronom Al Sufi. In seinem Buch über Fixsterne beschreibt er auch einige Nebel, die wir heute als Deep-Sky Objekte bezeichnen.

Darunter findet sich auch eine "kleine Wolke" im Bereich des Sternbildes Füchslein (Vulpecula). Im 17. Jahrhundert fand sich der Haufen in der lange verschollenen Liste des italienischen Beobachters Hodierna wieder. Nachdem es lange Zeit ruhig geworden war, trat in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts D.F. Brocchi auf den Plan, der die markante Konstellation als Grundlage für eine Karte zur Kalibrierung von Photometern nutzte (daher die häufige Bezeichnung Brocchi's Cluster). Ihre heutige gängige Bezeichnung erhielt das Objekt jedoch erst einige Jahre später, als Per Collinder 1931 seinen fundamentalen Katalog der Sternhaufen veröffentlichte.

Bereits mit bloßem Auge ist Collinder 399 einfach als kleines Nebelchen erkennbar. Die Sterngruppe befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum "Great Rift" - der scheinbaren Teilung der sommerlichen Milchstraße durch vorgelagerte Dunkelwolken. Unter guten Bedingungen können Beobachter mit scharfen Augen bereits die ersten Sterne auflösen. Dies gelingt besonders beim "Haken" des Kleiderbügels, wo hingegen im Bereich des "Bügels" nur 1-2 Sterne aufblitzen.

Ideales Beobachtungsinstrument ist sicherlich das Fernglas, das in idealer Weise versteht, den Haufen in gutem Kontrast vor dem Milchstraßenhintergrund zu präsentieren. Die markante Zusammensetzung fasziniert: 10 nahezu gleich helle Sterne bilden das Muster eines Kleiderbügels, wobei 6 Sterne den Bügel, und die verbleibenden 4 Sterne den Haken bilden. Ähnliche Übersicht bleibt den meisten Beobachtern am Teleskop verborgen. Nur mit einem Gesichtsfeld von etwa 2° gelingt es, das Objekt noch in ein Gesichtsfeld zu bekommen. Ideal geeignet sind Rich-Field-Teleskope oder Großfernglaser, die dank kurzer Brennweite neben dem entsprechenden Gesichtsfeld auch noch eine ansprechende Grenzgröße bieten. Natürlich lohnt auch der Blick auch mit den anderen Teleskopen, wobei man sich neben den vielen hellen Sternen auch an einigen, weiter unten im Text beschriebenen Details erfreuen kann.

Echter Sternhaufen oder nicht?

In gewisser Hinsicht ist Collinder 399 ein Novum. Man mag kaum glauben, das die Anordnung der Sterne sich nur aus reinem Zufall ergeben hat. So schön und markant die Form auch sein mag - für Astronomen ist eher interessant, das sich hier eine Ballung einiger heller Sterne findet, was ein Hinweis auf einen nahen offenen Sternhaufen sein kann. Zurückblickend finden sich in der Literatur sowohl Argumente für und gegen einen Haufen. Seitdem jedoch die genauen astrometrischen Daten der Sterne vorliegen, was dem Hipparchos Satteliten zu verdanken ist, ist klar: Zumindest in der Gesamtheit der Anordnung der Sterne ist Collinder 399 kein echter Sternhaufen. Das wird sowohl durch die Spektralfarben, als auch die Eigenbewegung der Sterne untermauert. Zudem ergeben sich aus den von Hipparcos gemessenen Parallaxen Entfernungen der Sterne zwischen 230 und 1130 Lichtjahren.

Doppelsterne in Collinder 399

Im Bereich des "Kleiderbügels" gibt es mehrere, bereits für Beobachter mit kleinen Teleskopen gut erreichbare Doppelsterne, deren Aufsuche sich dank der markanten Konstellation besonders einfach gestaltet. Unter der Bezeichnung STF 2521 A-D (STF steht für Struve) ist eine Konstellation aus 4 Sternen bekannt, die bereits bei geringer Vergrößerung (30-50x) aufzulösen ist. Interessant ist eigentlich nur das Paar AB, das 1829 erstmals von Struve vermessen und beschrieben wurde. Hier findet man einen 10m5-Stern in knapp 23" Distanz zum 5m8-Hauptstern. Die Komponenten C und D haben mit 70" bzw. 150" schon erhebliche Distanz. Der nächste Doppelstern ist STF 3132 im "Bügel" der Sternkonstellation ist sicherlich das visuelle Highlight. Das von Struve 1830 vermessene enge Paar besteht aus einem 10m und einem 11m8-Stern in 7,7" Distanz und einem Positionswinkel von 40°. Bei 126x zeigt ein 8" schon fast einen kleinen Sternhaufen, denn in einem 1' Umkreis erscheinen inklusive des Doppelsterns nun schon 6(!) Sterne von 10-14mag. Nur 6' nördlich davon findet sich mit STF 2530 schon der nächste Doppelstern. Es handelt sich um ein enges Paar mit den Helligkeiten 9m0/10m3 in 5,5" Distanz. Seit 1829 haben sich sowohl Positionswinkel als auch Distanz kaum verändert. Wenn es sich tatsächlich um ein physisches Paar handeln sollte, beträgt die Umlaufzeit einige tausend Jahre.

Objekte im direkten Umfeld

NGC 6802 zählt aufgrund seiner exklusiven Lage direkt neben Collinder 399 zu den häufig besuchten NGC-Sternhaufen. Laut aktuellem "New Catalog of Optically Visible Open Clusters and Candidates" befindet sich der Haufen in einer Distanz von 1124 pc, und damit deutlich im Hintergrund der meisten Sterne des Kleiderbügels. Zudem gehört NGC 6802 mit einem Alter von rund 1,5 Milliarden Jahren schon zu den älteren Vertretern. Die leuchtkräftigsten Sterne haben ihrem Leben längst ein Ende gesetzt. Was bleibt ist die Population der Hauptreihensterne, die schonender mit ihren Reserven umgehen. So wundert es nicht, dass die hellsten Mitgliedssterne nur etwa 13m hell sind - das gros liegt noch darunter.

Der Haufen ist unter sehr guten Bedingungen bereits mit kleinen Refraktoren oder sogar etwas größeren Ferngläsern erreichbar. Dann ist jedoch auch mit indirekter Sicht nicht viel mehr als ein sehr schwacher Nebel auszumachen. Ab etwa 8" ist der Nebelbarren deutlich erkennbar, und die ersten Sterne werden aufgelöst. Um in den Genuss eines schön aufgelösten Sternhaufens zu kommen, ist jedoch noch mehr Öffnung anzusetzen. Die beiden Sternpaare nördlich des Haufens bieten einen sehr schönen Kontrast zum Haufen.

IC 1299 ist vermutlich eher um ein Sternmuster, als ein echten Sternhaufen. Die Entdeckung geht zurück auf den Amateur T. Espin, der die Sterngruppe am 8. Oktober 1893 mit einem 44cm Reflektor auffand. Auf dem DSS-Bild findet sich an der im RNGC gegebenen Position (19h22m36s +20°45'00"), eine lockere Gruppe schwächerer Sterne, mit geringem Kontrast zum Umfeld. Direkt nördlich davon findet sich auch noch eine weitere, fotografisch etwas kontrastreichere Gruppe sehr schwacher Sterne. Im 8" ist IC 1299 bei 98x relativ gut auszumachen, und sticht (im Gegensatz zur Erscheinung im DSS) mit indirekter Sicht merklich aus dem Feld hervor. 8 schwache Sterne in länglicher Anordnung sind aufgelöst.

Sh 2-83 ist eine kleine, kompakte HII-Region nördlich des "Kleiderbügels". Sharpless beschreibt die Region in seiner Veröffentlichung aus dem Jahre 1959 als rund (Form I), durchschnittlich strukturiert (Strukturklasse II) und mit durchschnittlicher hell (Helligkeitsklasse II), wobei die Klassenangaben immer auf dem direkten Vergleich mit den anderen Regionen beruhen. Auch wenn die DSS2-Bilder in blau und nah-infrarot an der Position eine kleine Ansammlung schwacher Sterne, sowie in deren Zentrum einen helleren Stern zeigen, so wird zumindest in der Literatur auf keinen anregenden Stern oder Sternhaufen hingewiesen. Visuell ist die Region kein einfaches Beobachtungsobjekt. Mit 8" und UHC-Filter ist nur ein kleiner, schwacher Nebelfleck mit besagtem Stern auszumachen.

Objekt Typ Rektaszension Deklination Größe/Distanz
Collinder 399 Sternmuster 19h 25m 24s +20° 11' 90'
NGC 6802 Offener Sternhaufen 19h 30m 35s +20° 15' 5'
IC 1299 Sternmuster(?) 19h 22m 36s +20° 45' 2'
Sh 2-83 Gasnebel 19h 24m 30s +20° 47' 1,4'
STF 2521 A-D Doppelstern 19h 26m 30s +19° 53' 22,7"/70,2"/149,6"
STF 3132 Doppelstern 19h 28m 12s +20° 13' 7,7"
STF 2530 Doppelstern 19h 28m 24s +20° 19' 5,5"

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