Alle Themen auf Astronomie.de im Überblick




Ausgedruckte Seite: https://astronomie.de/aktuelles-und-neuigkeiten/detailseite

Ausdruck vom: Donnerstag, der 28.03.2024

Copyright: www.baader-planetarium.com

Zum Hauptinhalt springen
Offcanvas top
...

Erde quirlte den Mond durch

Erstellt von: Dr. Rainer Kayser | | Forschung und neue Erkenntnisse

Messungen an Mondgestein zeigen, dass der Erdtrabant in seiner Frühzeit mindestens 400 Millionen Jahre lang ein starkes Magnetfeld besessen hat. An der Entstehung dieses magnetischen Feldes hat die Erde kräftig mitgewirkt, behaupten amerikanische Wissenschaftler. Einem Quirl gleich hat die Schwerkraft der Erde das Innere des Mondes durchgerührt und so für einen lang andauernden Dynamoeffekt gesorgt. Eine andere Erklärung präsentiert ein Team aus Frankreich und Belgien: Demnach könnten Einschläge großer Asteroiden den Dynamo im Mondinneren angetrieben haben. Beide Teams beschreiben ihre neuen Theorien im Fachblatt "Nature".

Bislang gab es keine Erklärung für die Existenz des lunaren Magnetfelds. "Modelle mit konventionellen Dynamos, angetrieben durch thermische Konvektion, haben Schwierigkeiten damit, die lang andauernde Existenz eines Dynamos im Mondinneren zu erklären", schreiben  Christina Dwyer von der University of California in Santa Cruz und ihre Kollegen. Ein solcher konventioneller Dynamo erzeugt beispielsweise das Magnetfeld der Erde: Unterschiedliche Temperaturen führen zu Bewegungen im flüssigen, aus leitfähigem Material bestehenden  äußeren Erdkern und induzieren so elektrische Ströme, die wiederum das Magnetfeld produzieren. Modellrechnungen zeigen jedoch, dass sich ein solcher Effekt im Inneren des jungen Mondes nicht lange genug aufrechterhalten lässt.

Dwyer und ihre Kollegen präsentieren nun eine andere Erklärung. Vor vier Milliarden Jahren war der Mond nur etwa halb so weit von der Erde entfernt wie heute. Der Einfluss der irdischen Schwerkraft auf den Erdtrabanten war daher entsprechend stärker. Die Erdanziehung führte zu einer starken Torkelbewegung der Mondachse, die wiederum starke Strömungen im damals flüssigen Inneren des Mondes ausgelöst hat. Die Forscher zeigen, dass dieser Mechanismus stark genug war und lange genug andauerte, um die Magnetisierung des Mondgesteins zu reproduzieren. "Das magnetische Feld schwächte sich mit der Zeit ab und schaltete sich völlig ab, als der Mond weiter als 48 Erdradien entfernt war", so Dwyer und ihre Kollegen. Diesen Abstand erreichte der Mond vor etwa 2,8 Milliarden Jahren - der Dynamoeffekt konnte also rund 1,5 Milliarden Jahre operieren.

Einen anderen Vorschlag unterbreiten Michael Le Bars von der Université Aix-Marseille in Frankreich und seine Kollegen. In ihrem Modell führten Einschläge großer Himmelskörper in der Frühzeit des Sonnensystems zu Änderungen der Rotationsrate des Mondes. Dadurch konnte es zu starken Bewegungen zwischen der Kruste und dem flüssigen Kern des Erdtrabanten kommen, die wiederum einen Dynamoeffekt auslösten. Möglicherweise haben beide Effekte zur Bildung des lunaren Magnetfelds beigetragen. Die Forscher betonen, dass die untersuchten Mechanismen auch zur Erklärung von Magnetfeldern anderer Himmelskörper, wie etwa großer Asteroiden, nützlich sein könnten.

Quelle: www.nature.com/nature/journal/v479/n7372/full/479183a.html