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39. Woche - Die Dunkelwolken um LDN 984 im Cygnus

Fotografiert von: Arno Rottal | | Astrofoto der Woche

Der Schwan ist als Milchstraßensternbild reich an interstellarer Materie. Dazu zählen dann auch die dunklen Staubwolken, die sich gerade in der Region um den galaktischen Äquator häufen. Das aktuelle AdW (Bildfeld 2,5° x 1,9°, Norden links und Osten unten) zeigt etwas rechts oberhalb der Bildmitte die Dunkelwolke LDN 984 aus dem Katalog von Beverly T. Lynds. Auch wenn der Katalog jetzt bereits 54 Jahre alt wird - die dort aufgelisteten Dunkelwolken haben nichts von ihrer astronomischen Aussagekraft verloren. Schaut man sich das AdW genauer an, so stellt man fest: Die Dunkelwolken besitzen gerade im oberen Bildbereich noch eingelagerte, viel dunklere Stränge.

Für das Verständnis des nachfolgenden Textes bitte das Bild herunterladen und dann separat anschauen. Erst wenn ins Bild hineingezoomt wird, treten einige Details deutlich hervor, die nun besprochen werden. Zunächst finden sich inmitten von LDN 984 drei kleine, aber interessante Nebelchen. Es handelt sich um die Reflexionsnebel DG 169, DG 170 und DG 171 aus dem Katalog von Dorschner & Gürtler (1963). DG 169 bei den Pixelkoordinaten 2003/959 ist sehr blau und recht diffus, er enthält einen 11,5 mag hellen A-Stern. DG 170 liegt bei 1963/1146. Der beleuchtende Stern ist ein blauer B9-Typ von 12,6 mag, jedoch erscheint der Stern gelb, weil er nämlich in seiner Hülle Hα-Emission aufweist. DG 171 schließlich zieht sich bei 2132/1177 um einen 10,4 mag hellen blauen B8-Stern. Und auch Herbig-Haro-Objekte stecken in LDN 984. Als hellstes Beispiel sehen wir den 30“ langen, gekrümmten Bogen etwa 280 Pixel südwestlich (also rechts oberhalb) von DG 169. Er wird bezeichnet als HH 1050 F mit dem Emissionsbogen MHO 958 (J. Walawender et al. 2013).

Das gesamte Bildfeld ist von schwach leuchtenden roten Emissionsnebeln durchzogen. Am auffälligsten ist die 25' ausgedehnte HII-Region bei 1120/1580. Weiterhin fällt ein kleiner runder roter Nebel auf, einem PN nicht unähnlich bei 2746/1439. Dies ist die HII-Region SH 2-121 mit immerhin 80" scheinbarem Durchmesser. Was das AdW wegen der kurzen Brennweite nicht zeigt: Sh2-121 besitzt eine fragmentierte Schalenstruktur, dazu einen zentralen O-Stern. Das wäre doch einmal etwas für längere Brennweiten!

Interessantestes Detail dürfte das Objekt V1331 Cygni sein (1815/553). Hier haben wir einen ehemaligen Veränderlichen des Typs FU Orionis vor uns. Momentan jedoch befindet sich der sehr junge 12-mag-Stern in einer ruhigen Entwicklungsphase. Höchstwahrscheinlich – so die Astronomen – hat er sich als einziger Stern in der Dunkelwolke LDN 981 gebildet. Quanz et al. (2007) stellten in einer Untersuchung mit dem Weltraumteleskop Hubble fest: V1331 Cyg liegt an der Ostspitze eines etwa 8' langen dunklen Filaments. Das Filament verbindet V1331 Cyg mit der Dunkelwolke LDN 981 (1926/356). V1331 Cyg ist von zwei leuchtenden Staubringen umgeben: den innersten sieht man auf de AdW mangels Auflösung nicht, der zweite ist deutlich sichtbar und hat einen stellaren Abstand von etwa 20". Offenbar ist dieser Ring im Nordwesten scheinbar nicht geschlossen. Zoomen wir das Objekt im Detail heran, so wird die genannte lange dichte Dunkelwolke sichtbar, die als Filament von LDN 981 kommt und die in ihrer Spitze den Ring um V1331 Cyg im Nordwesten verdeckt. Die Expansionsgeschwindigkeit des äußeren Ringes beträgt ca. 15 km/s. Das erlaubt eine Altersbestimmung von 2600 Jahren (Choudhary et al. 2016), d.h. der Ring ist das Produkt eines Ausbruchs von vor 2600 Jahren. Shevchenko et al. (1991) konnten eine Entfernung von 550 pc messen.

Zum Schluss noch zu den Sternen: Sehr schön kommt in der linken unteren Bildecke der Farbkontrast Orange/Blau zwischen den beiden Sternen HD 201395 (Typ K5, B-V = 1,65 mag) und HD 201431 (Typ A0, B-V = -0,02 mag) hervor.

Arno Rottal gelang dieses ansprechende Bild in den vier Nächten 28.6.2016, 10.7.2016, 7.8.2016 und 8.8.2016. Aufnahmeort war Himberg bei Wien, Österreich. Mit einem kleinen Teleskop, einem Skywatcher Esprit 80 von 400 mm Brennweite, sowie einer Moravian G2-8300 wurde das LRGB-Bild insgesamt 13,3 Stunden belichtet.

Text zum Objekt und den Aufnahmedaten: Peter Riepe

Österreich ist in mindestens drei Disziplinen auf Weltniveau: Torten und Gebäck, klassische Musik und die Amateurastrofotografie fallen uns dazu ein ;-). Doch über die Ursachen können wir nur spekulieren: Bei der Astrofotografie ist es wahrscheinlich nicht die herausragende Jugendarbeit, sondern es sind eher die idealen Bedingungen (Dunkelheit und Höhe), die man in Österreich für dieses Hobby noch vielerorts antrifft. Allerdings gilt das auch für Frankreich oder Spanien. Hier ist der Lebensstandard vergleichbar, sind die Einkommen ebenso relativ hoch und es ist darüber hinaus sogar noch häufiger klar – und dennoch gibt es gegenüber Österreich vergleichsweise wenige Spitzenkräfte in der Astrofotografie. Es bleibt uns also weiterhin unklar, was eigentlich das Geheimnis hinter dieser österreichischen Dominanz ist.

Allerdings gibt es auch in Österreich Gegenden, in denen die Lichtverschmutzung hoch ist. So fotografieren einige etablierte Astrofotografen aus der Peripherie Wiens heraus. In den letzten Jahren dazu gekommen ist der heutige AdW-Bildautor, Arno Rottal. Sein Bild entstand in Himberg, einem Vorort von Wien, Luftlinie keine 15 km entfernt vom Zentrum der Millionenstadt. Es zeigt eine selten eingefangene Gegend im Sternbild Schwan, nördlich des bekannten Nordamerikanebels - kein Eye-Catcher aber dennoch faszinierend auf Grund der vielen Dunkelnebel und sonstigen interessanten Objekte, die sich im Bildfeld tummeln.

Technisch gesehen kann man darüber reden, das Histogramm des Bildes noch etwas weiter zu strecken. Dann würden die Dunkelnebel an Kontrast gewinnen, die helleren Sterne nahezu gesättigt sein und das Bild eine größere Tiefe gewinnen. Auf der anderen Seite hat die dunklere Ausarbeitung von Arno Rottal kräftigere Farben zur Folge und das Bildrauschen tritt nicht so stark hervor. Hier wird jeder Astrofotograf selbst abwägen und sich schlussendlich für seine Variante entscheiden müssen.

Einen Makel hat das Bild aber leider doch, es wurde nicht beschnitten. So erkennt man unschöne farbige Bildränder, die bei der Überlagerung der Einzelbilder entstanden sind. Zwei gängige Vorgehensweisen vermeiden diesen Fehler. Ganz banal, entweder man beschneidet diese Ränder am Ende der Bildbearbeitung, wenn das Motiv den letzten Schliff erhält, oder aber man macht dies ganz zu Anfang. Hierzu bietet die Software PixInsight mit dem Dynamic Crop Tool ein gutes Werkzeug an.

Trotz dieser kleinen Kritik gratulieren wir Arno Rottal zu seinem Bild. Eine solche Gegend in Großstadtnähe aufzunehmen ist ein Wagnis, welches durch ein tolles Ergebnis belohnt wurde, das zu Recht nun ein Astrofoto der Woche geworden ist.

Kommentar zum Bild: Frank Sackenheim und Dr. Stefan Binnewies

Koordinaten der Bildmitte (Epoche J2000.0):
RA = 21 h 04 min 31 s, DE = +50° 27' 56"

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