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Planeten-Billard: Mehrere Stöße lassen Uranus rollen

Erstellt von: Dr. Rainer Kayser | | Forschung und neue Erkenntnisse

Der Planet Uranus ist in seiner Entstehungsphase mit mehreren planetengroßen Himmelskörpern zusammengestoßen. Zu diesem Schluss kommt ein internationales Forscherteam auf der Basis von Computersimulationen. Nur auf diese Weise lassen sich sowohl die ungewöhnliche Rotation des siebten Planeten - er rollt gewissermaßen auf seiner Umlaufbahn - und zugleich die Orbits seiner Monde erklären. Die Wissenschaftler präsentierten ihre Berechnungen auf einer Fachtagung für Planetenforschung im französischen Nantes.

"Es ist uns gelungen zu zeigen, dass ein Kollisions-Szenario nicht im Widerspruch zu den äquatorialen Umlaufbahnen der Monde von Uranus steht", erklären Alessandro Morbidelli vom Observatoire de la Côte d'Azur in Nizza und seine Kollegen. Während bei allen anderen Planeten im Sonnensystem die Rotationsachse nur leicht gekippt ist - um 23 Grad beispielsweise bei der Erde -, liegt die Achse bei Uranus nahezu in der Bahnebene. Ein Zusammenstoß mit einem anderen größeren Himmelskörper hat die Rotationsachse gekippt, so die bisherige Standard-Erklärung. Das Problem: Uranus besitzt fünf große Monde, die in der Äquatorebene des Planeten kreisen. Bei einer Kollision sollten die Monde jedoch ihre angestammten Bahnen beibehalten, müssten sich also weiter in der ursprünglichen Äquatorebene des Planeten bewegen.

Morbidelli und seinem Team ist es gelungen, dieses Problem zu lösen. Die Kollision muss, so zeigen die Simulationen der Forscher, in der Entstehungsphase des Planeten stattfinden, zu einer Zeit, als Uranus noch von einer Scheibe aus Gas und Staub umgeben war, in der sich erst später die Monde gebildet haben. Dann nämlich dreht sich diese Scheibe in die neue Äquatorebene hinein und damit liegen später auch die Bahnen der Monde dort, wo sie heute beobachtet werden.

Zur Überraschung von Morbidelli und seinen Kollegen waren die Umlaufbahnen der Monde nun aber retrograd, also entgegen der heutigen Bewegungsrichtung. Weitere Simulationen zeigten dann, dass sich die normale Bewegungsrichtung erhalten lässt, wenn der junge Uranus nicht mit einem einzigen planetengroßen Körper zusammengestoßen ist, sondern mindestens zwei Kollisionen erlitten hat. Dieses Ergebnis wirft auch ein neues Licht auf die allgemeine Theorie der Planetenentstehung. Bislang gingen die Astronomen davon aus, dass Kollisionen mit planetengroßen Körpern sehr selten waren. "Die Tatsache, dass Uranus mindestens zweimal getroffen wurde, zeigt uns, dass solche Kollision typisch für die Entstehung der großen Planeten waren", stellt Morbidelli fest. "Die Standardtheorie muss also in diesem Punkt revidiert werden."

Quelle: meetingorganizer.copernicus.org/EPSC-DPS2011/EPSC-DPS2011-54.pdf