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Sternbild Widder (lat. Aries)

 

Lage, Größe und Sichtbarkeit

Der Widder ist ein kleines, aber markantes Sternbild, das zwischen den Sternbildern Dreieck, Perseus, Stier, Walfisch und Fische liegt. In der Liste der 88 Sternbilder nimmt das Sternbild Widder mit seiner Fläche von 441 Quadratgrad den 39. Platz ein. Es gehört zu den klassischen Tierkreissternbildern: jedes Jahr wandert die Sonne im April und Mai durch das Sternbild. In der Antike passierte die Sonne hier beim Frühlingsanfang den Himmelsäquator nach Norden, und damals begann mit diesem Zeitpunkt bei vielen Völkern der Antike das neue Jahr.
Aufgrund der Präzessionsbewegung der Erdachse ist der Punkt der Frühlings-Tagundnachtgleiche seitdem in den westlichen Teil des Sternbilds Fische gewandert.

Geschichte und Mythologie

Das Sternbild Widder war schon in Babylon unter dem Namen CHUN-GA (Widder) bekannt, und auch in Persien, im alten Ägypten und bei den Minoern nannte man es in der jeweiligen Landessprache „Widder“. Über Griechenland kam das Sternbild nach Rom, und die römischen Astronomen gaben ihm den lateinischen Namen „Aries“ (=Widder).
Zum Sternbild Widder wurden aus der Antike mehrere mythologische Erzählungen überliefert. Eine dieser Sagen führt den Namen des Sternbilds auf Zeus zurück, der sich auf der Flucht vor den übermächtigen Titanen in einen Widder verwandelte. Der römische Schriftsteller Hygenius berichtet in einer anderen Erzählung, wie Bacchus, der Gott des Weines, sich mit seinem munteren Gefolge unerwartet in den Weiten der lybischen Wüste verirrte. In dieser ausgedörrten Einöde plagte sie bald alle ein fürchterlicher Durst. Doch glücklicherweise trafen sie auf einen freundlichen Widder, und der führte sie zu einer kühlen Felsenquelle und rettete sie so vor dem sicheren Tod. Zum Dank für die glückliche Rettung versetzte Bacchus den Widder an den Himmel.
In einer anderen Sage zu diesem Sternbild geht es den Königssohn Phrixos und seine Schwester Helle. Deren Vater Athamas war König von Bootien, er hatte ihre Mutter Nephele verstoßen und statt ihrer die reizvollere junge Ino geheiratet, eine Tochter des Königs von Theben. Da Ino ihre zukünftigen eigenen Kinder auf dem Thron von Bootien sehen wollte, beschloss sie, die Kinder der Nephele geschickt aus dem Weg zu räumen. Zu diesem Zweck vergiftete sie zunächst das Saatgetreide, sodass es im darauf folgenden Jahr zu einer Missernte und einer Hungersnot kam. In der Situation gab Ino ihrem Gatten den Rat, ein Orakel zu befragen, um seinem Volk damit zu zeigen, dass er fähig sei, durch den Spruch des Orakels einen Ausweg aus der Not zu finden. Die Antwort dieses Orakels hatte Ino jedoch bereits formuliert: Der Vater müsse seinen Sohn und Thronerben Phrixos opfern. Gemäß dem Orakelspruch ging Athamas mit seinen Kindern auf den Gipfel eines hohen Berges, errichtete dort aus Feldsteinen einen Altar und schickte sich an, den Phrixos darauf zu opfern. Doch da erschien auf Geheiß der Mutter Nephele ein prächtiger Widder mit einem strahlend goldenen Fell, um die Kinder zu retten. Die beiden kletterten flink auf den Rücken des Widders, und der schwang sich mit den Kindern hinauf in die Wolken und flog nach Osten. Als die furchrsame Helle tief unter sich die Meerenge zwischen Europa und Asien liegen sah, wurde ihr von dem Anblick übel, sie verlor den Halt auf dem Widderfell und stürzte ins Meer hinab, wo sie ertrank. Die Meerenge heißt seitdem „Hellespont“. Der Widder flog mit Phrixos auf seinem Rücken weiter bis zum Land Kolchis, wo man den Jungen gastlich aufnahm und den Widder den Göttern opferte. Zum Dank für sein Opfer wurde der Widder von Zeus an den Himmel versetzt. Das goldene Fell des Widders wurde im heiligen Hain des Kriegsgottes Ares ausgestellt, und Phrixos heiratete Chalkiope, die Tochter des Königs von Kolchis. Jahre später stahl Jason das unter dem Namen „Goldenen Vlies“ weithin berühmte Fell und brachte es nach Griechenland zurück.

Markante Sterne

Der hellste Stern im Sternbild Widder ist 2,0m helle Hamal. Hamal (Alpha Arietis) ist ein Roter Riese mit 70 Sonnenleuchtkräften, 75 Lichtjahre von uns entfernt. Der Name „Hamal“ wurde die Vorlage für das deutsche Wort „Hammel“, was gleichbedeutend mit „Widder“ ist. Ca. 4° südöstlich von Hamal steht Sheratan (Beta Arietis), er ist 2,65m hell und 52 Lichtjahre von uns entfernt.

Besondere Sterne (Doppelsterne, Veränderliche)

Ca. 1,5° südlich von Sheratan befindet sich der 3,6m helle Mesarthim (Gamma Arietis). Mesarthim ist ein schöner Doppelstern, der schon im kleinen Fernrohr eindrucksvoll aufgelöst werden kann, die beiden Partner sind gleich hell. Mesarthim ist 160 Lichtjahre entfernt. Auch der 5m helle Stern Pi Arietis ist ein Doppelstern, er liegt 9,7° südlich von Hamal. Seine beiden blauweißen Partnersterne sind 5,5m und 8m hell und stehen in einem Abstand von 3 Bogensekunden voneinander. Pi Arietis ist 600 Lichtjahre von uns entfernt.

Sehenswerte Deep-Sky-Objekte

Im Sternbild Widder gibt es weder Offene Sternhaufen, noch Planetarische Nebel oder Kugelsternhaufen. Hier behindern weder Dunkelwolken noch Sternhaufen der Milchstraße den Blick in die  Tiefen des Alls. Mit geeigneten Fernrohren kann man hier weit entfernt liegende Galaxien beobachten. Ca. 1,5° östlich vom Mesarthim liegt die 10,5m helle Spiralgalaxie NGC 772. Sie wurde 1785 von Wilhelm Herschel entdeckt. NGC 772 misst am Himmel 7 x 3 Bogenminuten und liegt in einer Entfernung von ca. 115 Millionen Lichtjahren.

Über den Autor Günther Bendt

Günther Bendt ist Jahrgang 1951, Diplompädagoge und Ingenieur für Physikalische/Biomedizinische Technik. Er arbeitete in internationalen Unternehmen der Medizintechnik und war zuletzt mehrere Jahrzehnte Technischer Redakteur in einem Telekommunikationsunternehmen. Seit dem Sommer 2016 ist er im Ruhestand.

Als Kind beobachtete er zufällig eine Mondfinsternis, dieses Erlebnis weckte sein Interesse an der Astronomie. Seit 1997 macht er Führungen für Besuchergruppen der Volksternwarte Aachen. Er ist aktives Mitglied im Arbeitskreis Astronomie der Sternwarte. Seit 2000 wartet er die technische Ausstattung der Sternwarte.

Bei Astronomie.de erstellt er seit 2004 u. a. die monatliche Himmelsvorschau. Seit 2008 präsentiert er im Arbeitskreis Astronomie seine monatlichen „Neuigkeiten aus der Astronomie“.

Als astronomischer Betreuer hat Günther Bendt seit 2009 diverse Reisegruppen für Astronomie.de und für andere Veranstalter auf Sonnenfinsternisreisen nach China und Australien, zum Venustransit auf Island sowie zu diversen Polarlichtbeobachtungen im winterlichen Lappland begleitet. Er war bei fünf Reisen zum Nordkap auf einem Expeditionsschiff Kreuzfahrt-Lektor für Astronomie und Polarlicht. Auf fünf Kontinenten hat er bislang acht Totale Sonnenfinsternisse erlebt.