Alle Themen auf Astronomie.de im Überblick




Ausgedruckte Seite: https://astronomie.de/beobachtungspraxis/die-sonne/visuelle-beobachtung/glas-folienfilter-und-sonnenprismen

Ausdruck vom: Dienstag, der 19.03.2024

Copyright: www.baader-planetarium.com

Zum Hauptinhalt springen
Offcanvas top
...

Glas-, Folienfilter und Sonnenprismen

Hauptsächlich kommen nur drei Möglichkeiten zu Energiereduzierung in Betracht.

  1. Objektivfilter aus Glas
  2. Objektivfilter aus Folie
  3. Prismen kurz vor dem Teleskopbrennpunkt

Die Filterung des Sonnenlichtes vor dem Refraktorobjektiv oder der Lichteintrittsöffnung eines Spiegelteleskops hat den Vorteil, daß Licht und Wärme gar nicht erst in den Instrumententubus gelangen, und dort keine Bildunschärfen durcht Luftwallungen erzeugen können.

Für Spiegelteleskope aller Art (ausgenommen spezielle Eigen- oder Sonderkonstruktionen) ist die Filterung vor der Eintrittsöffnung ein absolutes Muß, da sonst der Fangspiegel und/oderTubusblenden (Sky Baffles von SC-Teleskopen) in Brennpunktnähe durch die Wärme zerstört werden können. Für Spiegelteleskope aller Art kommen somit nur Objektivfilter in Frage (es sei denn man blendet die Lichteintrittsöffnung auf indiskutable Werte ab).

Die Filterung mit Prismen in der Nähe des Brennpunktes kommt nur für größere Refraktoren in Frage und ist auch nur dann empfehlenswert, wenn man sehr hohe fotografische Bildvergrößerungen in Okularprojektion anstrebt. Für Spiegelteleskope ist diese Art der Filterung aus o.a. Gründen nichtempfehlenswert und gefährlich.

Objektivfilter aus Glas

Da Objektivfilter vor dem Objektiv bzw. der Lichteintrittsöffnung eines Spiegelteleskops montiert werden, hat ihre optische Qualität einen entscheidenen Einfluß auf die Bildqualität. Das Filter muß planparallel und seine optische Genauigkeit ebenso gut sein, wie die der nachgeschalteten Optik. Das Objektivsonnenfilter ist die beste, aber leider auch die teuerste Lösung. Sie kommt sicher nur für den Beobachter in Frage, der sich langfristig mit der Sonnenbeobachtung beschäftigen will. Vier wichtige Kriterien muß ein gutes Objektivfilter erfüllen:

1.) Er soll nicht als Vorsatzlinse wirken, d.h. es darf keine eigene Brennweite haben. Die minimale Brennweite (f) die ein Filter haben darf, ohne dass sich der Brennpunkt der Optik verschiebt, beträgt z.B. bei einem Filterdurchmesser von 150mm, 10 Kilometer! Noch wichtiger sind aber die folgenden zwei Punkte:

2.) Das Filter muß, innerhalb gewisser Toleranzen, planparallel sein.Die durch die Glasscheibe laufenden Lichtstrahlen dürfen nicht beeinflußt oder gestört (deformiert) werden. Die Planparallelität der Scheibe muß unterhalb der Lichtwellenlänge (kleiner Lambda/4) gewährleistet sein. Ist sie es nicht, so folgen daraus eklatante Bildunschärfen

3.) Der Keilfehler, die Dickendifferenz zweier am Rand des Filters gegenüberliegenden Stellen, darf nicht zu groß sein. Ist der Keilfehler zu groß, wirkt das Filter als Prisma und erzeugt ein kleines Spektrum. Bildunschärfen wären die Folge. Als zulässige Spektrumslänge gilt allgemein der Radius des ersten dunklen Beugungsringes,es folgen daraus Dickendifferenzen (bei 150mm Durchmesser des Filters) von wenigen Hundertstel Millimetern.

4.) Die aufgedampfte Filterschicht muß möglichst homogen und frei von Löchern sein. Kleine Fehlstellen in der aufgedampften Schicht wirken als Sekundärlichtquellen und können den Bildkontrast enorm mindern.

Aus diesen Vorgaben wird deutlich, dass solche hochqualitativen Filter nicht billig produziert werden können. Objektivsonnenfilter dieser optischen Perfektion kosten eben ihr Geld (siehe auch den Vergleich der interferometrischen Prüfbilder in der Abbildung unten). Glasobjektivfilter sind empfehlenswert einzusetzen bei Teleskopöffnungen größer als 150 Millimeter, wenn die Auflösung der Optik den 1.0 Bogensekundenbereich unterschreitet und somit die Sonnengranulation auch fotografisch sichtbar wird.

Objektivfilter aus Folie

Für "kleinere" Eintrittöffnungen bis ca.150mm Durchmesser kann als Ersatz für die teuren Planparallelgläser auch Sonnenfilterfolie eingesetzt werden. Dies gilt ebenso für Aufnahmen mit Teleobjektiven oder Videoaufnahmen der partiellen Phase einer Sonnenfinsternis. Auch für die visuelle Beobachtung mit dem bloßem Auge und für Feldstecherbeobachtungen sind sie perfekt. Folien sind so dünn, daß der passierende Lichtstrahl nur unmaßgeblich beeinflusst wird. Wichtig ist jedoch, dass die Folie beidseitig oder in mehreren Lagen mit der Reflexionsschicht bedampft ist. Nur diese Verfahren schließen aus, daß die Folie viele kleine Löcher hat (Staubpartikel während der Bedampfung), durch die sekundäres Streulicht entsteht und das Sonnenbild sehr flau erscheinen lässt.

Vor ca. 2 Jahren hat die Firma Baader in Mammendorf eine Spezialfolie entwickeln lassen, die (fast) so gut ist, wie teure Planparallelgläser. Es gibt sie in den Dichten 3.8 für fotografische- und in D 5.0 für visuelle Anwendungen. Sie ist um Klassen besser, als jede Billigfolie oder auch als die preiswerten Glasfilter, die aus den USA kommen. Sie muß allerdings möglichst plan vor dem Objektiv oder der Lichteintrittsöffnung befestigt werden. Ausführliche Informationen, Interferogramme und Bastelanleitungen für Fassungen aus Pappe zum Selbstbauen finden Sie auf der Seite der Firma Baader. Die Folie ist auch nicht gerade billig, aber sie ist das beste, was man außer einem Glasfilter bekommen kann. Sie empfiehlt sich sicher für Anfänger, die vielleicht nicht wissen, ob Sie bei der Sonnenbeobachtung bleiben wollen. Sie erspart aber sicher auch jede Menge Frustation während der Beobachtung mit Billiglösungen.

Für seltene Gelegenheitsbeobachter tun es aber auch die Billigfolien (für Öffnungen bis ca. 80mm). Dabei ist die preiswerteste Lösung sicher die sogenannte Rettungsfolie aus dem KFZ-Zubehörhandel. Diese muß eventuell zweilagig eingesetzt werden (visuell sehr vorsichtig ausprobieren) und hat auf jedem Fall den Nachteil, dass Streulicht erzeugt wird, da die Bedampfung "Mikrolöcher" aufweist. Diese Folien werden einfach mit einem Einweckgummi vor der Lichteintrittsöffnung befestigt. Sie kann auch gewellt vor der Eintrittsöffnung liegen.

Die Filterung in Brennpunktnähe mittels Prismen

Wie oben schon erwähnt, spielt diese Art der Filterung nur eine Rolle für größere Refraktoren und bei starken Okularprojektionen. Mit einer Prismenfilterung hat man im Fokus eine um ca. den Faktor 10 höhere Lichtausbeute als mit einem Glasfilter der Dichte 3.

Das Sonnenpentaprisma

Die Abbildung zeigt den Strahlengang in einem Pentaprisma. Die Licht- und Wärmereduzierung erfolgt mit einer Kombination aus Lichtbrechung- und reflexion. Das entstehende Bild (bei einem Refraktor) ist "astronomisch richtig", d. h. es ist um 180 Grad gedreht (Westen links, Süden oben). Die Lichtschwächung liegt bei ca. 99.5 %. Eine Unterart des Pentaprismas ist der sogenannte Herschelkeil oder Herschelprisma

Herschelkeil oder Herschelprisma

Auch hier liegt die Lichtreduktion bei ca. 99.5%. Serienmäßig wird es - meines Wissens nach - nur von der Firma Baader Planetarium angeboten. Beide Prismen erfordern für die visuelle Beobachtung zusätzliche Neutralfilter im Strahlengang. Ohne diese dürfen sie nur fotografisch eingesetzt werden.

Soll mit Filtern oder Folien die partielle Phase einer Sonnenfinsternis fotografiert werden so sollte folgendes beachtet werden: Belichtungszeiten sollten unbedingt VORHER, auch in verschiedenen Wetterlagen, ausgetestet werden. Da die Sonnenscheibe, egal ob partiell verfinstert oder nicht, die gleiche Flächenhelligkeit besitzt, kann man dies auch vorher tun. Filtert man vor der Lichteintrittsöffnung des Teleskops, muß darauf geachtet werden, daß man kurz vor dem entscheidenen Moment des Perlschnurphänomens das Filter schnell demontieren kann.