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Ausdruck vom: Montag, der 18.03.2024

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Zum Geburtstag von Walter Baade

Ein Beitrag von von Gerda-Ilka Borgelt

Am 24. März vor 110 Jahren wurde einer der bedeutendsten Astrophysiker des vergangenen Jahrhunderts geboren, Walter Baade. Aus diesem Anlaß möchte der Verein "Sternfreunde Bad Salzuflen e. V." Baades astronomischen Werdegang in einem kleinen Buch vorstellen und seine hervorragenden Leistungen mit einer Gedenktafel würdigen.

Dieses soll - wenn alles gut geht - im Sommer 2003 geschehen. Mit dem folgenden Artikel möchten wir auf seine Persönlichkeit aufmerksam machen. Die Grabstätte von Walter Baade befindet sich in Bad Salzuflen. Seine außergewöhnliche Beobachtungsgabe und die daraus resultierenden bahnbrechenden Erkenntnisse werden wir hier nur andeuten.

Als Sohn eines Lehrers erblickte Walter Baade im Lehrerhaus der kleinen westfälischen Gemeinde Schröttinghausen bei Preußisch-Oldendorf als erstes von vier Geschwistern das Licht der Welt.

Von 1887-1901 führte der Vater Konrad Baade in der kleinen Dorfschule ein gerechtes aber auch strenges Regiment. Ein ehemaliger Schüler, Wilhelm Tegtmeier - später Schmiedemeister im Dorf - erinnerte sich schmunzelnd: "Den Hosenboden hat der alte Baade uns stark nachgesehen. Er war aber ein guter Mensch, und wenn er bei Schulentlassungen seine Ansprache hielt, dann kullerten uns allen die Tränen die Backen herunter. So herzlich waren seine Worte gemeint."

Als Spielgefährte Walter Baades erinnerte er sich auch an die vielen Nachmittage, an denen der sechsjährige Walter zum Spielen in die Schmiede kam.

Martin Baade über seinen Bruder: "Schon als kleiner Junge saß mein Bruder nachts im Wintermantel an seinem kleinen Fernrohr am offenen Schlafzimmerfenster und fror um seiner geliebten Wissenschaft halber, die mein Vater als brotlose Kunst erklärte."

Eine andere Spielgefährtin Baades, Frau Luise Clüsener geb. Hermjohannes, die ihre Kindheits- und Jugenderlebnisse in den 50er Jahren niederschrieb, erinnerte sich an eine lustige Begebenheit: "Da will ich auch eine Erinnerung mit einflechten, die die technische Entwicklung seit der Jahrhundertwende beleuchtet. Es muß um 1900 gewesen sein, wir spielten auf einem Haufen alten Bauholzes - Heinrich Treseler, Walter und Martin Baade, die beiden Lehrerjungens und ich, alle sechs- bis siebenjährig. Die Jungens waren tüchtige Kerle und ergingen sich in gewaltigen Prahlereien mir kleinem Mädchen gegenüber. So behaupteten sie z. B. wenn sie groß wären, bekämen sie ein Fahrrad "Flizzepee", wie es damals genannt wurde. Das war eine so gewaltige Behauptung, ungefähr, als wenn heute jemand sagen würde, ich fahre in den nächsten Jahren zum Mond. Die Jungens selber und auch ich glaubten das natürlich nicht ..." Wohl kaum jemand ahnte damals, dass der junge Baade eines Tages zu den größten Wissenschaftlern des 20sten Jahrhunderts gehören würde.

Die Familie siedelte 1901 nach Herford um. Dem Vater lag das Wohl seines Sohnes Walter sehr am Herzen, denn seine große Sorge galt der körperlichen Behinderung des Kindes. Walter litt seit seiner Geburt an eine Hüftgelenkserkrankung, die ihm das Gehen schwermachte.

Bestrebt nach einer guten Ausbildung des Sohnes, beantragte der Vater für sich eine Versetzung von Schröttinghausen nach Herford an eine der dortigen Volksschulen. Walter sollte die Möglichkeit haben, nach der vierjährigen Grundschulzeit das Herforder Friedrichs-Gymnasium zu besuchen, um später zu studieren. 1904 wechselte Walter die Schule.

Obwohl es nicht immer so aussah, begann von dort für ihn eine große Zukunft: "Deine mathematischen Kenntnisse sind so mangelhaft, daß es das Beste ist, du gehst von unserer Schule ab", sagte um das Jahr 1905 der Direktor des Herforder Friedrichs-Gymnasiums dem damaligen Quartaner Walter Baade.

Nachdem ihm Mathematik anfangs überhaupt nicht lag, ließ er den Kopf nicht hängen. Er nahm Nachhilfestunden im höheren Rechnen bei einem Volksschullehrer und ging in der Oberprima als Primus mit Auszeichnung in Mathematik aus dem Abitur hervor.

Die naturwissenschaftliche Begabung des Vaters und seine Weitervermittlung an den Sohn haben diesen bis in die Jugend begleitet und geprägt. Er förderte die kindliche Neugier mit entsprechender Literatur, wobei sich die Astronomie immer mehr durchsetzte.

In einem Brief schilderte Walter Baade, wie er mit kurzen Hosen schon zur Astronomie gekommen ist: " Die Geschichte begann für mich damit, daß mein Vater, als ich Obertertianer war, eines Tages ein Buch über die Astronomie mit nach Hause brachte. Ich blätterte darin herum und wurde so fasziniert von dem was es im Weltall gab, daß ich mich hinsetzte und das Buch in einem Rutsch von Anfang bis Ende durchlas. Seitdem wusste ich was ich wollte, aber mein Vater hatte seine liebe Not, mich in der Folgezeit mit immer neuen Büchern zu versorgen."

Wenige Jahre später erfüllte sich Walter Baade einen Lieblingswunsch: Mit durch Nachhilfe verdientem Geld kaufte er sich ein 3-zölliges Teleskop. Sein erstes Erlebnis hatte er mit dem Kometen "1910 a", den er nach eigener brieflicher Aussage am 27. Januar 1910 mit bloßem Auge beobachten konnte:

"Als mein Bruder am Abend dieses Tages von einem Bummel in der Stadt zurückkehrte, stürzte er in meine Bude mit dem Ruf: "Du, da steht ein großer Komet am Himmel!" Zunächst traute ich dem Schwindel nicht. Aber dann zogen wir doch los zur Werrebrücke von Eick, von der aus wir den Kometen in seiner ganzen Pracht bewundern konnten. Leider war er nur einen Abend lang zu sehen, da wir vorher und hinterher lange Perioden trüben Wetters hatten. Dies war wahrscheinlich auch der Grund, weshalb so wenig Leute den Kometen zu sehen bekamen, obwohl er eine sehr auffällige Erscheinung war."

Im selben Jahr wartete man voller Spannung und Furcht auf die Wiederkehr des Halleyschen Kometen - glaubte man doch, dass die Erde in der Nacht zum 20. Mai in den Sog des Schweifes geraten könnte.

Auch Baade, mit 17 Jahren schon recht geübt in der Beobachtung, nahm an der Erscheinung lebhaften Anteil. Allerdings war der Komet wegen seiner ungünstigen Lage längst nicht so beeindruckend wie der im Januar aufgetauchte "Vagabund". Er schrieb dazu folgendes: "Da ich ein dreizölliges Fernrohr besaß, suchte ich den Kometen an mehreren Abenden auf und zeigte ihn auch Freunden und Nachbarn. In der lichten Dämmerung war nur der Kometenkopf als schwach schimmerndes Wölkchen zu sehen, und ich glaube, meine Mutter drückte die allgemeine Volksstimmung aus, als sie erklärte: "Und für solche Geschichten gibt der Bengel sein Geld aus!" Ich hatte mir im Jahre vorher das Geld für das Fernrohr mit Nachhilfestunden verdient."

Baades frühes und ernsthaftes Interesse an der Erforschung des Universums war für viele seiner Wegbegleiter ungewöhnlich. Mit großem Vergnügen nahm er die Verwunderung zur Kenntnis, die er mit seinem Berufswunsch bei anderen erweckte: "Als ich später beim Abitur erklärte, daß ich Astronomie studieren wollte, gab es im Kollegium allgemeines Kopfschütteln, und man schrieb vorsichtigerweise in mein Abgangszeugnis: Er verläßt die Schule, um Mathematik zu studieren. Nun, ich habe meinen Entschluß, Astronomie zu studieren, nie bereut."

Nachdem Baade 1912 seine Reifeprüfung ablegte, studierte er in Münster und Göttingen Theologie, Mathematik, Physik, Geophysik und Astronomie. In dem Fach Theologie hatte er sich nachweislich aber nie eingeschrieben. Zur Beruhigung des Vaters, der die Astronomie zwar förderte, den Beruf aber zur "brotlosen Kunst" erklärte, hielt Baade diese Version aufrecht.

1919 promovierte er in Göttingen und habilitierte schließlich 1929 während seiner Arbeit an der Sternwarte Hamburg-Bergedorf. Dort lernte er auch Johanna Bohlmann, eine Mitarbeiterin der Sternwarte, kennen. Sie heirateten ebenfalls im Jahr ' 29.

Ob in der Praxis oder in der Theorie, kein astronomisches Problem war für ihn so schwierig, dass er davor zurück scheute. Baade lebte für die Astronomie. Mit einem meisterlichen Geschick bediente und beherrschte er die größten Teleskope der Welt. Bei der Erforschung unserer Milchstraße gelang es ihm, im Zentralgebiet der Galaxis ein Feld auszumachen, das frei von interstellarem Staub ist: das sogenannte Baade- Fenster (Baade's Window). Hier war ihm eine ungestörte Beobachtung und Messung möglich. Mit Hilfe der in großer Anzahl vorkommenden veränderlichen Sterne (RR Lyrae), konnte er die genaue Entfernung unseres Sonnensystems zum galaktischen Zentrum und damit die genaue Größe unserer Galaxis bestimmen.

Ähnlich bedeutend waren seine Arbeiten über veränderliche Sterne an Kugelsternhaufen, insbesondere M 53. Baade gelang es auch, die Existenz isolierter Sterne im galaktischen Halo, d. h. weit außerhalb der Milchstraßenebene, nachzuweisen.

1931 folgte er dem Ruf nach Kalifornien. Mit den damals größten Teleskopen in den Mount Wilson- und Mount Palomar-Observatorien nahm Baade Beobachtungen an Cepheiden vor. Mit ihnen gelang es ihm, die Entfernungen zwischen den Galaxien neu zu bestimmen und damit die Größenskala des Universums zu verdoppeln.

Wie er dieses Geschehen dem Laien deutlich machte, schildern folgende Zeilen: "Stellen Sie sich meinetwegen unter der Expansion des Weltraums das Aufgehen eines Kuchens vor, der mit Rosinen gespickt ist!" Und dann schilderte er bildhaft: "Jede Rosine bedeutet eine Milchstraße, und es dehnen sich nicht die Rosinen, sondern es dehnt sich der Kuchenteig zwischen ihnen aus; es vergrößern sich also nicht die Entfernungen innerhalb der Milchstraßen, sondern nur der Raum zwischen ihnen erweitert sich."

Wunsch und ehrgeiziges Ziel seiner Forschung war die Auflösung des Kerns der Andromeda-Galaxie und ihrer beiden Begleiter NGC 205 und 221. Dies gelang ihm 1944 im kriegsbedingt verdunkelten Los Angeles. Baade, als Deutscher formal interniert, durfte seine Arbeiten ungestört fortsetzen. Durch seine Untersuchungen an Sternen in den Spiralarmen und im Kern der Galaxie, führte er erstmals den Begriff der Sternpopulationen I und II ein.

Durch seine Arbeiten zu großem Ruhm erlangt, bemühten sich Direktoren von Universitäten und Sternwarten aus aller Welt, diesen großartigen Forscher für sich zu gewinnen. Prof. Dr. Walter Baade war bekannt für mitreißende und anspruchsvolle Vorlesungen, die er sehr lebhaft vortrug. Seine besondere Gabe war, diese so zu vermitteln, dass sie auch für interessierte Laien verständlich waren.

Baade, der sich mit "Leib und Seele" der Astronomie zugewandt hatte, war dieser mit großer Liebe zugetan. Aus tiefster Überzeugung zu einem Beruf, der für ihn nicht faszinierender sein konnte, gelang es ihm, die größten Teleskope der Welt meisterhaft zu beherrschen. Aus dieser Beobachtungsgabe heraus ist es ihm ein Bedürfnis gewesen, Freunde und Familie mit seinem Zitat "Wer einmal bewußt in den Kosmos schaut, muß bescheiden werden und erkennen, daß er nur ein Staubkorn ist", die ungeheure Dimension des Universums verständlich zu machen.

1958 emeritiert, zog es ihn nach mehreren Monaten Aufenthalt in Australien zurück in seine westfälische Heimat. Als er 1959 mit seiner Frau Johanna nach Bad Salzuflen zog und gesundheitlich sehr angegriffen war, ahnte er nichts von seinem frühen Tod. Stattdessen schmiedete er noch große Pläne für die Zukunft. Die Förderung junger Studenten lag ihm besonders am Herzen. Die ihm angetragene Gauß-Professur in Göttingen konnte er nur noch eingeschränkt antreten. Mit großer Freude hatte er im Jahr '58 auf diese Einladung reagiert - waren doch die Erinnerungen an "seine" Studentenstadt und die dort verbrachte Zeit noch sehr lebhaft im Gedächtnis. 1960 verstarb er wenige Monate nach einer schweren Operation in der Göttinger Uni-Klinik. Auf dem Friedhof am Obernberg in Bad Salzuflen fand er seine letzte Ruhe.

Zum Schluss möchte ich noch einige Erinnerungen und Zitate von Menschen aufführen, die Walter Baade im Laufe ihres Lebens kennen und schätzen gelernt haben

Prof. Dr. Fillies, ein Schulfreund Baades:

"Weil diese Zeilen mehr aus dem menschlichen als aus dem wissenschaftlichen Wissen um ihn gemeint sind, mag hier nur so viel über seine Forschungen gesagt sein, daß Walter Baade begeistert und begeisternd an dem Aufstieg der Astronomie während des vergangenen halben Jahrhunderts und an der friedlichen Erschließung des Weltraums teilgenommen hat. Sein scharfer Verstand hinter den verfeinerten Teleskopen hat wesentliche und sogar einzigartige neue Erkenntnisse beigetragen und ihm einen gültigen Namen in der Wissenschaft eingebracht, ohne daß er, schlicht, sachlich und verbindlich, das je hervorkehrte.

Vor allem hat er sich besondere Verdienste durch seine Arbeiten über die Struktur der Milchstraße und der Spiralnebel erworben, die er als "Weltrauminseln", auflösbar in einzelne Sterngruppen, erkannte."

"1939 sprach mein Bruder an der Sorbonne in Paris zum ersten Male über die Atomzertrümmerung in der Sonne und drang darauf, die Atomwissenschaft in einem Kriege nicht einzusetzen ... " ( Martin Baade)

Bei der Verleihung des Ehrendoktors in Hamburg traf Prof. Dr. W. Priester auf Walter Baade:

" Zum Schluß sei eine Äußerung Baades wiedergegeben, die vielleicht typisch ist für sein offenherziges Wesen. Er sagte, als ich ihm gratulierte: "Das kommt jetzt alles auf einmal; mehr verteilt wäre besser gewesen. Vor 20 oder 30 Jahren hätte ich mich so richtig darüber gefreut."

W. Priester später in: "Erinnerungen an einen bedeutenden Wissenschaftler unserer Zeit", zum 100. Geburtstag von Walter Baade am 24. 03. 1993:

"Auf einem Ferienkurs für jüngere Astronomen, der im Juli/August 1960 in Holland stattfand, wollte er einige der Hauptreferate übernehmen. Der Tod durchkreuzte diesen Plan. Die volle Bedeutung seiner Lebensarbeit wird vielleicht erst in der Zukunft erkannt. Er verstand es, seine großen Kenntnisse und schwierigen Probleme so einfach darzustellen, daß sie auch dem Laien verständlich wurden.Sagt man von Kopernikus, daß er die Erde aus dem Mittelpunkt der Welt geworfen habe, so kann man von Walter Baade sagen, daß er den Durchmesser des erforschbaren Weltalls verdoppelt habe. Die Vereinigung der ehemaligen Schüler des Friedrichsgymnasiums (Friederizianer) verlor mit Walter Baade ein Mitglied, das in der wissenschaftlichen Welt hohes Ansehen genoß und bei den jüngeren Astronomen in allen Ländern der Erde sehr verehrt wurde, und wegen seiner subtilen und geistvollen Arbeitsweise als nachahmenswertes Vorbild galt. Leider nahm er viel von seinen letzten Erkenntnissen und Erfahrungen mit ins Grab."

"Baades Entdeckung," so sagte der Astronom Edwin P. Hubble, " ist der bedeutendste Beitrag in den letzten zehn Jahren für unser Wissen über die Zusammenhänge des Universums. Sie wirkt geradezu revolutionierend auf unsere bisherige Vorstellung von der Zusammensetzung der Nebel, und ich bin davon überzeugt, daß diese Entdeckung sich als ein bedeutendes Werkzeug für unser Studium des Weltalls auswirken wird."

Aus einem Gespräch mit Prof. Dr. Alfred Behr aus Göttingen im Sommer 2002:

" ... nach dem Krieg sind wir mit Baade nochmal zusammengetroffen. Ich weiß, dass er mich inzwischen wieder aus dem Gedächtnis gestrichen hatte, aber 1951 hatten wir wieder miteinander diskutiert. Dann kam die große Einweihung des Hamburger Schmidt-Spiegels. Dieser Hamburger Schmidtspiegel war ja auch Grund von langen Diskussionen, der ihm schließlich bewilligt wurde, damit er wieder nach Hamburg zurückkommt. Aber er hat's natürlich inzwischen in Amerika viel besser gehabt und ist dann doch dort geblieben. Und am Schönsten war, wie er -1956 war es - im August zur Einweihung des großen Hamburger Schmidt-Spiegels, eine Rede hielt. Damals war man sehr steif, und er war der Festredner. Er kam in einem schwarzen Anzug an und es war entsetzlich heiß. In einem typischen Wagnis, er war nämlich sehr lebhaft, zeigte er ein besonderes dunkles Dia. Als man dann nur noch das Dia sehen konnte, nichts anderes, zog er klammheimlich seinen Rock aus und trug dann in Hemd und Hose weiter vor. Heute würde man da gar nichts bei finden, aber damals als Festredner bei einer solchen feierlichen Angelegenheit ... Baade hatte auch die europäischen Astronomen endlich mal aufgerüttelt aus ihrem Schlaf : "Ihr müsst, wenn ihr was weitermachen und gegen die Amerikaner bestehen wollt, ein eigenes Observatorium im südlichen Klima haben." Damit hat er damals die Anregung gegeben, die europäische Südsternwarte aufzumachen ..."

(Prof. Dr. Alfred Behr hatte Walter Baade in den letzten Lebensmonaten fast täglich in der Klinik besucht.)

Prof. Dr. Reinhold Stechemesser aus Lemgo, ehemals Physikstudent im Wintersemester 59/60 in Göttingen:

"... damals war Baade als Gauß-Professor eingeladen worden ... Baade trat locker auf, manchmal ohne Sakko. Das war damals in deutschen Universitäten noch nicht üblich. Es gab Gemurmel, als Friedrich Hund, der theoretische Physiker, zu Beginn der Pause in den kleinen Hörsaal kam und sich die Herren mit "Fritz" und "Walter" erfreut begrüßten.

Die Attraktion der Baadeschen Vorlesung waren die Aufnahmen, die er und seine Mitarbeiter am Mount-Palomar-Teleskop gemacht hatten. Er projizierte sie als Schwarz-Weiß-Negative. Ich erinnere mich, daß es gerade gelungen war, im Andromeda-Nebel Einzelsterne aufzulösen. Es gab auch eine Montage mit einem Rundum-Blick auf die Milchstraße.

Eines Tages kam Baade in die Vorlesung und verkündete, daß das Weltall über Nacht doppelt so groß geworden sei. Dann erläuterte er: Eine Mitarbeiterin vom Mount Palomar habe ihn angerufen (aus Amerika! Schon das war damals etwas besonderes). Sie hatte gerade eine Untersuchung der Delta-Cepheiden in der Andromeda abgeschlossen und gefunden, daß sie etwa doppelt so weit entfernt seien als bisher angenommen. Da sie als Maßstäbe verwendet werden, seien damit alle Entfernungen zu verdoppeln ...

Prof. Dr. Schmidt-Kaler in einem Schreiben an den Großneffen von Walter Baade:

"Ich bin der Meinung, daß Walter Baade der bedeutendste und wirkungsmächtigste beobachtende Astronom der Jahrzehnte 1930-55 gewesen ist, weltweit."

... und später in einem Gespräch: " Walter Baade war ein Mensch, der mit seiner Begeisterung für die Astronomie und den daraus resultierenden Ideen förmlich übersprudelte. Wenn er erzählte oder diskutierte, tat er das mit einer für ihn typischen, überwältigenden und überzeugenden Lebhaftigkeit - gepaart mit Witz und Charme. Er war ein Freund guter Anekdoten und besaß die Fähigkeit, diese in einer humorvollen Weise zu vermitteln."

Dr. Donald Osterbrock vom Lick-Observatorium in Kalifornien: " Sie fragen, was für ein Mensch Baade war, das kann ich leicht beantworten - er war ein sehr netter Mensch! Beide seiner Professoren in Göttingen, Ambronn und Hartmann, hatten genau diese Worte an Prof. Schorr in Hamburg geschrieben. Außerdem kenne ich Briefe von jungen deutschen Astronomen, die Baade in Amerika begegnet sind, in denen sie diese Worte verwendet haben! Er war sehr freundlich und gesprächig. Jedermann hatte ihn gern. Er hat die Astronomie sehr geliebt, insbesondere den Gedankenaustausch mit seinen Kollegen. Das war "reiner Spaß" für Baade!"

Katherina Kron, Sedona/ Arizona in einem Brief vom 10. März 2003: " ... Baade hatte außerhalb seiner wunderbaren Astronomie keine weiteren Interessen ..."

Ein Auszug aus einem Brief vom 20.12.02 von George Herbig, University of Hawaii at Manoa, Institute for Astronomy:

" ... Donald Osterbrock hat mir von Ihrem Plan, dass Grab von Walter Baade angemessen zu kennzeichnen, erzählt. Ich denke, dies ist eine wirklich gute Idee, und daher möchte ich für diesen Zweck ein wenig Geld beisteuern (ein Scheck über 250 Euro ist beigefügt). Vor über 20 Jahren haben meine Frau und ich Bad Salzuflen besucht, wir haben das Grab auch gefunden und dort Blumen niedergelegt mit dem Vermerk:" Von den Astronomen des Lick-Observatoriums" (ich war zu dieser Zeit dort Mitarbeiter).Ich habe Walter Baade recht gut gekannt in den späten 40er und in den 50er Jahren. Ich habe ihn gelegentlich in seinem Büro in Pasadena (Kalifornien) besucht und danach einen Briefwechsel geführt. Ich habe ihn sehr bewundert, nicht nur für sein großartiges astronomisches Wissen, sondern auch für seinen Großmut bezüglich seiner Ideen und Beobachtungen. Er war in keiner Weise egoistisch: Er war nicht interessiert daran, wer Fördergelder bekam, nur daran, dass die Astronomie so schnell wie möglich Fortschritte machte. Er hat mich sehr beeinflusst, als ich meine eigene Karriere startete ..."

Mit den besten Wünschen und alles Gute für Ihr Baade-Projekt
George Herbig

Die Sternfreunde Bad Salzuflen e. V. werden am 24. März  zum Gedenken an Prof. Dr. Walter Baade einen Kranz an seinem Grab niederlegen.Für die Monate Juni/Juli planen sie mit einer kleinen Feierstunde, zu der auch Gäste aus dem In- und Ausland eingeladen werden, die Enthüllung der Gedenktafel. Diese soll auf die Verdienste Walter Baades hinweisen.

In diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, dass der Erhalt der Grabstätte - die nach 40 Jahren Pachtzeit eingeebnet werden sollte - dem Betreiben folgender Herren zu verdanken ist: Prof. Dr. Th. Schmidt-Kaler, Prof. Dr. W. Pfau, Prof. Dr. R. Kraft und Prof. Dr. D. Osterbrock. Die Stadt Bad Salzuflen reagierte auf den Wunsch und richtete das Grab zu einem Ehrengrab ein. Eine Textplatte soll nun zu dem schon dort befindlichen Grabstein aufgestellt werden.

Die Herstellung der Skulptur und der dazu gehörenden Textplatte ist mit hohen Kosten verbunden. Wer die Sternfreunde bei diesem Projekt unterstützen möchte, kann dieses mit einer kleinen Spende tun. Die Bankverbindung ist: Sternfreunde Bad Salzuflen e. V. Sparkasse Lemgo in Bad Salzuflen Kto.-Nr.: 45351 BLZ: 49451210. Verwendungszweck: Gedenkstein Baade

Selbstverständlich ist die Spende steuerlich absetzbar und wird auf Wunsch quittiert.
Ilka Borgelt, Vorsitzender der Sternfreunde Bad Salzuflen e.V.

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