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Anleitung zur Schwerelosigkeit

Rezension von: Manfred Hoff (Rezensent) | | Verlag

Ein wenig sperrig ist er schon, der Titel und man kann auf den ersten Blick auch wenig damit anfangen, denkt man doch zuallererst an ein Fachbuch für angehende Astronauten. Der Untertitel „Was wir im All fürs Leben lernen können" ist auch nicht wirklich hilfreicher und man stutzt erst einmal und fragt sich, was das denn sein könne, zumal wir auf der Erde ja keine Schwerelosigkeit haben. Nur eine Gruppe handverlesener Menschen aus allen Kontinenten, bis auf die Antarktis, kam bisher in den Genuss entweder mit den Amerikanern oder den Russen ins All zu fliegen und dort die Mikrogravitation am eigenen Leibe zu erfahren.

Was also soll man mit diesem, sicherlich wertvollen, Erfahrungsschatz, auf der Erde anfangen können, außer dem Zirkel der Wissenschaftler, die sich der Weltraumfahrt verschrieben haben. Wer so denkt, sollte unbedingt in dieses Buch schauen.

Chris Hadfield, vielen vor allem durch seine lustigen youtube-Videos aus der Umlaufbahn bekannt, wo er ein ums andere Mal auch seine musikalische Begabung vorstellte, ist Kanadier und hat bislang an drei Weltraummissionen zur MIR oder der ISS bzw. mit einem Shuttle in den Orbit mitgemacht. Wie bei vielen Weltraumbegeisterten unserer Tage begann sein Interesse in der APOLLO-Ära. Nur die Wenigsten haben es aber bis zum Ziel erreicht und er beschreibt eindrucksvoll seinen mühevollen und entbehrungsreichen Weg bis zur Erreichung seines Lebenszieles; einem Aufenthalt im Weltraum. Die zahlreichen Entbehrungen betraf vor allem seine Familie, die sein Engagement und sein Lebenstraum tolerierte – eine Erfahrung, die leider nicht viele machen können.

Eindringlich beschreibt Hadfield, wie wichtig es ist, ein Teamplayer zu sein, jemand, der stets für andere mitdenkt und der sich jederzeit seines eigenen Handeln bewusst sein muss, um ein guter Astronaut zu werden, oder, wie er es formuliert: eine Null zu sein, statt einer -1 oder einer +1. Nicht erst seit Einstellung des Shuttle-Programms kommen viele US-Astronauten nicht oder nicht mehr in den Genuss, selbst Raumflüge mitmachen zu können, doch das wichtigste im Leben eines Weltraumfahrers ist nicht, wie Hadfield überzeugend darlegt, ins All zu fliegen, sondern dazu zu gehören, seinen Anteil am Gesamtwerk sorgfältig und mit hohem Engagement zu leisten, denn wenn auf der Erde schlampig gearbeitet wird, kann, wie man am Beispiel der beiden Shuttle-Katastrophen 1986 (CHALLENGER) und 2003 (COLUMBIA) das fatale Folgen haben. Und erst, wenn man das verstanden hat, sei man geeignet in den Raum zu fliegen. Aber auch auf der Raumstation dürfe man nicht nachlassen. So berichtete er von mehreren bizarren Ereignissen, so als eine neue Mannschaft ungestüm in die ISS hereinkam und dabei gleich mehrere Experimente, die mit Klettband an der Bordwand befestigt waren, abgerissen und zerstört hatte, oder dass er sich die Fussnägel schnitt und von einer Absaugvorrichtung erfassen ließ, die diese dann an andere Stelle wieder ausspuckte.

Und so wird der Untertitel des Buches verständlich: Nicht nur als Astronaut sollte man Rücksicht auf seine Mitmenschen nehmen und sein eigenes Wirken hinterfragen. Auch für das allgemeine Menschenleben ist das von Bedeutung und so ist denn auch gleichzeitig der Sinn dieses sehr spannend, hintergründig und an vielen Stellen lustig geschriebenen Buches zu erkennen, das nicht nur eingefleischten Raumfahrtenthusiasten empfohlen werden kann.

Titel:Anleitung zur Schwerelosigkeit – Was wir im All fürs Leben lernen können
Autor:

Chris Hadfield

Verlag:

Heyne-Verlag, München, Verlagsgruppe Random House

ISBN:

978-3-453-20068-5

Jahr:

2014

Infos:

http://d-nb.info/1044708565