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Säulen der Zerstörung

Riesige säulenartige Strukturen konnte ein internationales Astronomenteam, darunter auch Wissenschaftler aus Garching, München und Heidelberg, innerhalb des Carinanebels beobachten. Eine Analyse zeigte, dass es sich – im Gegensatz zu den bekannten und ähnlich geschaffenen Säulen der Schöpfung im Adlernebel – eher um Säulen der Zerstörung handelt. Die eindrucksvollen Bilder entstanden mit dem MUSE-Instrument am Very Large Telescope der ESO.

ESO-News vom 2. November 2016

Die Türme und Säulen in dem neuen Bild des Carinanebels bestehen aus riesigen Staub- und Gaswolken inmitten einer Sternentstehungsregion in einer Entfernung von etwa 7500 Lichtjahren. Die Säulen im Nebel wurden von einem Team unter der Leitung von Anna McLeod, einer Doktorandin bei der ESO, mit dem MUSE-Instrument am Very Large Telescope der ESO beobachtet.

Die große Stärke von MUSE liegt darin, dass das Instrument tausende von Bildern des Nebels zur selben Zeit erstellen kann, jedes bei einer anderen Lichtwellenlänge. Das ermöglicht es Astronomen, die chemischen und physikalischen Eigenschaften der Materie an verschiedenen Orten im Nebel herauszuarbeiten.

Zusammen mit Aufnahmen ähnlicher Strukturen, wie den berühmten Säulen der Schöpfung [1] im Adlernebel und Sternentstehungsregionen wie NGC 3603, wurden insgesamt zehn Säulen beobachtet, wobei eine klare Verbindung zwischen der emittierten Strahlung von nahen massereichen Sternen und den Eigenschaften der Säulen selbst festgestellt werden konnte.

Die Ironie des Schicksals hierbei ist, dass die Wolken, in denen massereiche Sterne entstehen, durch eben jene zunehmend zerstört werden. Das Konzept, dass massereiche Sterne einen beträchtlichen Einfluss auf ihre Umgebung haben, ist nicht neu: Solche Sterne sind bekannt dafür, dass sie enorme Mengen ionisierender Strahlung aussenden – Strahlung mit genug Energie, um Elektronen aus Atomen zu lösen. Allerdings ist es sehr schwierig, nur durch Beobachtungen Hinweise auf die Wechselwirkung zwischen solchen Sternen und ihrer Umgebung zu finden.

Das Team analysierte die Auswirkung dieser energiereichen Strahlung auf die Säulen: ein Prozess, der als Photoevaporation bezeichnet wird, wenn Gas ionisiert und dann zerstreut wird. Indem sie die Folgen der Photoevaporation untersuchten – die den Massenverlust der Säulen mit einschließen – konnten die Forscher die Ursache ausmachen. Es gab einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Menge ionisierter Strahlung, die von nahen Sternen emittiert wird, und der zunehmenden Auflösung der Säulen.

Es mag grausam erscheinen, dass sich die massereichen Sterne gegen ihre eigenen Schöpfer wenden, allerdings ist der komplexe Rückkopplungseffekt zwischen den Sternen und den Säulen bisher nur wenig verstanden. Zwar scheint es so, als seien die Säulen sehr dicht, jedoch trifft das für die Wolken aus Staub und Gas, aus denen Nebel bestehen, nicht zu. Möglicherweise bewirken die Strahlung und Sternwinde der massereichen Sterne tatsächlich, dass sich dichtere Orte innerhalb der Säule bilden, in denen dann Sterne entstehen können.

Fest steht, dass diese atemberaubenden himmlischen Strukturen uns noch mehr zu erzählen haben und das Instrument MUSE ist ideal dafür geeignet, all das herauszufinden.

Endnoten

[1] Die Säulen der Schöpfung sind auf einem berühmten Bild zu sehen, das mit dem Hubble-Weltraumteleskop der NASA/ESA aufgenommen wurde, und zählen zu den bekanntesten Strukturen dieser Art. Sie werden auch als Elefantenrüssel bezeichnet und können eine Länge von mehreren Lichtjahren erreichen.

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