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Sternbild Füllen - lat. Equuleus, Equulei (Gen.), Kurzbezeichnung Equ

 

Lage, Größe und Sichtbarkeit

Das Sternbild Equuleus ist das kleinste Sternbild der klassischen Antike. Es liegt sehr unauffällig zwischen den drei Sternbildern Pegasus, Delfin und Wassermann, und da es nur schwache Sterne enthält, wird es zwischen diesen Sternbildern regelmäßig übersehen. Es nimmt am Himmel eine Fläche von 72 Quadratgrad ein und steht daher unter den 88 modernen Sternbildern auf dem 87. Rang. Nur das berühmte Sternbild „Kreuz des Südens“ ist noch kleiner als das Sternbild Equuleus.

Geschichte und Mythologie

Equuleus ist das lateinische Wort für „Fohlen“. Wenn man sich mit antiken Sternbildern intensiver beschäftigt, findet man bald heraus, dass es zu jedem dieser alten Sternbilder mindestens eine mythologische Geschichte aus der Antike gibt. Auch zu dem Sternbild Equuleus gibt es alte Geschichten, doch heute lässt sich kaum noch herausfinden, ob diese Geschichten tatsächlich aus der Antike stammen, oder ob es sich um Erfindungen aus der Renaissance handelt.
Das Sternbild Equuleus taucht erstmals im 2. Jahrhundert n. Chr. in der Liste der Sternbilder des Ptolemäos von Alexandria auf. Claudius Ptolemäos nannte es „hippo protome“, was man als „Kopf des Pferdes“ übersetzen kann. Die arabischen Astronomen nannten es “Al Faras al Awwal“, was „das erste Pferd“ bedeutet. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass das Sternbild am Himmel als „erstes Pferd“ vor dem Sternbild Pegasus (dem geflügeltem Pferd des Bellerophon) aufgeht.
Im astronomischen Lehrgedicht „Phainomena“ des Aratos von Soloi, das aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. stammt, wird das Sternbild nicht erwähnt. Das in diesem Lehrgedicht beschriebene Sternbild „hippo“ (Pferd) bezieht sich ganz eindeutig auf das Sternbild Pegasus. In einer Erzählung aus der Antike wird berichtet, dass Poseidon das allererste Pferd aus dem Schaum des Meeres schuf. Er nannte es „Kyllaros“ und wollte es den Bewohnern einer neu gegründeten Stadt schenken, damit die ihn aus Freude über das prächtige Pferd zu ihrem Stadtgott wählen sollten. Doch Poseidons clevere Schwester Pallas Athene stach ihn aus, indem sie den Bewohnern der Stadt einen Ölbaum schenkte. Oliven schienen den Stadtbewohnern viel nützlicher zu sein als ein Pferd, und so gewann Athene diese Menschen für sich. Zum Dank benannten sie ihre Stadt nach der Göttin: Athen. Kyllaros kam später in den Besitz der Zwillinge Castor und Pollux und wurde schließlich als Sternbild Celeris an den Himmel versetzt. Ob das Sternbild Celeris mit dem Sternbild „hippo protome“ des Claudius Ptolemäos identisch ist, ist nicht überliefert.
Eine andere Geschichte erklärt das Sternbild Equuleus mit Hippe, der Tochter des Centauren Chiron. Die hübsche und hochsensible Hippe wurde von einem jungen Mann geschwängert, der sie anschließend sitzen ließ. Hippe flüchtete sich voller Scham in die Berge, versteckte sich dort und brachte alleine ihre Tochter Melanippe zur Welt. Derweil war der gute Chiron unablässig auf der Suche nach seiner Tochter. Die verzweifelte Hippe wollte aber nicht von ihm gefunden werden, daher ließ sie sich von Artemis in ein Pferd verwandeln und verbarg sich in dieser Gestalt vor ihrem Vater am Sternenhimmel. Das gelang ihr so geschickt, dass bis heute dort bei genauem Hinsehen nur ihr Kopf dicht neben dem Kopf des Pegasus erahnt werden kann. Melanippe wurde später zur Königin der Amazonen.

 

Markante Sterne

Der hellste Stern im Sternbild ist der 3,9m helle Kitalpha (Alpha). Dieser Stern der Spektralklasse F8 ist 185 Lichtjahre entfernt und hat 60 Sonnenleuchtkräfte. Ca. 4,7° nördlich von Kitalpha liegt der 4,5m helle Stern Delta Equulei. Delta ist sehr leicht zu finden, denn er liegt 7,3° östlich des hellen Sterns Enif. Delta ist ein enger Doppelstern, dessen beide Partner einander in 5,7 Jahren umkreisen. Man benötigt jedoch sehr langbrennweitige Teleskope großer Öffnung, um Delta mit eigenen Augen als Doppelstern zu sehen, denn die beiden gleich großen Partner erreichen einen maximalen Abstand von nur 0,35 Bogensekunden. 4,2° westsüdwestlich von Kitalpha liegt der 5,6m helle Stern Epsilon Equulei. Epsilon ist ein enger Doppelstern in 225 Lichtjahren Entfernung, die beiden Partner sind weiß und golden und stehen in einem gegenseitigen Abstand von einer Bogensekunde. Ein leicht zu trennender Doppelstern im Sternbild Equuleus ist der 4,7m helle Stern Gamma Equulei, er wird schon im Fernglas getrennt gesehen. Gamma liegt ca. 1° westlich von Delta.

 

Sehenswerte Deep-Sky-Objekte

Das Sternbild Equuleus enthält weder Offene Sternhaufen noch Kugelsternhaufen. Mit lichtstarken Dobson-Fernrohren größerer Öffnung kann man hier jedoch einige schwache Galaxien wahrnehmen, die für kleinere Fernrohre leider in der Tiefe des Alls verborgen bleiben.  

Über den Autor Günther Bendt

Günther Bendt ist Jahrgang 1951, Diplompädagoge und Ingenieur für Physikalische/Biomedizinische Technik. Er arbeitete in internationalen Unternehmen der Medizintechnik und war zuletzt mehrere Jahrzehnte Technischer Redakteur in einem Telekommunikationsunternehmen. Seit dem Sommer 2016 ist er im Ruhestand.

Als Kind beobachtete er zufällig eine Mondfinsternis, dieses Erlebnis weckte sein Interesse an der Astronomie. Seit 1997 macht er Führungen für Besuchergruppen der Volksternwarte Aachen. Er ist aktives Mitglied im Arbeitskreis Astronomie der Sternwarte. Seit 2000 wartet er die technische Ausstattung der Sternwarte.

Bei Astronomie.de erstellt er seit 2004 u. a. die monatliche Himmelsvorschau. Seit 2008 präsentiert er im Arbeitskreis Astronomie seine monatlichen „Neuigkeiten aus der Astronomie“.

Als astronomischer Betreuer hat Günther Bendt seit 2009 diverse Reisegruppen für Astronomie.de und für andere Veranstalter auf Sonnenfinsternisreisen nach China und Australien, zum Venustransit auf Island sowie zu diversen Polarlichtbeobachtungen im winterlichen Lappland begleitet. Er war bei fünf Reisen zum Nordkap auf einem Expeditionsschiff Kreuzfahrt-Lektor für Astronomie und Polarlicht. Auf fünf Kontinenten hat er bislang acht Totale Sonnenfinsternisse erlebt.