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Ausdruck vom: Donnerstag, der 28.03.2024

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Sternbilder Becher - lat. Crater, Crateris (Gen.) , Kurzbezeichnung Crt. und Rabe - lat. Corvus Corvi (Gen.) Kurzbezteichnung Crv.v

Lage, Größe und Sichtbarkeit

Die beiden Sternbilder Becher und Rabe liegen dicht nebeneinander zwischen den Sternbildern Jungfrau und Wasserschlange. Das Sternbild Becher ist flächenmäßig ähnlich groß wie das bekannte Sternbild Leier, und das Sternbild Rabe ist flächenmäßig etwa so groß wie das markante Sternbild Delfin.
Das Sternbild Becher ist zwar größer ist als das Sternbild Rabe, es ist jedoch unauffälliger, da die Sterne des Sternbilds Becher vergleichsweise lichtschwach sind. Am Himmel zeigt sich das Sternbild Rabe als ein trapezförmiges Viereck, dessen Ecken von vier hellen Sternen gebildet werden. Die Form dieses Vierecks ist unverwechselbar. Wo immer das Sternbild Rabe sichtbar ist, ist es durch die Form seines Vierecks leicht zu erkennen, und wenn man weiß, welche Sternbilder nördlich und südlich des Raben liegen, kann man sich mittels des Sternbilds Rabe von jedem Ort der Welt aus, von dem aus das Sternbild sichtbar ist, am Nachthimmel orientieren. So erweist sich das Sternbild am Südhimmel als eine große Hilfe für alle Sternfreunde, die sich bis dahin nur mit den Sternbildern des Nordhimmels auskennen.

 

Geschichte und Mythologie

Obwohl diese beiden Sternbilder zu den kleinsten und unscheinbarsten Sternbildern des Himmels gehören, existierem sie bereits seit über 2600 Jahren. Sie wurden von den griechischen Astronomen der frühen klassischen Antike erfunden.
Die beiden Sternbilder sind eng mit der antiken Mythologie verknüpft. Der Rabe war der Lieblingsvogel Apollons, denn dieser Vogel war ein neugierig, sehr aufmerksam und nie um eine Ausrede verlegen. Eines Tages erwartet Apollon seinen Vater Zeus zu Besuch. Da das ein heißer Tag war, schickte Apollon den Raben aus, um Wasser von einer klaren, kühlen Quelle zu holen, die abseits in den Bergen lag. Der Rabe packte sich daher einen großen goldenen Mischkrug (den "Becher") und flog los. Unterwegs sah er unter sich einen schönen Feigenbaum, dessen Früchte sehr lecker aussahen. Daher ließ der Rabe sich unter den Zweigen des Baumes nieder, um die Feigen zu probieren. Die Früchte waren aber noch nicht ganz ausgereift. Daher beschloss der Rabe, noch ein Weilchen unter dem Baum zu warten, bis die Feigen reif wären. Das dauerte zwar noch einige Tage, aber dann fraß sich der Rabe genüsslich den Bauch mit den süßen Früchten voll, packte seinen goldenen Mischkrug, flog zur Quelle, füllte den Mischkrug mit frischem, kühlem Wasser, fing an der Quelle eine kleine Wasserschlange, hackte sie zu Tode und flog mit dem gefüllten Mischkrug in den Krallen und der toten Schlange im Schnabel zurück zu Apollon.
Apollon hatte derweil mehrere Tage vergebens auf den Raben gewartet. Da er seinem Vater Zeus nicht das kühle Quellwasser hatte anbieten können, das er ihm versprochen hatte, fühlte Apollon sich mächtig blamiert. Als der Rabe angeflogen kam, war Apollon stinksauer. Und nun erzählte der Rabe dem Apollon, dass sein Zuspätkommen allein durch diese böse Wasserschlange verursacht sei: die habe ihm nämlich den Zugang zur Quelle mit drohendem Zischen versperrt, darum habe er lange abgewartet und schließlich mit der fürchterlichen Schlange kämpfen müssen, bis er die Schlange besiegen, den Mischkrug füllen und mit dem gefüllten Krug und der glücklich besiegten Schlange habe nach Hause fliegen und nun mit der Aufbietung seiner letzten Kräfte habe göücklich landen können.
Doch als der Gott des Wissens und der Weissagung durchschaute Apollon den Raben. Dass sein Rabe es wagte, ihn so frech zu belügen, das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte: Apollon explodierte.
Er verfluchte den Raben. Er entzog ihm die Fähigkeit zu sprechen. Er färbte das bis dahin weiße Gefieder des Raben schwarz und verwandelte die bis dahin schöne und klare Rabenstimme in ein raues Krächzen. Anschließend verbannte er den Raben samt dem Mischkrug auf ewig als Sternbilder an den Himmel: Dort sieht man seitdem als die zwei Sternbilder Rabe und Becher noch heute dicht beieinander.

Der deutsche Name „Becher“ für das Sternbild ist eigentlich etwas irreführend. Der lateinische Name „Crater“ ist hier sehr viel treffender. Die Anordnung der Sterne in diesem Sternbild ähnelt nämlich einem „Krater“, in der Antike war das die Bezeichnung für ein großes Mischgefäß für Wein und sonstige Getränke. Damals trank man den edlen Wein nicht pur, sondern verdünnte ihn im Krater mit Wasser und mischte Essig, Honig sowie diverse Gewürze und Kräuter hinzu. Anschließend rührte man das Gemisch um und schöpfte es mit einer Kelle in dieTrinkgefäße, ganz ähnlich wie man das heutzutage  mit einer Bowle macht. In der Antike waren die Krater riesige Gefäße, die große Flüssigkeitsmengen aufnehmen konnten. Sie waren reich verzierte und aus kostbaren Metallen aufwändig gefertigte  Statussymbole der Reichen und Einflussreichen, denn mit einem großen, imposanten Krater konnte man bei seinen Gästen im buchstäblichen Sinn großen Einfluss ausüben.

Das Sternbild Becher befindet sich westlich des Sternbilds Rabe. Dort neigt es sich dem Raben soweit entgegen, dass der Rabe seinen Schnabel fast darin eintauchen und aus dem Becher trinken könnte. Der Rabe bewegt sich am Himmel mit den Sternen nach Westen, auf den Becher zu. Doch mit der gleichen Geschwindigkeit wandert auch der Becher mit den Sternen vor dem Raben nach Westen. Dadurch kann der Rabe den Becher nie erreichen, er kann seinen quälenden Durst nie löschen. Seitdem sind alle Raben schwarz, und seitdem können alle Raben nur noch heiser krächzen, obwohl sie eigentlich zu den Singvögeln gehören.

 

Markante Sterne

Der 3,5m helle Stern Delta Crateris ist der hellste Stern im Becher. Ca. 3° südöstlich von Delta liegt der 4,1m helle Stern Gamma Crateris. Gamma Crateris ist ein Doppelstern, dessen Partnersterne in einem Abstand von 5,6 Bogensekunden voneinander stehen (der hellere Stern ist weiß, der schwächere Stern scheint bläulich). An der nordwestlichen Ecke des Rabenvierecks befindet sich der Stern Gienah, ein blauweißer Riesenstern in ca. 150 Lichtjahren Entfernung. Mit einer Helligkeit von 2,6m ist Gienah (Gamma Corvi) einer der hellsten Sterne im Sternbild Rabe, Der Name Gienah bedeutet „Flügel“). Der Stern Algorab (Delta Corvi) ist 2,9m hell und markiert die nordöstliche Ecke des Rabenvierecks. Algorab (vom arabischen Wort für „Rabe“ abgeleitet) ist ein sehenswerter Doppelstern, dessen beide unterschiedlich hellen und verschiedenfarbigen Partnersterne in einem Abstand von 24 Bogensekunden voneinander stehen. An der südöstlichen Ecke des Rabenvierecks  liegt der 2,6m helle gelbliche Stern Kraz (Beta Corvi). An der südwestlichen Ecke liegt der 3,0m helle, rötlich leuchtende Minkar (Epsilon Corvi). Er bezeichnet im Sternbild den Schnabel des Raben.

 

Sehenswerte Deep-Sky-Objekte

Ca. 2,5° südöstlich von Gienah liegt der 10,5m helle Planetarische Nebel NGC 4361. Der Nebel ist rundlich und hat einen Durchmesser ca.1,2 Bogenminuten. Bei einer Vergrößerung von 50x sieht man ihn im Fernrohr bereits als Nebelobjekt, in lichtstarken Fernrohren ist bei höheren Vergrößerungen auch der 13m helle Zentralstern sowie eine innere nebelige Schalenstruktur um den Zentralstern wahrnehmbar.
An der Grenze zum Sternbild Jungfrau liegt die 8,6m helle Galaxie M104, die auch unter dem Namen „Sombrerogalaxie“ bekannt ist.
Die als „Antennengalaxie“ bekannte Galaxie NGC 4038 liegt 3,5° westsüdwestlich von Gienah, ihr Kernbereich ist in lichtstarken Amateurteleskopen ab 10 Zoll Öffnung bei günstigen Bedingungen während der Kulmination des Sternbilds Ende März beobachtbar.
Wie alle Sternbilder, die abseits der Milchstraße liegen, bieten die Sternbilder Rabe und Becher viele lichtschwache Galaxien, die hier in der Tiefe des Weltraums verborgen liegen.

Über den Autor Günther Bendt

Günther Bendt ist Jahrgang 1951, Diplompädagoge und Ingenieur für Physikalische/Biomedizinische Technik. Er arbeitete in internationalen Unternehmen der Medizintechnik und war zuletzt mehrere Jahrzehnte Technischer Redakteur in einem Telekommunikationsunternehmen. Seit dem Sommer 2016 ist er im Ruhestand.

Als Kind beobachtete er zufällig eine Mondfinsternis, dieses Erlebnis weckte sein Interesse an der Astronomie. Seit 1997 macht er Führungen für Besuchergruppen der Volksternwarte Aachen. Er ist aktives Mitglied im Arbeitskreis Astronomie der Sternwarte. Seit 2000 wartet er die technische Ausstattung der Sternwarte.

Bei Astronomie.de erstellt er seit 2004 u. a. die monatliche Himmelsvorschau. Seit 2008 präsentiert er im Arbeitskreis Astronomie seine monatlichen „Neuigkeiten aus der Astronomie“.

Als astronomischer Betreuer hat Günther Bendt seit 2009 diverse Reisegruppen für Astronomie.de und für andere Veranstalter auf Sonnenfinsternisreisen nach China und Australien, zum Venustransit auf Island sowie zu diversen Polarlichtbeobachtungen im winterlichen Lappland begleitet. Er war bei fünf Reisen zum Nordkap auf einem Expeditionsschiff Kreuzfahrt-Lektor für Astronomie und Polarlicht. Auf fünf Kontinenten hat er bislang acht Totale Sonnenfinsternisse erlebt.