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SST, das neue schwedische 1m Sonnenteleskop auf La Palma

von Doris Unbehaun, Neunkirchen 2002

Fünfzehn Jahre lang - von 1985 bis 2000 versah das 47.5-cm SVST, das "Swedish Vacuum Solar Telescope" auf dem Roque de los Muchachos auf La Palma seinen Dienst und lieferte astronomische Daten über die Sonne. Im Jahr 2000 wurde es abgebaut und man begann ein neues Teleskop mit doppelt so großer Öffnung zu installieren: das SST "Swedish 1-m Solar Telescope". First Light war am 2. März 2002, jedoch mit einer abgeblendeten Öffnung von 60 cm, da Kühlsystem und adaptive Optik noch nicht fertig installiert waren.

Am 21. Mai verwendeten die Wissenschaftler erstmals die ganze Öffnung des Sonnenteleskops und es lieferte ihnen gleich auf Anhieb phantastische Bilder der Sonne, einzigartige, noch nie gesehene Oberflächendetails bis zu einer Größe von 100 km und noch weit darunter.

Das SST ist derzeit das größte europäische Sonnenteleskop und nach dem McMath-Pierce Teleskop in Arizona das zweitgrößte Sonnenteleskop der Welt. Außerdem gilt der Standort auf dem Roque de los Muchachos auf der kanarischen Insel La Palma als einer der besten Standorte für Sonnenteleskope.

Diese phantastischen Ergebnisse werden dadurch erzielt, dass das Teleskop nicht nur eine hervorragende Optik und einen der besten Standorte hat, sondern dass das Teleskop mit einer adaptiven Optik ausgestattet wurde. In den Strahlengang des Teleskops wird dabei ein beweglicher Spiegel gebracht, der bis zu 1.000 mal in der Sekunde Störungen des einfallenden Lichts erkennt und ausgleicht. Die Schlieren und Störungen, welche durch unsere Atmosphäre verursacht werden (blurring), werden so eliminiert, bzw. ausgeglichen. Damit ist das SST das erste Sonnenteleskop, welches mit dieser Technik ausgestattet ist.

Sonnenteleskope leiden außerdem an der Aufheizung durch das Objekt, welches sie beobachten, durch die Sonne. Sowohl die Optik als auch die Luft innerhalb der Teleskopröhre heizen sich auf. Deshalb werden die Tuben moderner Sonnenteleskope mit Helium gefüllt oder sind gleich - so wie das SST - ein Vakuumteleskop.

Das SST wird vom "Institute for Solar Physics" der "Royal Swedish Academy of Sciences" betrieben. Es soll die gegenwärtigen Fragen der Sonnenforscher klären, welche noch immer um die Magnetfelder der Sonne kreisen und um die Ursache der Sonnenflecken auf der Oberfläche.

Die Sonne ist unser nächster Stern im Universum. Auf Grund ihrer Nähe - sie ist 150.000 Mio. km von uns entfernt - können die Forscher ihre Oberfläche auflösen und somit genauer untersuchen. Alle anderen Sterne - und deren gibt es ca. 200.000 Milliarden in unserer Milchstraße - können nicht in dieser Detailfülle untersucht werden, sie sind viel zu weit von uns entfernt.

Diese riesige Gaskugel namens "Sonne" beinhaltet 99,8% der Gesamtmasse unseres Sonnensystems, hat einen Durchmesser von ca. 1,4 Mio. km, eine Masse von 333.000 Erdmassen und das Volumen von 1.300.000 Erdkugeln. 109 Erdkugeln müsste man aneinanderreihen, um den Durchmesser der Sonne zu erhalten.

Die Sonne rotiert um ihre Achse, ihre Rotationsdauer beträgt 25 Tage. Aber die Rotation ist differentiell, d.h. an den Polen dreht sie sich langsamer als am Sonnenäquator. Da die Sonne ein sehr starkes Magnetfeld besitzt, wird durch ihre differentielle Rotation Magnetfeld und -linien verdrillt und verwirbelt.

Obwohl man schlecht in die Sonne hineinschauen kann, weiß man heute durch Modellrechnungen recht viel über ihren Aufbau. In ihrem Innern wird Energie durch Kernfusion erzeugt, dadurch wird die Sonne in jeder Sekunde um vier Tonnen "erleichtert". Trotzdem können wir beruhigt in die nächsten Jahrtausende schauen: Die Sonne - 4,5 Milliarden Jahre alt - wird noch einmal so lange zu leben haben.

Der Kern der Sonne hat einen Durchmesser von 175.000 km, die Temperatur liegt bei 15.000 K. Darüber wölbt sich die Strahlungszone und anschließend die Konvektionszone. Aus der Photosphäre - also der eigentlichen Oberfläche der Sonne - entstammt die sichtbare Strahlung, sie ist nur wenige km dick. In der Photosphäre können einzelne Details beobachtet werden, z.B: Granulation und Sonnenflecken.

Unter der Granulation versteht man die unregelmäßige, körnige Struktur der Sonnenoberfläche. Die einzelnen Granulen sind ungefähr 700 km groß, ihre Lebensdauer ca. 8 min. Innerhalb von 0,9 km/sec. brodelt heiße Sonnenmasse nach oben, kühlt sich wieder ab und sinkt nach unten und macht dadurch Platz für neue, heißere Materie.Sonnenflecken sind Bereiche, in denen die Konvektionsströme, welche heißes Material aus dem Sonneninnern bringen, durch Magnetismus gestört wird. Treten magnetische Verwirbelungen durch die differentielle Rotation der Sonne auf, kommt es quasi zur Bündelung von magnetischen Linien und zu Flußröhren, wo die Strömung besonders stark ist. Wie Blasen an der Oberfläche eines brodelnden Breis steigen die Gasmassen empor zur Oberfläche der Sonne und sinken nach einiger Zeit dann wieder in die Tiefe.

Die Sonnenflecken bestehen aus einer zentralen, dunklen Region, der Umbra. Sie wird umgeben von der Penumbra, einer hellen äußeren Region. Sie besteht aus unendlich vielen, radial verlaufenden, dicht gedrängten Linien, den Filamenten.

Die Oberfläche der Sonne hat eine Temperatur von ca. 6.000 K, die Sonnenflecken jedoch nur eine Temperatur von 4.000 K. Sie sind kühler und deshalb dunkler als ihre Umgebung. In etwa entspricht ein Sonnenfleck der Größe unserer Erde, kann diese aber weit übersteigen.

Seit langem rätseln die Sonnenforscher über Entstehung und Ursache der Sonnenflecken. Mit dem neuen SST sind sie nun der Enträtselung ein Stückchen näher gekommen. Denn die dünnen, fadenförmigen Filamente, welche dicht gedrängt zur Umbra und in sie hinein ragen, sind nicht strukturlos. Die Filamente wabern hin und her, sie entstehen und verschwinden wieder in Abständen von 1-2 Stunden. Die Filamente bestehen aus einem hellen Kopf, eingebettet in einen dunklen Ring oder Kern. Daran angehängt ein heller Streifen, vom noch helleren Kopf abgetrennt durch einen dunklen Bereich. Und durch den ganzen Bereich zieht sich über das ganze Gebilde ein schmaler dunkler Streifen.

Noch können die Wissenschaftler der Königlichen Schwedischen Akademie ihre Entdeckung nicht interpretieren. Aber das Teleskop auf dem Roque de los Muchachos ist auch erst ein halbes Jahr alt. Man wird sicherlich in den nächsten Jahren auf spektakuläre Entdeckungen hoffen dürfen.

Quelle: The Institute for Solar Physics, Stockholm (Schweden)
alle Aufnahmen wurden auch dieser URL entnommen