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Das Möhrenfernglas

von Dirk Mohlitz - www.mohlitz.homepage.eu

Susi war ein Hase. Also eigentlich eine Häsin. Und sie war kurzsichtig. Für Hasen eigentlich kein Problem, denn sie essen ab und zu Möhren, und die sind gut für die Augen. Aber Susi war so kurzsichtig, dass selbst ab und zu Möhren nicht helfen konnten. Deshalb hatte ihr der Hasenaugenarzt täglich Möhren und eine Brille verschrieben, damit sie die Möhren nebenan im Garten von Frau Kottmann besser sehen und finden konnte. Und diese Möhren waren die leckersten Möhren weit und breit. Frau Kottmann war jeden Tag im Garten und düngte ihre Möhren, zupfte alles nur erdenkliche Wildkraut penibel aus der Erde, versorgte sie mit Wasser und freute sich über die wachsende Pracht. Und Frau Kottmann war weitsichtig. Nicht nur deshalb, weil sie die Möhrenernte so gut vorbereitete, sondern auch, weil sie ohne Brille nichts mehr lesen konnte. Und deshalb hatte sie ihre Brille immer auf, wenn sie in den Garten ging, um ihre Möhren zu pflegen. Kein noch so kleines Steinchen entging ihrem Blick und jedes noch so kleine Kräutchen wurde ausgezupft.

Es war ein heier Sommertag. Frau Kottmann war gerade dabei, ihren Möhren mit der alten Zinkgießkanne Wasser zu geben. Susi konnte aus ihrem Versteck endlich genau sehen, was Frau Kottmann machte, weil auch sie ihre Brille aufhatte. Frau Kottmann schleppte eine Kanne nach der anderen herbei und schwitzte und stöhnte wegen der Hitze. Als alles gegossen war, nahm sie ihre Brille ab, wischte sich den Schweiß von der Stirn und ging ins Haus. Ihre Brille hatte sie auf der Gießkanne liegen gelassen und vergessen. Das alles beobachtete Susi aus ihrem Versteck und wartete noch zur Sicherheit, bis es dunkel wurde, um sich die vom Hasenaugenarzt verordneten Möhren zu holen.

Die Möhren schmeckten wunderbar und Susi dachte beim Möhrenkauen über ihre Brille nach. Wenn mehr Möhren helfen, dann könnten ja auch mehr Brillen helfen. Und Frau Kottmann hatte ihre Brille auf der Gießkanne liegen lassen. Susi kaute ihre Möhre kurz zu Ende, hoppelte zur Gießkanne, machte sich so groß, wie es eben ging und holte die Brille herunter. Es war ja schon dunkel, also konnte sie niemand bei dem kleinen Diebstahl beobachten. Die Brille von Frau Kottmann war natürlich für eine Häsin viel zu groß, also hielt sich Susi das Gestell erst mal einfach so vor die Augen. Was sie dann sah, verschlug ihr den Atem. Eine dunkle Riesenmöhre direkt vor ihr! Vor Schreck ließ sie das Gestell fallen. Alles war wieder normal. Sie hielt das Gestell noch ein Mal hoch. Wieder diese Riesenmöhre! Und wieder runter: Alles normal! Also musste die Riesenmöhre etwas mit der Brille von Frau Kottmann zu tun haben. Susi wusste nicht, dass die Brillengläser in dieser Kombination wie ein Fernglas wirken. Aber Susi war klar, dass alles, was sie jetzt durch die Brille von Frau Kottmann sehen würde, riesengroß wird. Sie schaute sich damit den Mond an und entdeckte auf ihm viele Hubbel und Löcher. Und sie konnte auch viel mehr Sterne sehen. Sie bog das Gestell so um, dass es ihr passte. Denn so war alles viel einfacher. Aber das Wichtigste war nach wie vor die Riesenmöhre. "Wenn ich eine so große Möhre am Tag esse, brauche ich bald keine Brille mehr!" Also setzte sie sich jeden Abend die Brille von Frau Kottmann auf, hoppelte in den Garten, knabberte eine Möhre und dachte: "Eines schönen Tages brauche ich das nicht mehr!".