Alle Themen auf Astronomie.de im Überblick




Ausgedruckte Seite: https://astronomie.de/aktuelles-und-neuigkeiten/detailseite

Ausdruck vom: Samstag, der 02.12.2023

Copyright: www.baader-planetarium.com

Zum Hauptinhalt springen
Offcanvas top
...

1. Woche - N 44, eine leuchtende Superblase in der Großen Magellanschen Wolke

Fotografiert von: Michael Hoppe | | Astrofoto der Woche

Das zentrale Objekt ist eine runde Anordnung von H II-Regionen um ein Sternentstehungsgebiet. Karl G. Henize hat in den 1950er Jahren die Emissionsnebel in der Großen Magellanschen Wolke untersucht und 1956 als Katalog publiziert. Unser AdW-Motiv trägt in diesem Nebelkatalog die Nummer "N 44" und stellt eine „Superblase“ dar. Ihr Inneres wirkt durchsichtig und von Nebeln leergefegt. Innen sind jedoch viele junge, blaue Sterne enthalten. Den umgebenden Rand bilden leuchtende Bögen und verschiedene H II-Regionen. Die Bezeichnungen der einzelnen Teile dieses Blasengebietes sind kompliziert, weil es sich (a) um Bezeichnungen für stellare Objekte, (b) auch für Nebel handelt, (c) letztlich aber auch verschiedene Astronomen ihre eigene Namensgebung eingebracht haben. Wir bleiben hier bei N 44. Dieses Nebelgebiet ist in unterschiedliche Teile gegliedert.

Das erste AdW des Jahres 2015 hat Norden oben und Osten links, wie für astronomische Felder üblich. Starten wir im Osten mit dem filamentartigen dünnen Bogen DEM 152 (Davies, Elliott & Meaburn 1976). Daran nach Norden anschließend liegt eine Assoziation, die im Katalog von Lucke & Hodge als LH 48 gelistet ist. Sie ist eingebettet in die leuchtende elliptisch geformte H II-Region DEM 156, die auch als N 44 I geführt wird und wie ein Ohr vom Nebelring weg nach Osten ragt. Außerdem ist dieses Gebiet identisch mit NGC 1937. Nach Westen folgt wie ein kleineres Ohr eine H II-Regionen mit dem enthaltenen Sternhaufen NGC 1929. Hieran sitzt als westlicher Fortsatz der kleine, rundliche Nebelknoten N 44 F. Südlich dieses Gebiets erstreckt sich bis in die Innenzonen des Rings hinein eine Sternenwolke, die Assoziation LH 47 (= NGC 1935). Sie wird im Nebelring durchsetzt von den Teilnebeln N 44 B und N 44 C. Man erkennt, dass N 44 C am Südrand bläuliche Farbanteile besitzt, die auf reichlich reflektierenden Staub zurückzuführen sind. Hier ist der Staub sehr dicht, wie Beobachtungen mit dem Spitzer-Teleskop gezeigt haben (Chen 2009). Auch das Licht des zweifach ionisierten Sauerstoffs [O III] kommt hier verstärkt vor. Südöstlich der Blase finden wir, ein wenig abgetrennt vom eigentlichen Blasenkomplex, eine weitere Zone ausgedehnter H II-Regionen. Im Wesentlichen ist das N 44 D (= DEM 160) mit der enthaltenen anregenden Assoziation LH 49 sowie einige kleinere Henize-Nebel westlich und nordöstlich davon.

Die Große Magellansche Wolke weist zahlreiche solcher Blasen auf, sogar noch größere als N 44. Was hat es eigentlich damit auf sich? Blasen zeigen grundsätzlich, dass hier Gase expandieren. Das lässt sich leicht erklären: Die im Inneren von N 44 angesammelten Sterne der Assoziation LH 47 sind etwa 10 Mio. Jahre alt. Das wurde aus Farbenhelligkeitsdiagrammen abgeleitet. In diesem Zeitraum konnten hier also massive O-Sterne (die sich ja wahnsinnig schnell entwickeln) bereits als Supernovae explodieren und damit einen Teil der Energie für die Expansion liefern. Auch heiße Wolf-Rayet-Sterne, die direkten Nachfolger massiver O-Sterne, tragen mit heftigen Sternwinden zur Expansion bei. Außerhalb der Blase sind die Sterne deutlich jünger, nur etwa 3 bis 5 Mio. Jahre. Das gesamte Gebiet - auch um diese Blasenstruktur herum - ist mit lichtschwächeren rot leuchtenden Filamenten angefüllt, was ebenfalls auf die Dynamik der Region hinweist.

Etwas zu der Objektgröße: Der Innenraum der zentralen Blase misst 4,5’ x 3’. Setzt man für N 44 dieselbe Distanz wie für die Große Magellansche Wolke voraus (162000 Lj lt. NASA Extragalactic Database), so ergibt sich ein wahrer Durchmesser von rund 140 Lj x 210 Lj. Der Orionnebel M 42 hätte also nur etwa die Ausdehnung der kleinen runden Westblase N 44 F. Insgesamt kommt der Komplex von N 44 bis in die schwächsten Außenpartien auf eine Ausdehnung von ca. 1000 Lichtjahren.

Michael Hoppe, Mitglied der Fachgruppe Astrofotografie, hat dieses selten gezeigte Motiv am 21.09.2014 auf der Farm Hakos (Namibia) aufgenommen. Teleskop war der Cassegrain-Reflektor der IAS mit 50 cm Öffnung und 4000 mm Brennweite, reduziert auf 1500 mm. Erstaunlich, was die astro-modifizierte Canon EOS 1100 D bei 26 x 5 min Belichtungszeit und ISO 800 leistete!


Koordinaten J2000.0:

RA = 05 h 21 min 58 s, Dec = -67° 57´ 18´´

Sie möchten zum Autor Kontakt aufnehmen? Dann klicken Sie einfach oben links auf den Autor-Namen!