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Die azimutalen Montierungen

von Wolfgang Paech

Azimutale Montierungen sind meist einfachst aufgebaut und werden oft mit den sehr preiswerten Kaufhausteleskopen (zw. 50 und 150 Euro) mitgeliefert. Im englischsprachigen Raum werden Sie auch als ALT/AZ Montierungen bezeichnet.

Sie bestehen aus zwei Drehachsen, die im rechten Winkel zueinander angeordnet sind. Eine Achse ist die sogenannte Azimutachse (im englischen AZ für Azimut) und die zweite ist die Höhenachse (im englischen ALT für Altitude=Höhenachse). Der Name entlehnt sich aus dem azimutalen Koordinatensystem, welches manchmal auch als Horizontalkoordinatensystem bezeichnet wird.

Das azimutale Koordinatensystem

In diesem Koordinatensystem wird ein Punkt am Himmel über seinen Azimutwinkel (=Horizonttalwinkel; der Horizont wird von Süd über West, Nord und Ost in 360 Grad eingeteilt wobei Süd gleich zu 0 Grad definiert ist) und über seine Winkelhöhe zwischen dem Horizont und dem Zenit (das ist der Punkt genau über dem Beobachter) festgelegt.Der Höhenwinkel beginnt am Horizont mit 0 Grad zu zählen und endet im Zenit bei +90 Grad.

Diese Einteilung bezeichnet ein azimutales Koordinatensystem (in dieser Graphik ist A = Azimutwinkel und H = Höhenwinkel. Manchmal verwendet man auch Z=Zenitalwinkel). B steht für den Beobachter.
Die Azimut - oder auch Drehachse steht dabei senkrecht zur Erdoberfläche, die Montierungsausrichtung ist beliebig. Jeder hat sicher schon einmal durch ein Aussichtsteleskop (da wo man eine Mark einwirft und es dann mit viel Glück und Gegentrommeln irgendwann funktioniert) geschaut. Aussichtsfernrohre sind immer azimutal in der einfachsten Form montiert.

Nun weiß man aber aus der täglichen Erfahrung, dass ein Stern - wenn er im Osten aufgeht - über dem Horizont erscheint und dann im Laufe der Nacht langsam in einem Bogen aufsteigt bis er im Süden seinen höchsten Punkt über dem Horizont erreicht um danach langsam Richtung West wieder bis zum Horizont abzusinken. Dabei bewegt sich aber nicht der Stern, sondern die Bewegung des Sternes wird durch die Drehung der Erde um ihre Rotationsachse vorgespiegelt.Wenn man die Koordinaten eines Himmelsobjekts im azimutalen Koordinatensystem angibt, gehört dazu also auch noch eine Zeitinformation - also z.B. um 21:30 steht das Objekt unter dem Azimutwinkel von 172- und dem Höhenwinkel von 32 Grad. Beide Winkelangaben ändern sich fortlaufend mit der Beobachtungszeit durch die Erdrotation.

Azimutale Montierungen gibt es in verschiedenen Bauformen, je nachdem wie das Teleskop auf der Montierung befestigt ist. In den allermeisten Fällen sind dies sogenannte Gabelmontierungen, wobei das Teleskop zwischen zwei Gabelarmen befestigt ist. Bei kleineren Teleskopen spart man sich den zweiten Gabelarm und befestigt es einseitig an einem Gabelarm. Im simpelsten Fall sind beide Achsen manuell einzustellen und können dann über Klemmvorrichtungen - wenn das Teleskop auf das Beobachtungsobjekt ausgerichtet ist - festgestellt werden. Beobachtet man nun sein eingestelltes Beobachtungsobjekt, bemerkt man ziemlich schnell, wie das Beobachtungsobjekt infolge der Erdrotation aus dem Gesichtsfeld verschwindet. Man muß also für eine längere Beobachtungszeit beide Achsen permanent nachstellen, um dem Beobachtungsobjekt zu folgen.

Technisch anspruchsvollere azimutale Montierungen verfügen dann - angeflanscht an beide Achsen - über sogenannte Schneckenradantriebe, die es gestatten das Teleskop über beide Achsen manuell langsam und sehr feinfühlig nachzustellen und damit die Erdrotation zu kompensensieren. Da der Stern am Himmel einen Bogen beschreibt, muß man beide Achsen gleichzeitig nachstellen, was nicht einfach und dabei ziemlich nervig ist, da man sich mehr auf die gleichmäßige Bewegung als auf die eigentliche Beobachtung konzentriert.

Stichwort Schneckengetriebe:
Ein Schneckengetriebe besteht praktisch aus einem Schneckenrad (ähnlich einem Zahnrad mit ganz breiten Zähne) und einer Schneckenwelle. Die Schneckenwelle greift dabei in das Zahnrad ein. Dreht man die Schneckenwelle um eine Umdrehung, dreht sich das Zahnrad um einen Zahn weiter. Im Prinzip ist ein Schneckenradantrieb ein Untersetzungsgetriebe. Man erreicht damit eine große Untersetzung, um die notwendige langsame Ausgleichsbewegung zur Erddrehung zu realisieren.

Richtwert:
ein Stern bewegt sich grob in Folge der Erdrotation pro Zeitsekunde um 15 Bogensekunden.

Stichwort Bogensekunde:
Ein Grad wird unterteilt in 60 Bogenminuten und jede Bogenminute wiederum in 60 Bogensekunden. Ein Grad entspricht also 3.600 Bogensekunden.

Anhaltswert:
Sonne und Mond erscheinen von der Erde aus unter einem Winkel von grob 0.5 Grad, dementsprechend 1.800 Bogensekunden.

Werden azimutalen Montierungen noch komfortabler, haben beide Achsen dann Antriebsmotoren, die über eine Steuerung so bewegt werden, dass Azimut und Höhe permanent nachgestellt werden und das Beobachtungsobjekt immer - mit gelegentlich notwendigen manuellen Korrekturen - in der Gesichtsfeldmitte stehen bleibt.

Das Nonplusultra der azimutalen Montierungen sind zur Zeit die neuen, sogenannten GoTo Montierungen. Diese Montierungen positionieren - nach Einstellung des Teleskoptubus in eine Grundposition (meist Nord und Tubus waagerecht) und der Eingabe von Datum, Uhrzeit und geografischen Koordinaten des Ortes von dem beobachtet wird, automatisch auf beliebige Objekte, die man aus verschiedenen Katalogen auswählen kann. Die bekanntesten Vetreter sind sicher die kleinen GoTo Teleskope von Celestron und Meade, die man ab ca. 300 Euro kaufen kann. Die Preise steigen dann - je nach Teleskoptyp und -größe bis ungefähr 1.000 Euro an.

Diese Teleskope haben hohe Positionierungsgeschwindigkeiten von 4 bis 8 Grad pro Zeitsekunde und diese enorme Drehgeschwindigkeit wird über Servomotorantriebe realisiert (Servomotore sind Gleichstromangetriebe Motore, später dazu mehr).

Einen gravierenden Nachteil haben diese azimutalen Montierungen; sie sind nicht Astrofotografisch tauglich. Das liegt daran, dass bei dieser Art der Aufstellung und des Ausgleichs der Erddrehung das Teleskopbildfeld langsam (einmal in 24 Stunden) um den Bildmittelpunkt rotiert. Es gibt für einige große Hightech Azimutalmontierungen sogenannte Bildfeldrotoren (Meade), die die Kamera am Okularauszug in der entsprechenden Zeitrate drehen.

Aus diesem Grund werden azimutale Montierungen hauptsächlich für rein visuelle Beobachtungen eingesetzt. Ihr unbestreitbarer Vorteil ist: sie sind leicht, leicht transportabel und in Minutenschnelle auf- und ebenso schnell wieder abgebaut.

Übrigens sind alle modernen professionellen Großteleskope mit azimutalen Gabelmontierungen (und natürlich auch mit Bildfeldrotoren) ausgestattet. Anders sind die Teleskopgewichte von einigen Dutzend bis zu einigen Hundert Tonnen mechanisch nicht mehr handhabbar. An solche Montierungen werden enorme Genauigkeitsanforderungen gestellt. Bei Bildauflösungen die heute - in Zusammenarbeit mit entsprechender adaptiver Optik im 1/100 Bogensekundenbereich liegt - darf sich der Teleskoptubus oder die Achsen der Mechanik in diesem Auflösungsbereich nicht verbiegen oder verwinden. Der mechanische - und der elektronische Steueraufwand der hier betrieben wird, ist oft an der Grenze des technisch machbaren.