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Sternbild Kleiner Bär (lat. Ursa Minor)

Lage, Größe und Sichtbarkeit

Das Sternbild Kleiner Bär ist, wie sein Name schon verrät, ein kleines Sternbild. Es liegt am nördlichen Sternhimmel zwischen den drei Sternbildern Cepheus, Giraffe und Drache. In der Liste der 88 offiziellen Sternbilder nimmt das Sternbild Kleiner Bär die 56. Position ein. Das Sternbild ist nicht sehr auffällig, am aufgehellten Stadthimmel sind in der Regel nur der Polarstern (Alpha), und die beiden Sterne Kochab (Beta) und Phercad (Gamma) zu sehen. Am dunklen Landhimmel sind in der Regel auch die schwachen Sterne des Kleinen Bären deutlich sichtbar.
In dem Sternbild bilden die vier Sterne Kochab, Phercad, Zeta und Eta einen rechteckigen Kasten, an dem eine lange, nach oben gebogene Kette aus den Sternen Epsilon, Delta und dem Polarstern hängt. Da die Anordnung seiner Sterne an die t mit des Großen Wagens erinnert, nennt man das Sternbild Kleiner Bär volkstümlich auch den „Kleinen Wagen“.

Geschichte und Mythologie

Das Sternbild Kleiner Bär ist schon seit der frühen Antike bekannt. Um 600 v. Chr. führte es der Mathematiker und Astronom Thales von Milet in die Astronomie ein. Er hatte das Sternbild von den Phöniziern übernommen, die es zum Navigieren auf dem offenen Meer benutzten. Der hellste Stern des Sternbilds ist der Polarstern, daher kann des Nachts jeder, der den Polarstern kennt, mit einem Blick zum Himmel sehen, in welcher Richtung Norden ist.
Zum Sternbild Kleiner Bär gibt es mehrere Geschichten. Eine davon liefert eine Erklärung, wie es dazu kam, dass der Kleine Bär gemeinsam mit dem Großen Bären die einzigen Bären im Universum sind, die lange Schwänze haben. Erklärt wird dies mit einer Episode aus dem wild bewegten Liebesleben des Zeus. Der hatte die schöne Callisto verführt, eine Priesterin der Artemis. Callisto wurde dadurch schwanger und gebar ein Söhnchen namens Arkas. Das hatte zur Folge, dass Artemis die Callisto wegen nachgewiesener Unkeuschheit aus dem Tempel verbannte und Callisto ihr Priesteramt verlor. Das kam Hera, der Gattin des Zeus zu Ohren, und Hera begriff sehr schnell, dass ihr Göttergatte der Vater dieses kleinen Arkas war. Daher versuchte sie, Callisto und ihrem Kind zu schaden. Zeus versuchte seine Callisto und Arkas vor der eifersüchtigen Hera zu verbergen, indem er die beiden in eine Bärin mit ihrem Bärenjungen verwandelte und sie im Wald versteckt hielt. Doch Hera kam seinem Treiben bald auf die Schliche, und so packte Zeus in seiner Not seine in eine Bärin verwandelte Geliebte Callisto an deren Bärenschwanz und schleuderte sie mit seiner gewaltigen Götterkraft so hoch in den Himmel hinauf, dass sie oben blieb und so vor Heras Rachsucht sicher war. Bei diesem Kraftakt wurde der Schwanz jedoch erheblich in die Länge gezogen. Auch den kleinen Arkas brachte Zeus auf diese Weise am Himmel in Sicherheit, und auch dessen Schwanz nahm dabei sehr an Länge zu. Seitdem findet man die beiden Bären dort als Sternbilder Großer Bär und Kleiner Bär.
Diese reizvolle Geschichte passt aber nicht ganz zum lateinischen Name des Kleinen Bären: „Ursa Minor“. Auf Deutsch übersetzt heißt das “kleinere Bärin“: Der Kleine Bär ist gar kein Bärenjunge, sondern ein Bärenmädchen.
Bis weit ins 18. Jahrhundert nannte man in England den Polarstern „Cynosure“. Dieser Name leitet sich vom griechischen „cynosura“ ab, und das bedeutet „Hundeschwanz“. Der Sage nach war Cynosura  eine Nymphe, die auf dem Berg Ida lebte und dort den kleinen Zeus versorgte. Als Zeus erwachsen war, versetzte er Cynosura zum Dank als Sternbild an den Himmel.
Der Schwanz des Kleinen Bären trägt an seiner Spitze den Polarstern. Als während der Antike der Himmelspol aufgrund der Präzessionsbewegung der Erdachse allmählich im weiter in das Sternbild Kleiner Bär wanderte und sich dort im Laufe der Jahrhunderte dem „Cynosure-Stern“ näherte, bekam das Sternbild durch die neue Funktion seines Cynosure-Sterns als Polarstern eine besondere Bedeutung, die es bis heute hat und die es noch in vielen Jahrhunderten haben wird.

Markante Sterne

Der 2,0m helle Polarstern ist der hellste Stern im Sternbild Kleiner Bär. Unter den hellsten Sternen des Himmels steht der Polarstern lediglich an der 47sten Stelle. Er ist ein Veränderlicher Stern der Spektralklasse F7 aus der Klasse der Cepheiden, seine Pulsationsfrequenz beträgt 3,9696 Tage, wobei seine Helligkeit derzeit nur noch um 0,01m schwankt. Der Polarstern leuchtet mit 5000 Sonnenleuchtkräften, seine Entfernung von uns beträgt ca. 400 Lichtjahre.
Der Polarstern ist außerdem auch ein Doppelstern, sein bläulicher Begleiter steht in einem Winkelabstand von 18 Bogensekunden und hat eine Helligkeit von 8,6m. Die beiden Sterne bewegen sich miteinander mit der gleichen Geschwindigkeit und die gleiche Richtung durchs Weltall, und zwar mit einem gegenseitigen Abstand von ca. 300 Milliarden Kilometern. Spektroskopische Messungen haben außerdem ergeben, dass der Polarstern einen noch engeren Begleiter hat, der ihn alle 30,5 Jahre einmal umrundet.
Im Fernglas erkennt man dicht beim Polarstern einen Ring aus schwachen Sternen, auf welchem der Polarstern wie ein einzelner Edelstein leuchtet. Diese Sterne stehen nicht beim Polarstern, sondern stehen am Himmel zum großen Teil weit hinter ihm.
Der Polarstern befindet nicht genau am nördlichen Himmelspol, sondern hat davon zurzeit einen Abstand von ca. 1°, was am Himmel ungefähr zwei Vollmonddurchmessern entspricht. Aufgrund der Präzessionsbewegung der Erdachse rückt der Himmelspol aber von Jahr zu Jahr näher an den Polarstern heran. Im Jahre 2102 wird der Abstand zum Pol auf 27 Bogenminuten schrumpfen, danach wandert der Himmelspol langsam wieder vom Polarstern weg und wird in einigen Jahrhunderten in das Sternbild Cepheus eintreten.
Der 2,1m helle Stern Kochab (Beta) erscheint uns kaum webiger hell als der Polarstern, er ist aber kühler, näher und röter. Kochab ist ein Roter Riese mit 160 Sonnenleuchtkräften, 100 Lichtjahre von uns entfernt. Vor 3000 Jahren hatte Kochab die Funktion des Polarsterns.
Pherkad (Gamma) ist ein 3,0m heller weißer Riesenstern der Spektralklasse A3. Pherkad liegt in 270 Lichtjahren Entfernung, hat ca. 330 Sonnenleuchtkräfte und ist ein Veränderlicher Stern, dessen Helligkeit innerhalb weniger Stunden unregelmäßig um ca. 0,1m schwanken kann.

Über den Autor Günther Bendt

Günther Bendt ist Jahrgang 1951, Diplompädagoge und Ingenieur für Physikalische/Biomedizinische Technik. Er arbeitete in internationalen Unternehmen der Medizintechnik und war zuletzt mehrere Jahrzehnte Technischer Redakteur in einem Telekommunikationsunternehmen. Seit dem Sommer 2016 ist er im Ruhestand.

Als Kind beobachtete er zufällig eine Mondfinsternis, dieses Erlebnis weckte sein Interesse an der Astronomie. Seit 1997 macht er Führungen für Besuchergruppen der Volksternwarte Aachen. Er ist aktives Mitglied im Arbeitskreis Astronomie der Sternwarte. Seit 2000 wartet er die technische Ausstattung der Sternwarte.

Bei Astronomie.de erstellt er seit 2004 u. a. die monatliche Himmelsvorschau. Seit 2008 präsentiert er im Arbeitskreis Astronomie seine monatlichen „Neuigkeiten aus der Astronomie“.

Als astronomischer Betreuer hat Günther Bendt seit 2009 diverse Reisegruppen für Astronomie.de und für andere Veranstalter auf Sonnenfinsternisreisen nach China und Australien, zum Venustransit auf Island sowie zu diversen Polarlichtbeobachtungen im winterlichen Lappland begleitet. Er war bei fünf Reisen zum Nordkap auf einem Expeditionsschiff Kreuzfahrt-Lektor für Astronomie und Polarlicht. Auf fünf Kontinenten hat er bislang acht Totale Sonnenfinsternisse erlebt.