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Polarlichter (Aurora Borealis und Auroa australis)

von Wolfgang Paech

"...Ein sehr großes erschröckliches Wunderzeichen, so man im Jahr 1580, den 10. September in der Kaiserlichen Reichsstatt Augsburg nach Untergang der Sonne an dem Himmel gar eigentlich gesehen hat..."

So beschreibt ein Flugblatt aus dem Jahre 1580 eine Polarlichterscheinung über Süddeutschland. Polarlichterscheinungen sind in unseren Breiten überaus selten und so lösten sie Furcht und Schrecken aus (ähnlich wie Kometenerscheinungen), während Sie in den nordischen Ländern, häufig zu beobachten sind, und deshalb Eingang in viele Mythen und Sagen der Nordvölker (z.B. in der Isländischen Edda) fanden. Historische Beschreibungen zu Polarlichtern kann man fast 2.500 Jahre zurückverfolgen. Die älteste so glauben Fachleute ist im alten Testament (Buch des Ezechiel, 1. Kapitel, Vers. 4) zu finden: Dort steht:

"....Ich schaute und siehe ein Sturmwind kam von Norden und eine große Wolke, rings von Lichtglanz umgeben und loderndes Feuer und aus seinem Innern, aus der Mitte des Feuers, leuchtete es hervor, wie Glanzerz....." Diese Beschreibung, die ca. 580 vor Christi entstand, könnte durchaus die Beschreibung eines Polarlichtes sein.

Es gibt aber auch rund 2000 Jahre alte Beschreibungen aus Japan und China und auch Aristoteles hat sich mit Polarlichterscheinungen bereits auseinandergesetzt, obwohl diese im Mittelmeerraum noch viel seltener als z.B. in Norddeutschland sind.

Polarlichterscheinungen waren damals zwar beschreibbar, aber für die Menschen nicht erklärbar und wurden somit meist als Unglücksboten für große Katasrophen oder Dürreperioden gedeutet.

Die ersten wissenschaftlichen Deutungsversuche gehen etwa auf das Jahr 1716 auf den englischen Astronomen Edmond Halley zurück (Stichwort: Halleyscher Komet, erste Bahnberechnung einer Kometenbahn und Vorhersage des periodischen Erscheinen von Kometen). Halley hat selber Polarlichter nie gesehen, er soll dazu einmal gesagt haben: "... ich würde mein Leben geben, um einmal ein Polarlicht zu sehen und glaube nun sterben zu müssen, ohne es gesehen zu haben...." Halley vermutete durchaus richtig, dass Polarlichterscheinungen mit dem Erdmagnetfeld zusammenhängen.

Im Jahre 1741 liess der schwedische Physiker Celsius einen Assistenten ein ganzes Jahr lang die Stellung einer Kompassnadel beobachten und registrieren. Das Jahr hat 8760 Stunden und der Assistent brachte es immerhin auf 6500 Eintragungen! Die erfolgreichen Messungen zeigten deutlich einen Zusammenhang zwischen Änderungen des Erdmagnetfeldes und von Polarlichterscheinungen.

Auch "Allroundforscher" wie Humboldt und Gauß beschäftigten sich mit Polarlichtern. Allen war jedoch bei Ihren Theorien der Fehler gemein, dass Sie die eigentlichen Leuchterscheinungen als reflektiertes Sonnenlicht an Eiskristallen, Wolken oder "atmosphärischen Gasen" interpretierten.

Dies änderte sich erst im Jahre 1867 (die Spektralanalyse war erst kurz zuvor von Fraunhofer entdeckt worden). Der Schwede Angström konnte durch Spektralanalyse eines Polarlichtes nachweisen, dass Polarlichter selbstleuchtende und nicht lichtreflektierende Erscheinungen waren (Spektren von selbstleuchtenden Gasen unterscheiden sich deutlich von Spektren reflektiertem Licht). Somit schied reflektiertes Sonnenlicht als Ursache aus.

Bahnbrechend für die richtige Deutung von Polarlichtern waren um die Jahrhundertwende Arbeiten des Schwedischen Physikers Birkeland (Pioniere der Polarlichtforschung waren hauptsächlich Schweden, Finnen und Norweger. Wen wunderts, da in geographischen Breiten höher 70 Grad Polarlichter theoretisch in 365 Nächten im Jahr sichtbar sind).

Birkeland brachte eine Eisenkugel in ein luftleer gepumptes Gefäß, legte eine elektrische Spannung an die Kugel (simuliertes Stabmagnetfeld) und schoss Elektronen auf diese Kugel und konnte wunderbare Polarlichter simulieren.

Einer seiner Schüler, Carl Störmer, berechnete später die Flugbahn eines einzelnen Elektrons an einer Erdmagnetfeldlinie (dies dauerte damals 5000 Stunden, es gab ja noch keine Computer. Heute dauert so eine Rechnung weniger als 1/1000 Sekunde einschliesslich einer graphischen Darstellung auf dem Bildschirm). Somit war klar, wie Polarlichter entstehen aber es war völlig ungeklärt wo die Elektronen herkommen, die dann Polarlichter auslösen.

Erst in den 50 Jahren unseres Jahrhunderts wurde der sogenannte Sonnenwind theoretisch von Biermann und Parker vorhergesagt und in den 60er und 70er Jahren durch Satellitenmessungen dann auch gefunden und bis heute Gegenstand intensiver aktueller Forschung.

Jetzt war endgültig klar: Auslöser von Polarlichterscheinungen liegen in der Sonne und in Wechselwirkung mit dem Erdmagnetfeld begründet.

Der Sonnenwind ist ein kontinuierlicher Teilchenstrom aus Elektronen und Wasserstoffionen, der von der Sonne abgestrahlt wird. Diese Teilchen haben Durchschnittsreisegeschwindigkeiten von ca. 300 - 500 km/s und eine Reisezeit von der Sonne bis zur Erde von ca. 100 Stunden (4 Tage).

Die Intensität dieses Teilchenstromes ist enorm. Die Teilchendichte liegt im Durchschnitt pro cm2 und Sekunde bei ungefähr 100 Millionen Elektronen.

Die linke Graphik (Quelle: Verlag Spektrum der Wissenschaft) beschreibt, was passiert, wenn die Teilchen des Sonnenwindes auf das Erdmagnetfeld treffen: Dort wo die Elektronen auf die ersten Ausläufer des Erdmagnetfeldes treffen, bildet sich eine Schockfront und dieTeilchen werden abgebremst, haben aber immer noch enorme Geschwindigkeiten und verformen das Erdmagnetfeld auf der Sonnenzugewandten Seite. Auf der anderen Seite (Sonnenabgewand) wird das Magnetfeld wie eine flatternde Fahne im Wind.

Ein kleiner Anteil der Elektronen wird entlang der Magnetfeldlinien in die Plamaschicht "der Erdmagnetosphäre "eingesaugt" und von dort in die obersten Schichten der Erdatmosphäre geführt. Diese Plamaschicht ist an die Erde bei den geografischen + und - 70 Grad angekoppelt. Dies ist der Grund, warum Polarlichter gehäuft in diesen Breiten auftreten.

Was passiert nun dort? Die Elektronen (immer noch sehr schnell) stoßen dort mit Atomen der Atmosphäre regelrecht zusammen. Durch die hohe Energie dieser Stöße werden Elektronen von Sauerstoff und Stickstoffmolekülen auf weiter aussen liegende Bahnen um den Atomkern katapultiert. Fallen Sie wieder auf ihre ursprüngliche Bahn zurück, so geben sie dabei Lichtphotonen ab (Stichwort: Prinzip einer Neonröhre).

Die Farbe des Lichtes genauer die Wellenlänge ist dabei abhängig vom Element und der Höhenschicht der Erdatmoshäre in der die Zusammenstöße geschehen. Dabei leuchtet Sauerstoff rot und grün, Stickstoff dagegen leuchtet in blauer und violetter Farbe. Die Energie und damit die Lichtintensität von Sauerstoff ist wesentlich größer als die von Stickstoff, deshalb herrschen in Polarlichtern die Farben grün und rot vor. Blau und violett sind deutlich seltener.

Polarlichter entstehen in Höhen über dem Erdboden zwischen etwa 90 und 500km. Die blau/violetten leuchten bei ca. 90 - 100km, die roten bei ca. 120km und die grünen von 200 bis 500km Höhe.

Zu Zeiten der maximalen Sonnenaktivität (Stichwort: Sonnenfleckenzyklus) gibt es große Eruptionen. Dies können Sonnenflares, aber auch die koronalen Massenauswürfe sein. Diese beeinflussen natürlich den Sonnenwind. Der wird dann zu einem Sonnensturm mit Elektronenschwindigkeiten von weit über 1000km/s und Sturmböen, wie wir sie von den Luftstürmen in unserer Erdatmosphäre kennen. Sie lösen im Magnetfeld der Erde dann auch sogenannte Magnetische Stürme aus (Störungen im Funkverkehr, etc).

Diese Stürme lösen dann heftige Polarlichterscheinungen aus. Die Polarlichter sind heller als die der ruhigen Sonne und die Leuchterscheinungen sind nicht mehr statisch, sondern die Polarlichter flackern und wehen wie Vorhänge im Wind. Auch die Farbwechsel sind schnell und dramatisch. Hier spiegeln sich dann die Sonnenwindböen visuell wider.

Jetzt ist fast alles geklärt, bleibt noch die Frage warum Polarlichter nur im sogenannten Polarlichtoval am nördlichen und südlichen Pol der Erde sichtbar und in unseren Breiten so seltene Erscheinungen sind.

Zur räumliche Verteilung der Polarlichterscheinungen

Zuerst ist zu bemerken, dass die Pole der Erdrotationsachse und der Magnetpole nicht identisch sind (siehe Abbildung oben: Erdmagnetfeld). Die Elektronen des Sonnenwindes können nur in einem schmalen Bereich in Polnähe in die Atmosphäre eindringen, nämlich da, wo der Plasmaschweif mit der Erde verbunden ist. Diese Zone liegt bei ca. 65 - 75 Grad nördlicher und südlicher Breite (bei etwa 70 Grad stösst die Magnetfeldachse aus der Erdkugel).

In höhere Breiten zum Nord- und Südpol sind Polarlichter wieder seltener. Die Region höchster Polarlichtaktivität liegt annähernd kreisförmig um den geomagnetischen und nicht um den magnetischen Pol. Die magnetischen Feldlinien auf der Erde sind nicht völlig regelmäßig und werden durch eine sogenannte Multipolentwicklung berechnet. Durch Störungen im Erdinnern müssen Magnetfeldanteile höherer Ordnung berücksichtigt werden, was in der Praxis zu einem Offset zwischen magnetischem und geomagnetischen Pol führt. Der geomagnetische Nordpol liegt zur Zeit in der Thule-Region im Norden Grönlands und der magnetische Nordpol im arktischen Kanada.

Es braucht Sonnenstürme erheblicher Energie, um die Teilchen des Sonnenwindes bis in unsere Breiten zu tragen. Dann wird auch der Plamaschweifbereich der Erde ausgedehnt und Teilchen können auch in geringeren Breiten an den Feldlinien entlang eindringen.

Polarlichter in unseren mittleren Breiten gibt es im langjährigen Durchschnitt etwa einmal pro Jahr (Im Frühjahr 2000 spektakulär, diese waren bis Spanien zu sehen). In den Mittelmeerländern reduziert sich die Anzahl der Erscheinungen auf ca. ein Polarlicht alle 15 - 20 Jahre.

Abschliessen möchte ich den Polarlichtteil dieses Scriptes mit einem Bild, das zeigt, dass Polarlichter nicht nur ein irdisches Phänomen sind, sondern auch auf anderen Planeten mit Magnetfeldern und Gasatmosphären zu beobachten sind.