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Ferngläser für Hobby-Astronomen und Tipps zum Fernglaskauf

Wer als Hobby-Astronom oder einfach nur gelegentlicher Himmels-Beobachter vor der Entscheidung steht, sich ein Fernglas für die Sternenbeobachtung anzuschaffen, der findet in der heutigen Zeit eine scheinbar unüberschaubaren Produktvielfalt und Angebotspalette vor.

Gerade für Einsteiger ist es sehr schwer, gute von schlechten Ferngläsern zu unterscheiden. Beim Neuling fehlt häufig schon die Grundkenntnis von qualitätsentscheidenden Auswahlkriterien beim Fernglaskauf. Nur zu schnell erliegt man blumigen Werbe-Versprechungen, bunten und grellen Prospekt-Slogans oder scheinbar super-preisgünstigen Angeboten.

Hat man dann erst einmal ein schlechtes Fernglas erworben, wird sich schon bei den ersten Beobachtungen durch ein solches Glas schnell Frust einstellen, wenn nicht sogar Kopfschmerzen ! Dieser Artikel möchte versuchen, einige wichtige Punkte beim Fernglas-Kauf zu beleuchten und einige ausgewählte Ferngläser vorstellen.

Für diesen Artikel wurden mir folgende Ferngläser in verschiedenen Größen- und Preisklassen zur Verfügung gestellt :

  • VIXEN BT 20x80 Grossfernglas von der Firma Astroshop
  • TS 20x80 Grossfernglas und TS 10x50 WP von der Firma Teleskop-Service Ransburg
  • SOLIGOR Black Line 12x50 von der Firma Soligor
  • 20x60 NOname Fernglas aus dem Besitz des Autors

An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an die genannten Firmen und Händler.

Freihand-Beobachtung, oder Stativ?

Anhand der hier vorliegenden Testferngläser wird zunächst eine grundlegende Vor-Überlegung beim Fernglaskauf notwendig : möchte ich locker freihändig beobachten und das Fernglas eventuell auch auf einem abendlichen Spaziergang mitnehmen, oder besteht die Möglichkeit, ein größeres und schwereres Gerät stationär im Garten oder auf der Terrasse auf einem Stativ zu montieren ?

Gerade Anfänger lassen sich oft von hohen Vergrößerungszahlen täuschen, weil sie meinen, mit einer hohen Vergrößerung auch automatisch "mehr" zu sehen. Dies ist jedoch ein zweischneidiges Schwert.

Den wenigsten Einsteigern ist bewusst, dass eine freihändige Beobachtung eigentlich bis höchstens 10facher Vergrößerung noch erbaulich ist. Bei höherer Vergrößerung wird ja auch das Muskelzittern und kleinste Armbewegungen des Beobachters mitvergrößert. So beginnen die Sterne dann im Fernglasbild zu zittern und zu tanzen und von einem "Erkennen" irgendwelcher Details kann keine Rede mehr sein.

Freilich hängt es auch von der Konstitution des Beobachters ab, welche Vergrößerung er noch freihändig nutzen kann. Es gibt Menschen, die auch mit 12facher Vergrößerung freihändig zurecht kommen, anderen ist 10fach freihändig schon zu viel und sie nutzen lieber Gläser mit 8facher Vergrößerung.

Wer die Möglichkeit hat, sollte aber allgemein schon bei Ferngläsern mit 10facher Vergrößerung ein gutes Fotostativ nutzen. Man gewinnt gerade bei der Sternenbeobachtung entscheidend an Seh-Erlebnis, da man sich voll und ganz auf das Beobachten konzentrieren kann und nicht ständig krampfhaft versuchen muss, das gewünschte Himmelsfeld ruhig im Bild zu halten.

Austrittspupille, Sehfeld, Vergütungen, Dämmerungsleistung, Augenabstand - kleines Begriffs-"Lexikon"..

Wer ein Fernglas erwerben möchte, macht sich in der Regel an das Studium einschlägiger Prospekte und Kataloge - und wird gleich mit einer Fülle von Fachbegriffen konfrontiert, mit denen er zunächst wenig anfangen kann. Dennoch können diese "technischen Daten" in Produktbeschreibungen eine wertvolle Hilfe bei der Kaufentscheidung sein, wenn man sie denn zu deuten weiß. Verschaffen wir uns also zunächst einen Überblick über dieses Fach-Chinesisch und klären in aller Kürze einige, wichtige Grundbegriffe.

Die Austrittspupille ist quasi die Öffnung am Okular des Fernglases. Ihre Größe bestimmt, wie hell der Beobachter das Bild empfindet. Gerade wer in der Dämmerung oder unter dunklem Sternenhimmel beobachten möchte, benötigt also eine große Austrittspupille.

Der Wert der Austrittspupille errechnet sich aus Objektivdurchmesser : Vergrößerung. Haben wir z.B. ein 10x60 Fernglas ( 10fache Vergrößerung, Durchmesser der Objektive 60 mm ) ergibt sich eine Austrittspupille von 6 mm. Bei einem Fernglas 20x60 würde sich eine Austrittspupille von nur 3 mm ergeben, was sich bei bei gleichem Objektivdurchmesser in einem dunkleren Bild äußert.

Bei der Astrittspupille muss man aber auch differenzierter bewerten. Große Austrittspupillen sind nicht für jedermann und auch nicht unter jedem Himmel gleichermaßen geeignet.

Während sich bei jungen Menschen die Pupille noch bis auf ca. 7 bis 7,5 mm weiten kann, ist dies bei älteren Menschen nicht mehr der Fall, so dass ältere Beobachter in der Regel mit einer Austrittspupille von 3-5 mm besseren Beobachtungskomfort haben, als mit einer AP von 7mm.

Ein zweiter Faktor, der gerade für Sternenbeobachter wichtig ist, sind auch die Lichtverhältnisse vor Ort. Kann man unter einem dunklen Gebirgshimmel eine Austrittspupille von 7 mm noch gewinnbringend verwenden, z.B. in einem 10x70 Fernglas, so würden unter einem aufgehellten Stadthimmel im gleichen Fernglas viele Objekte einfach im hellen Himmelshintergrund verblassen.

Unmittelbar mit der Austrittspupille hängt auch die sogenannte Dämmerungsleistung ab. Aus dem vorgenannten Berechnungsbeispiel ergibt sich, dass ein Fernglas mit einer Austrittspupille von nur 3 mm eine geringere Dämmerungsleistung hat, als ein solches mit 6 mm Austrittspupille.

In Prospektangaben findet man heutzutage jedoch meistens die sogenannte Dämmerungszahl Z. Die Dämmerungszahl eines Fernglases lässt sich nach folgender Formel selbst errechnen : Z = Wurzel aus Vergrößerung x Objektivdurchmesser. Demnach hat ein Fernglas mit den Daten 20x60 eine Dämmerungszahl Z von 34,6, während ein 8x40 Glas nur eine Dämmerungszahl von 17,8 erreichen würde.

Praxisbezogen würde das bedeuten, dass man z.B. mit dem 20x60 Glas in der Dämmerung noch ein Objekt in 346 m Entfernung gut erkennen kann, während man mit dem 8x40 Glas das gleiche Objekt unter gleichen Bedingungen "nur" noch in einer Entfernung von 178 m klar ausmachen könnte.

Das Sehfeld eines Fernglases wird meist in x m auf 1000m angegeben. Es gibt den Durchmesser (Breite und Höhe) des Gebietes an, welches im Fernglas in einer Entfernung von 1000 m noch überschaut werden kann. Hier ist natürlich ein großes Sehfeld angenehmer; kleine Sehfelder bewirken den sogenannten "Tunnelblick".

Vergütungen sind eine Wissenschaft für sich, aber auch beim Fernglas zwingend notwendig. Würde man bei optischen Geräten unvergütete Linsen verwenden, würde durch Reflexionen und Streulicht ein Großteil des Lichtes verloren gehen und das resultierende Bild flau, kontrastarm und verwaschen erscheinen. Diesen Erscheinungen wirkt man dadurch entgegen, dass man ( möglichst auf alle ) Glasflächen hauchdünne Schichten von Metallsalzen aufdampft - die sogenannte Vergütung.

Hier hat jeder Hersteller sein Geheimrezept. Es ist aber nachvollziehbar, dass beim Aufbringen solcher Schichten ein Höchstmass an Präzision erforderlich ist. Zum einen bewegen sich die Schichtdicken im µm-Bereich, dazu muss die Schichtdicke über die gesamte Glas-/Prismenfläche die gleiche Stärke aufweisen und muss in sich homogen sein.

Dass ein solch hoher technischer Aufwand nicht zu einem Kleinpreis machbar ist, sollte selbstverständlich sein. Eine technisch schlecht ausgeführte Vergütung ist nahezu wertlos, denn sie kann im schlimmsten Fall das Bild eher noch mehr verschlechtern als verbessern.

Ein letzter Punkt wäre noch die Eignung eines Fernglases für Brillenträger. Ein Wert hierfür ist der Augen- oder Pupillenabstand. Für Brillenträger sollte dieser Abstand nicht kleiner als 15 mm sein. Viele Brillenträger empfinden allerdings auch erst einen Augenabstand von mindestens 18-20 mm als komfortabel.

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