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Schiefspiegler-Teleskop nach Kutter

Die Schiefspiegler Teleskope in ihrer heutigen Form wurden von Anton Kutter [1-2] seit den 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts entwickelt. Seine Zielsetzung war es, durch eine Neigung des Hauptspiegels den Zweitspiegel außerhalb des  einfallenden Lichtwegs anzuordnen. Damit lässt sich eine Minderung der Bildqualität durch Abschattungs- und  Beugungseffekte vermeiden, wie sie sonst bei den Spiegelsystemen mit einem zentralen Fangspiegel (vergleiche Newton, Cassegrain  usw.) auftreten. Da bei einer Reflexion an Spiegeln auch keine Farbfehler entstehen, liefern Schiefspiegler grundsätzlich eine nahezu perfekte Abbildungsqualität, die denen gut korrigierter Refraktoren gleichkommt.
A. Kutter entwickelte zunächst ein 2- und später auch 3-Spiegelsysteme, welche eine gute optische Korrektur der Bildfehler erreichen. Besonders das 2-Spiegelsystem hat unter den Amateuren größere Verbreitung
gefunden und wird als hochwertiges Planetenteleskop geschätzt. Engagierte Spiegelschleifer können dieses Gerät sogar selbst herstellen [3]. Beeindruckende Mond- und Planetenbilder sind und werden mit diesen Geräten erzielt, wie zahlreiche  Veröffentlichungen dokumentieren. Die optische Weiterentwicklungen des Schiefspieglers mit 3 und 4 Spiegeln erreichen  eine bessere Korrektur optischer Restfehler besonders bei größeren Öffnungen. Allerdings haben diese Tri- und  Tetra-Schiefspiegler bislang keine weitreichende Verbreitung bei den Amateuren gefunden. Die englischsprachige Webseite  von D. Stewick gibt einen Überblick über die zahlreichen Weiterentwicklungen von Schiefspieglern und Yolo-Teleskopen [4].

Kutter-Schiefspiegler

Der Kutter-Schiefspiegler besteht in seiner einfachsten Form aus einem konkaven Hauptspiegel (1) und einem konvexen Fangspiegel (2). Der geneigte Hauptspiegel produziert erhebliche Bildfehler an Koma und Astigmatismus. Diese Fehler  treten in geringerem Maße auch am Bildfeldrand kurzbrennweitiger Newtonteleskope auf. Der Beobachter sieht dann am Stern einen kometenhaften einseitigen Lichtausbruch (Koma) oder er sieht anstelle eines runden Sternenpunktes eine elliptische oder strichförmige Gestalt (Astigmatismus). Diese Fehler und ihre Auswirkungen auf die Abbildung eines Sterns werden ausführlich in dem englischsprachigen Buch von R. Suiter dargestellt [5].

A. Kutter konnte nun berechnen und praktisch nachweisen, das diese Fehler bei einer bestimmten geometrischen Anordnung  der gewölbten Haupt-  und Fangspiegel exakt kompensiert werden. So verschwindet beispielsweise bei einem bestimmten Neigungswinkel des Fangspiegels der Astigmatismus exakt und bei einer anderen Neigung die Koma. Setzt man den Okularauszug an die berechnete Position,  so erhält man eine komafreie Anlage oder eine anastigmatische Anlage, dabei bleibt jeweils der andere Bildfehler noch bestehen.

Durch eine zusätzliche Korrektionslinse, die nach dem Fangspiegel positioniert ist, lassen sich auch die Restfehler noch beheben. Die Fehlerkorrektur gelingt allerdings nur bei relativ kleinen Öffnungsverhältnissen von etwa 1:20 (Verhältnis von  Öffnung zu Brennweite). Bei 150mm Öffnung ergibt sich bereits eine Brennweite von 3 m bei einer Tubuslänge von etwa 1.3 m. Mit den üblichen Okularbrennweiten von 5 - 30 mm lassen sich daher relativ leicht sehr hohe Vergrößerungen erzielen. Damit  lassen sich lichtstarke Objekte wie Mond, Planeten, Doppelsterne mit hoher Bildqualität beobachten. Es ist jedoch schwierig die für Deep-Sky Objekte notwendigen geringen Vergrößerungen einzustellen. Daher werden Schiefspiegler vorzugsweise  für die Mond- und Planetenbeobachtung eingesetzt. Die relativ lange Bauweise erfordert dabei oftmals eine stationäre Aufstellung. Schiefspiegler werden sowohl als Optik-Bausatz für den Teleskop-Selbstbau von Lichtenknecker-Optics, Belgien und als Komplettgeräte von der Firma AOK in der Schweiz angeboten.

Literatur

[1] A. Kutter: Der Schiefspiegler; Verlag F. Weichardt, Biberach/Riss (1953)

[2] K. Wenske, Spiegeloptik, Verlag Sterne und Weltraum, München (1997)

[3] M. Trittelvitz, Spiegelteleskope selbst gebaut, Sterne u. Weltraum Taschenbuch, Heidelberg (2000)

[4] Schiefspiegler und Yolo-Telescopes, informative websites von D. Stevick, unter: bhs.broo.k12.wv.us/homepage/alumni/dstevick/weird.htm

[5] H. R. Suiter, Star Testing Astronomical Optics, Willmann-Bell Inc., Richmond, Virginia, S.113 (1986)

Die Entwicklung des Schiefspieglers, M. Brunn,SuW,8-9,1993, p.647 und 11,1993, p.808

Der Schiefspiegler, A. Kutter, SuW1,1965, p.12

Moon Photographs with an Off Axis Reflector, A. Kutter, S&T, Dec. 1958, p.65

Die Justierung eines Schiefspieglers, G. Sievers, SuW,1, 1982, p.35

Schiefspiegler oder Kutter, E, Meyer, SuW, 1,1999, p.80

Ein Schiefspiegler mit Besonderheiten, H. Liebig, SuW,4, 1977, p.132

Spiegelteleskoptypen