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Ausdruck vom: Mittwoch, der 27.03.2024

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Die neuen Einsteigerteleskope der NexStar Serie von Celestron mit GOTO Funktion

von Wolfgang Paech

Die Firma Celestron bietet seit ca. 3 Monaten eine neue Serie von preiswerten Einsteigerteleskopen mit der Möglichkeit einer automatischer Positionierung und Rechnerkopplung über eine RS 232 Schnittstelle an. Der "Clou" dieser GT Serie ist ein sogenannter Auto Align Prozess, der später noch ausführlich beschrieben wird. Die Teleskope sind für den rein azimutalen Betrieb ausgelegt, d.h. Astrofotografie ist mit diesen Geräten nur bei Kurzzeitbelichtungen "machbar"; Im Prinzip sind diese Teleskope für die rein visuelle Beobachtung ausgelegt. In den USA haben diese Teleskope schon fast "Kultstatus" erreicht; Es gibt einige Diskussionsforen die sich ausschliesslich mit den NexStar Teleskopen befassen.

Vorerst werden drei Geräte, zwei Refraktoren und ein Newton Teleskop, in der Bundesrepublik über den Generaimporteur - die Firma BAADER Planetarium - vertrieben. Im Frühjahr soll noch ein 4 Zoll SC System dazukommen. Da ich die "Freude" hatte, die deutschen Bedienungsanleitungen zu schreiben, habe ich mich ziemlich ausführlich mit den Teleskopen und ihrer Steuerung auseinandergesetzt.

Die Mechanik

Die Teleskope werden mit einem höhenverstellbaren - sehr stabilen - Aluminiumstativ geliefert. Das Teleskop sitzt nicht in einer Gabel, sondern ist an einem seitlichen Gabelarm befestigt, der auf der Azimutbasis befestigt ist. Dieser Gabelarm und die Gabelbasis sind komplett aus Metall gefertigt und die ganze Konstruktion ist den Celestron Ingenieuren ausserordentlich stabil und schwingungsarm gelungen. Die Verbindung zwischen Stativ und Gabelbasis erfolgt über eine geführte, sehr grosse Griffschraube und der Aufbau des Teleskops ist somit auch in absoluter Dunkelheit problemlos zu realisieren.

Die Teleskoptuben und die Okularauszüge (Ausnahme 60GT) sind ebenfalls komplett aus Metall gefertigt und sauber und stabil verarbeitet. Die Okularauszüge des 80GT und des 114GT laufen sauber und "kippeln" nicht. Der Okularauszug des 60GT zeigt - ob des langen Fokussierweges - nicht die erforderliche Qualität. Ist er ganz herausgedreht, zeigt sich doch einiges an mechanischen Spiel.

Der Peilsucher der NexStar Teleskope

Alle drei Varianten werden mit einem Peislucher ausgeliefert, der eine rote Leuchtdiode an den Himmel projiziert (ähnlich dem Telrad) und der relativ genau funktioniert. Der Sucher ist dabei über einfache Stellschrauben in beiden Achsen zum Teleskoptubus justierbar.

Die OptikDie optische Qualität war bei allen Teleskopen durchweg gut. Alle drei Optiken zeigten saubere Beugungsringe und "schafften" das theoretische Auflösungsvermögen nach dem Rayleigh Kriterium an Doppelsternen. Hier gibt es - zumal bei den Verkaufspreisen - nichts zu mosern.

Die Steuerung

Die Teleskope der NexStar Serie positionieren aus einer integrierten Datenbank auf über 4000 abgespeicherte Objekte mit einer Gechwindigkeit von max. 5 Grad/sek. Die Geräuschentwicklung der Servomotern während des Positionierens hält sich für Geräte dieser Preisklasse in angenehmen Grenzen und schont dabei auch die Nachtruhe der Nachbarn.

Der "Clou" der NexStar Teleskope ist ihr sogenannter Auto Align Prozess. Der Align Prozess ist das Verfahren, dem Teleskop "mitzuteilen", wie es aufgestellt ist, damit das automatische Positionieren aus der Datenbank zu ermöglichen. Dazu werden normalerweise zwei Referenzsterne eingestellt und aus Uhrzeit, Datum, Beobachtungsposition und den Positionen der beiden Sterne brechnet ein Mikroprozessor die Aufstellung der Montierung.

Auto Align bedeutet in der Praxis, dass das NexStar auch selbsttätig die beiden Referenzsterne automatisch auswählt und über die Servomotoren anfährt. Das bedeutet, dass auch ein absoluter Anfänger, der nicht einen einzigen hellen Stern am Himmel kennt, mit dem NexStar beobachten kann (wenn er denn an der Handsteuerung die richtigen Knöpfe drückt).

Um den Auto Align Prozess zu starten wird zuerst der Teleskoptubus grob parallel zum Erdboden und in Richtung Norden gestellt. Nach Eingabe von Beobachtungszeit, Datum und Standortkoordinaten bestimmt der Mikroprozessor einen geeigneten, ersten hellen Referenzstern und positioniert automatisch auf ihn. Der "User" muss jetzt den Stern mit der Handsteuerung in die Mitte des Teleskopgesichtfeldes stellen und mit einer Taste bestätigen. Danach fährt der Mikroprozessor automatisch den zweiten Referenzstern an und das Prozedere wiederholt sich. Danach "kennt" der Mikroprozessor die Aufstellung und der Beobachter kann "munter" über die Datenbank positionieren.

Die Steuerung über den Mikroprozessor ist über ein Display der Handsteuerung menügeführt und leicht zu erlernen. Nachteilig sind zwei Punkte zu nennen: Da die NexStar Teleskope offenbar vorwiegend für den amerikanischen Markt produziert sind, müssen die Eingaben von Datum und Zeit in amerikanischer Schreibweise (Monat, Tag, Jahr und Uhrzeit in am oder pm) eingegeben werden. Unsinnige oder fehlerhafte Eingaben merkt der Mikroprozessor nicht, dementsprechend fährt er auf Referenzsterne, die ev. unterhalb des Horizontes stehen. Zweitens: Die Steuerung, die Einstellungen und die Programmierung ist von den Modellen der gehobenen Klasse des NexStar 5 und des NexStar 8 übernommen und entsprechend "abgemagert" worden. Leider wurden die Menüs nicht aus dem Anzeigedisplay entfernt, so dass sich für den Einsteiger - sofern er sich nicht streng an die Bedienungsanleitung hält - einiges an Konfusion ergeben kann. Ein Beispiel: So lässt sich der Nachführmodus der Motoren durchaus in den Parallaktischen Betrieb umschalten, was bei einer azimutalen Aufstellung natürlich unsinnig und für einen Einsteiger verwirrend ist.

Ein weiterer Nachteil für einen Einsteiger ist der, dass das NexStar auch auf Objekte positioniert, die am Südhimmel oder noch unterhalb des Horizontes stehen. Dies ist umso unverständlicher, als doch der Mikroprozessor aus Uhrzeit, Datum und Beobachtunjgsort weiss, wo das Teleskop steht. Er positioniert ja auch keine Referenzsterne, die nicht am sichtbaren Himmel stehen. Zum Glück kann der Beobachter vor jeder Positionierung den aktuellen Höhenwinkel auf dem Display abrufen und so entscheiden ob das Objekt überhaupt beobachtbar ist. Zudem ist jedem NexStar Teleskop eine CD ROM mit dem Planetariumsprogramm TheSky beigelegt, mit dem sich der Anfänger einen Überblick über den aktuellen Sternenhimmel anzeigen lassen kann.

Die Funktion der NexStar Teleskope über die mitgelieferte Software zur Steuerung über einen PC funktionierte in den Teleskopen, die mir zur Verfügung standen, noch nicht. Nach Aussage der Firma BAADER soll aber eine funktionierende Softwareversion nachgeliefert werden.

Die Datenbanken zur Positionierung

Der Mikroprozessor hält den kompletten Messier-, den kompletten Caldwell- , und eine Auswahl aus dem NGC Katalog bereit. Dazu kommen natürlich die Planeten, Sonne, Mond und eine Auswahl von Doppel- und Veränderlichen Sternen. Auch der in den USA so beliebte Katalog "Asterismen" fehlt nicht. Diese Asterismen sind grossräumige Sternformationen - meist grösser als ein Grad - mit amerikanischen Eigennamen und spielen in Europa eigentlich keine Rolle. Ferner gibt es natürlich den Referenzsternkatalog mit den hellsten Fixsternen. Auch ein Tour Menü fehlt nicht, hier sind "Highlight" Objekte Sternbildgeordnet abgespeichert. Zu jedem dieser Objekte gibt es einige Informationen über Grösse, Helligkeit, etc., die über das Display abrufbar sind. Auch besteht die Möglichkeit je 10 spezielle Objekte (astronomisch und terrestrisch) durch den Beobachter fest einzuspeichern.

Auch die Möglichkeit direkt auf eine Eingabe von Rektaszension/Deklination oder Azimut/Elevation fehlt natürlich nicht.

Fazit

Die Modell 80GT und 114GT sind meiner Meinung nach durchaus und ohne Einschränkungen zu empfehlen, das 60GT ist aufgrund der geringen Öffnung weniger empfehlenswert. Teleskope mit 60mm Öffnung sind in heutiger Zeit einfach zu klein. Dieses Gerät sollte man wirklich nur aus finanziellen Gründen in Betracht ziehen. Es eignet sich nur zur Beobachtung von Sonne, Mond, der hellen Planeten und einiger Doppelsterne mit weitem Abstand.

Das 114GT ist ein klassisches Allroundteleskop für den Anfänger. Es ist gleichermassen gut geeignet für die Beobachtung von Planeten, Sonne, Mond, Doppelsternen, Sternhaufen und "Nebeln".

Das 80GT ist ein klassisches Richfield Teleskop und für Beobachtungen von Sonne, Mond, Planeten und Doppelsternen wegen der schwächeren Vergrösserungen weniger geeignet. Es ist für den beginnenden Deep Sky Beobachter eine gute Wahl. Durch die GOTO Funktion lernt er sich am Himmel auszukennen, um später eventuell auf ein grösseres Instrument umzusteigen.

Alle drei Teleskope sind mit einiger Erfahrung sehr schnell aufgebaut und nach dem Auto Align Prozess nach spätestens 5 Minuten Beobachtungsbereit. Dadurch lassen sich die Teleskope auch sinnvoll in grösseren Wolkenlücken "mal eben" aufstellen.

Die NexStar Teleskope laufen über acht 1.5 Volt Batterien, die jedoch nicht lange halten, wenn häufiger positioniert wird. Sie lassen sich auch über ein 12 Volt Steckernetzteil betreiben, welches aber leider nicht zum Lieferumfang gehört.