Asteroid Vesta: Südpol jünger als Nordpol
Der 529 Kilometer große Asteroid Vesta ist geologisch erheblich vielfältiger als von den Astronomen erwartet. Das zeigen Aufnahmen der Raumsonde Dawn, die den Himmelskörper seit dem 16. Juli dieses Jahres umkreist. Besonders auffällig sind Unterschiede in der Kraterhäufigkeit auf der nördlichen und der südlichen Hemisphäre von Vesta, die auf ein unterschiedliches geologisches Alter der Oberflächenregionen hindeuten. Einige Regionen am Südpol des Asteroiden sind danach nur ein bis zwei Milliarden Jahre - im Gegensatz zu vier Milliarden Jahren der übrigen Oberfläche - alt, berichteten die Forscher des Dawn-Teams auf einer Fachtagung in Nantes, Frankreich.
"Wir lernen eine Menge überraschender Dinge über Vesta", erklärte Chris Russell, Chefwissenschaftler der Dawn-Mission, auf der Tagung. "Wie bei den terrestrischen Planeten Merkur, Venus, Erde und Mars gibt es Spuren uralter Lavaströme auf der Oberfläche des Asteroiden, außerdem besitzt er wie diese Planeten einen großen Eisenkern." Die Forscher sehen in Vesta deshalb einen ursprünglichen Planetenbaustein, einen so genannten Planetesimal, der in der Entstehungszeit des Sonnensystems ausdifferenziert ist, also Kern, Mantel und Kruste gebildet hat.
Einschläge von kleineren Gesteinsbrocken über vier Milliarden Jahre hinweg sollten dazu geführt haben, dass die Oberfläche des Asteroiden überall gleich aussieht. So dachten die Astronomen bislang. Die Aufnahmen der Raumsonde Dawn zeichnen jedoch ein anderes Bild von Vesta. Falschfarbenaufnahmen mit sieben verschiedenen Filtern erlauben Rückschlüsse auf die mineralogische Zusammensetzung der Oberfläche - und zeigen, dass es auf dem Asteroiden Regionen mit ganz unterschiedlicher Beschaffenheit gibt.
Von besonderem Interesse für die Wissenschaftler ist die Region um den Vesta-Südpol. Denn dort gibt es einen gewaltigen Einschlagkrater mit einem Durchmesser von 460 Kilometern. Die Dawn-Aufnahmen zeigen erstmals den gewaltigen Zentralberg des Kraters, der sich 18 Kilometer über seine Umgebung erhebt. Das junge Alter vieler Regionen um den Vesta-Südpol deutet darauf hin, dass der Einschlag, der diesen Krater verursacht hat, nicht in der Frühzeit des Sonnensystems sondern zwei bis drei Milliarden Jahre später stattgefunden hat.
Dawn soll Vesta noch bis Mitte 2012 weiter aus der Nähe untersuchen. Dann macht sich die Sonde auf den Weg zu Ceres, dem größten Himmelskörper im Asteroidengürtel zwischen den Planeten Mars und Jupiter. Geht alles nach Plan, so erreicht Dawn Ceres im Februar 2015.