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The Wild Early Lives of Today's Most Massive Galaxies

Ein Astronomenteam hat mit dem APEX-Submillimeterteleskop die bisher deutlichsten Hinweise auf eine Verbindung zwischen den intensivsten Phasen der Sternentstehung im frühen Universum und den massereichsten Galaxien im heutigen Universum gefunden. Die Sternentstehungsrate war demnach im frühen Universum sehr hoch und nahm dann schlagartig ab. Übrig blieben die heute beobachteten massereichen und weitgehend inaktiven Galaxien voller alternder Sterne. Die Astronomen waren sogar in der Lage, die wahrscheinliche Ursache für das plötzliche Ende der frühen Sternbildungs-Ära zu identifizieren: das erste Auftreten der supermassereichen Schwarzen Löcher.

Die Astronomen kombinierten Daten der LABOCA-Kamera am 12-Meter-Submillimeterteleskop APEX (Atacama Pathfinder Experiment) [1], das von der ESO betrieben wird, mit Messungen des Very Large Telescope der ESO, des Spitzer-Infrarotobservatorium der NASA und anderer Teleskopen, um herauszufinden, wie sich weit entfernte und leuchtkräftige Galaxien zu Gruppen und Galaxienhaufen zusammengefunden haben.

Je dichter die Galaxien in Gruppen oder Haufen konzentriert sind, umso massereicher sind ihre so genannten Halos aus Dunkler Materie – weitgehend strukturlose Wolken, die Galaxien durchziehen und umschließen, für den überwiegenden Teil ihrer Gesamtmasse verantwortlich sind und aus einem unsichtbaren Material bestehen, dessen nähere Eigenschaften derzeit noch unbekannt sind. Die neuen Resultate sind die genauesten je durchgeführten Messungen zur räumlichen Anordnung solcher Galaxien.

Die Galaxien sind so weit entfernt, dass ihr Licht etwa zehn Milliarden Jahre benötigt hat, um uns zu erreichen. Daher sehen wir diese Galaxien so, wie sie vor rund zehn Milliarden Jahren waren [2]. In diesen Momentaufnahmen des frühen Universums sieht man, dass die Galaxien damals die intensivste bekannte Form der Sternbildung durchliefen, so genannte Starbursts.

Die Astronomen bestimmten für diese Galaxien die Masse der Halos aus Dunkler Materie und untersuchten mit Computersimulationen, wie die Halos mit der Zeit anwachsen. So fanden sie  heraus, dass die fernen Starburst-Galaxien des frühen Universums im Laufe der Zeit zu riesigen elliptischen Galaxien geworden sind – den massereichsten Galaxien im heutigen Universum.

"Zum ersten Mal sind wir jetzt in der Lage, eine so eindeutige Verbindung zwischen den intensivsten Starbursts im frühen Universum und den massereichsten heutigen Galaxien nachzuweisen", erklärt Ryan Hickox vom Dartmouth College (USA) und von der Durham University (England), der Erstautor der Studie.

Die neuen Beobachtungen ergaben außerdem, dass die hellen Starbursts in diesen fernen Galaxien lediglich 100 Millionen Jahre angedauert haben – eine für kosmologische Maßstäbe sehr kurze Zeitspanne. Dennoch hat sich die Gesamtmasse der Sterne der Galaxie in dieser vergleichsweise kurzen Zeit verdoppelt. Das plötzliche Ende des schnellen Wachstums ist ein weiterer Abschnitt aus der Geschichte der Galaxien, der bisher noch nicht vollständig verstanden ist.

"Wir wissen, dass die massereichen elliptischen Galaxien bereits vor langer Zeit vergleichsweise plötzlich aufhörten, neue Sterne zu bilden. Heute sind sie weitgehend inaktiv. Die entscheidende Frage ist natürlich, welcher Prozess stark genug gewesen sein könnte, um den Starburst einer ganzen Galaxie zu beenden", erläutert Julie Wardlow von der University of California in Irvine (USA) und von der Durham University, ein weiteres Mitglied des Teams.

Die Ergebnisse der neuen Studie bieten einen möglichen Erklärungsansatz: Zur fraglichen Zeit in der kosmischen Geschichte sind die Galaxien ähnlich angeordnet wie die Quasare – ein Hinweis darauf, dass sich beide Objektarten in den gleichen Halos aus Dunkler Materie befanden. Quasare gehören zu den leuchtkräftigsten Objekten im Universum. Getrieben von den supermassereichen Schwarzen Löchern in ihren Zentren geben sie als regelrechte kosmische Leuchtfeuer intensive Strahlung ab.

Die Hinweise verdichten sich, dass die Starbursts die Aktivität der Quasare gefördert haben, indem sie den Schwarzen Löchern große Mengen an Materie zuführten. Die Quasare wiederum durchliefen dadurch sehr energiereiche Aktivitätsphasen, in deren Verlauf sie das verbliebene Gas aus den Galaxien hinausbliesen. Mit diesem Verlust dieses Rohmaterials für neue Sterne ging auch die Phase schneller Sternentstehung zuende.

"Kurz gesagt läutet die Starburst-Galaxie mit dem Feuerwerk der Sternbildung gleichzeitig ihr eigenes Ende ein: sie füttert das Schwarze Loch in ihrem Zentrum, das dann wiederum die sternbildenden Wolken wegbläst oder zerstört", erklärt David Alexander von der Durham University, ein weiteres Mitglied des Teams.

Endnoten

[1] Das 12 Meter durchmessende APEX-Submillimeterteleskop befindet sich auf der Chajnantor-Hochebene in den chilenischen Anden. APEX  ist technologischer Wegbereiter für ALMA, das Atacama Large Millimeter/submillimeter Array. ALMA ist ein neuartiges Verbundteleskop, das die ESO gemeinsam mit internationalen Partnern ebenfalls auf dem Chajnantor-Plateau errichtet und betreibt. APEX basiert auf dem Prototypen einer Antenne für ALMA. Die beiden Teleskope ergänzen einander perfekt: APEX wird viele interessante Beobachtungsziele entdecken, die ALMA dann detailliert untersuchen kann. APEX ist ein Gemeinschaftsprojekt des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie (MPIfR), dem Onsala Space Observatory (OSO) und der ESO.

[2] Diese weit entfernten Galaxien werden auch als Submillimeter-Galaxien bezeichnet. Es handelt sich hierbei um sehr leuchtkräftige Galaxien im fernen Universum, in denen intensive Sternentstehung abläuft. Wegen der extrem großen Entfernung wurde das infrarote Licht, das durch die Sternbildung aufgeheizte Staubkörner in den Galaxien abgeben, zu noch größeren Wellenlängen hin rotverschoben. Daher sind diese staubreichen Galaxien am besten im Submillimeterbereich zu beobachten.

Weitere Informationen

Die hier vorgestellten Forschungsergebnisse werden in der Ausgabe vom 26. Januar 2012 unter dem Titel "The LABOCA Survey of the Extended Chandra Deep Field South: Clustering of submillimetre galaxies" in der Fachzeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society erscheinen.

Die beteiligten Wissenschaftler sind Ryan C. Hickox (Dartmouth College, Hanover, USA; Department of Physics, Durham University (DU); STFC Postdoctoral Fellow, Großbritannien), J. L. Wardlow (Department of Physics & Astronomy, University of California at Irvine, USA; Department of Physics, DU, Großbritannien), Ian Smail (Institute for Computational Cosmology, DU, Großbritannien), A. D. Myers (Department of Physics and Astronomy, University of Wyoming, USA), D. M. Alexander (Department of Physics, DU, Großbritannien), A. M. Swinbank (Institute for Computational Cosmology, DU, Großbritannien), A. L. R. Danielson (Institute for Computational Cosmology, DU, Großbritannien), J. P. Stott (Department of Physics, DU, Großbritannien), S. C. Chapman (Institute of Astronomy, Cambridge, Großbritannien), K. E. K. Coppin (Department of Physics, McGill University, Canada), J. S. Dunlop (Institute for Astronomy, University of Edinburgh, Großbritannien), E. Gawiser (Department of Physics and Astronomy, The State University of New Jersey, USA), D. Lutz (Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, Garching bei München), P. van der Werf (Sterrewacht Leiden, Universiteit Leiden, Niederlande), A. Weiß (Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Bonn).

Im Jahr 2012 feiert die Europäische Südsternwarte ESO (European Southern Observatory) das 50-jährige Jubiläum ihrer Gründung. Die ESO ist die führende europäische Organisation für astronomische Forschung und das wissenschaftlich produktivste Observatorium der Welt. Getragen wird die Organisation durch ihre 15 Mitgliedsländer: Belgien, Brasilien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien, Schweden, die Schweiz, die Tschechische Republik und das Vereinigte Königreich. Die ESO ermöglicht astronomische Spitzenforschung, indem sie leistungsfähige bodengebundene Teleskope entwirft, konstruiert und betreibt. Auch bei der Förderung internationaler Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Astronomie spielt die Organisation eine maßgebliche Rolle. Die ESO betreibt drei weltweit einzigartige Beobachtungsstandorte in Nordchile: La Silla, Paranal und Chajnantor. Auf dem Paranal betreibt die ESO mit dem Very Large Telescope (VLT) das weltweit leistungsfähigste Observatorium für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren Lichts und zwei Teleskope für Himmelsdurchmusterungen: VISTA, das größte Durchmusterungsteleskop der Welt, arbeitet im Infraroten, während das VLT Survey Telescope (VST) für Himmelsdurchmusterungen ausschließlich im sichtbaren Licht konzipiert ist. Die ESO ist der europäische Partner für den Aufbau des Antennenfelds ALMA, das größte astronomische Projekt überhaupt. Derzeit entwickelt die ESO ein Großteleskop der 40-Meter-Klasse für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren und Infrarotlichts, das einmal das größte optische Teleskop der Welt werden wird, das European Extremely Large Telescope (E-ELT).

Das Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) ist eine internationale astronomische Einrichtung, die gemeinsam von Europa, Nordamerika und Ostasien in Zusammenarbeit mit der Republik Chile getragen wird. Bei Aufbau und Betrieb des Observatoriums ist die ESO federführend für den europäischen Beitrag, das National Radio Astronomy Observatory (NRAO) für den nordamerikanischen Beitrag und das National Astronomical Observatory of Japan (NAOJ) für den ostasiatischen Beitrag. Das Joint ALMA Observatory (JAO) übernimmt die übergreifende Projektleitung für den Aufbau, die Inbetriebnahme und den Beobachtungsbetrieb von ALMA.

Die Übersetzungen von englischsprachigen ESO-Pressemitteilungen sind ein Service des ESO Science Outreach Network (ESON), eines internationalen Netzwerks für astronomische Öffentlichkeitsarbeit, in dem Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikatoren aus allen ESO-Mitgliedsstaaten (und einigen weiteren Ländern) vertreten sind. Deutscher Knoten des Netzwerks ist das Haus der Astronomie in Heidelberg.

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