13. Woche - Der Orion im Weitwinkelformat
Wenn Markus Meel ein AdW einsendet, dann dürfen wir uns immer über ein aufwändig erzeugtes Bild freuen. So auch heute - das beliebte Sternbild Orion wird hiermit (für zunächst) verabschiedet, weil die Frühlingsgalaxien anstehen. Zur Erinnerung: In gut eineinhalb Monaten beginnt ja schon wieder die Zeit der Mitternachtsdämmerung, zumindest im nördlichen und mittleren Deutschland.
Die Aufnahmen zu diesem Bild entstanden am 20.02.2023 in Durchholzen am österreichischen Walchsee (Kaiserwinkel). Dieser Ort liegt nur etwa 35 km südlich des bayerischen Chiemsees. Auf einer Montierung "Skywatcher Star Adventurer" saß die verwendete Kamera, eine Canon EOS Ra mit einem Objektiv Canon EF 50mm 1:1.2 L USM, abgeblendet auf 1:2.8 zur Verbesserung der Sternabbildungen über das gesamte Bildfeld.. Als Filter wurde ein Svbony CLS Clipfilter eingesetzt, dazu unten mehr. Belichtet wurde in einer ersten Serie 350 x 40 s bei ISO 3200 mit dem CLS-Filter, dabei alle 10-15 min manuelles dithering. Für die Sternfarben wurde eine zweite Serie von 50 x 40 s bei ISO 800 nachgelegt. Die Belichtungszeiten wurden so kurz gehalten, weil die Montierung auf dem Balkon platziert war, ohne freien Blick nach Norden zur exakten Poljustierung. Das Bildfeld beträgt 24,6° × 37,2°. Üblicherweise werden die Astroaufnahmen - auch wenn sie im Hochformat aufgenommen wurden - als AdW im Breitformat gezeigt. Bei diesem Motiv jetzt die Ausnahme: Der Orion als Sternbild ist für die Präsentation im Hochformat zu bekannt mit Norden oben.
Jetzt etwas zum Bildautor. Er schreibt: "Ich komme aus der Gegend zwischen Heidelberg und Karlsruhe. Mein Himmel ist Bortle 5, eher 6. Mit solchen Aufnahmen wie hier eingereicht brauche ich bei uns nicht anzufangen. Manchmal fahre ich in den Schwarzwald zur Teufelsmühle. Dort ist es für unsere Verhältnisse auch recht dunkel. Aber selbst dort sind solche Aufnahmen nicht einfach. Der Standort in Österreich ist noch einmal eine Klasse besser. Der dunkle Himmel ist einfach traumhaft."
Was zeigt das AdW? Die Fülle der Emissionsnebel im Orion und seiner umgebenden Nachbarschaft ist überwältigend. Die markanteste Nebelformation ist Barnard´s Loop. Seine riesige Sichel misst in Nordsüdrichtung 16,6°, sie ist im Ostteil am hellsten. Südlich von Rigel zieht sich der Loop weiter nach Westen außerhalb des Bildfeldes. Dort erkennt man auch den Hexenkopfnebel IC 2118. Er ist ein Reflexionsnebel, der vom Erscheinungsbild her klar mit Rigel als beleuchtendem Stern assoziiert ist. In der Bildmitte zweigt von Barnard´s Loop eine Nebelsträhne in Richtung des orangefarbenen Hauptsterns Beteigeuze ab (= α Orionis, kurz α Ori). Darin steckt ein kaum beachteter Dunkelnebel namens LDN 1622 aus "Lynds´ Catalogue of dark nebulae" - vielleicht einmal etwas für längere Brennweite. Er läuft nach Nordosten schmaler werdend aus.
Im oberen von Barnard´s Loop eingekreisten Bereich sieht man - leuchtend blau - die bekannten drei Gürtelsterne des Orion (von rechts) δ Ori, ε Ori und ζ Ori. Letzterer wird links oberhalb von der kleinen HII-Region NGC 2024 und unterhalb (südlich) von einer rundlichen 1,9° durchmessenden HII-Blase eingefasst. Deren hellster Teil beherbergt den bekannten Pferdekopfnebel, der hier auf Grund der kurzen Brennweite natürlich nur recht klein herauskommt. Die Entfernung von δ und ζ Ori liegt bei 700 Lichtjahren. Südlich der Gürtelsterne sitzt der berühmte Orionnebel Messier 42 mit dem Anhängsel M 43. Über ihn wurde hier im AdW genug berichtet, deshalb gehen wir auf ihn nicht weiter ein.
Ein zweiter großer, aber geschlossen runder, rot leuchtender Nebel von 7,8° Winkeldurchmesser ist direkt westlich (rechts) von Beteigeuze zu sehen: Er trägt die Katalognummern LBN 865 = Ced 54 = [GS55] 64 = Sh2-264. Inmitten dieses Nebels steckt der 3,66 mag helle blaue Doppelstern λ Ori = Lambda Orionis. Dieser heiße Riesenstern vom Spektraltyp O8 hat einen ähnlich heißen Begleiter, einen B0-Stern. Beide gelten als die ionisierenden Sterne, die diese rund 1100 Lichtjahre entfernte HII-Region durch eingestrahlte UV-Energie zum Leuchten anregen. Im Nebel selbst wurden viele junge, massearme Sterne vom späten Spektraltyp M und darüber hinaus gefunden (M3 bis M8), durchweg neu entstandene rote Zwergsterne.
Im linken Bildbereich beginnt bereits das Sternbild Monoceros (Einhorn). In mittlerer Bildhöhe erkennt man den hellen Ring des Rosettennebels Sh2-175, den wir als Thema des letzten AdWs hatten. Die zentrale Partie des großen Nebelringes ist eine dunklere Höhle, darin sitzt der offene Sternhaufen NGC 2244. Oberhalb des Rosettennebels liegt eine etwa 5,2° große unregelmäßige HII-Region namens LBN 912 = Sh2.273. Sie besitzt einen rundlich ausgeprägten Südostrand. In LBN 912 steckt im mittleren Teil bläulich leuchtend der Sternhaufen NGC 2264 mit dem hellen Stern 15 Monocerotis (auch S Mon). Dieser Veränderliche hat den Spektraltyp O7, damit ionisiert er Sh2-273. Seine Entfernung, die dann auch die Entfernung des Nebels repräsentiert, beträgt ca. 920 Lj nach GAIA-Parallaxenmessungen.
Zwischen Sh2-273 und dem Rosettennebel bemerkt man einen rund 4° durchmessenden schächeren roten Nebelring. Das ist der Supernovarest namens "Monoceros Loop". Längerbrennweitige Aufnahmen sind meist entweder auf den Rosettennebel oder auf Sh2-273 fixiert. Dank der Weitwinkeligkeit dieser Aufnahme fällt das Objekt aber sofort ins Auge!
Anmerkungen:
a) Canon schreibt auf seiner Webseite: "Die EOS Ra ist eine leistungsstarke, spiegellose Vollformatkamera für die Astrofotografie. Sie bietet alle Eigenschaften des EOS R Systems – wie erstklassige Low-Light-Eigenschaften, einen großen AF-Bereich und die Möglichkeit, das umfangreiche Angebot an EF, EF-S und RF Objektiven zu verwenden. Zusätzlich sorgt ihr Infrarot-Blockfilter (IR) für unglaubliche Aufnahmen des nächtlichen Sternenhimmels. Dieser modifizierte Filter ermöglicht der EOS Ra, dass mehr Hα (Hydrogen Alpha) Licht den Sensor erreicht – viermal mehr als bei der herkömmlichen EOS R. Damit ist die EOS Ra in der Lage, die Rottöne diffuser Nebel aufzunehmen."
b) Der hier zusätzlich vom Bildautor verwendete SVBONY City Light Suppression Breitbandfilter wurde entwickelt, um die Sichtbarkeit von Deep-Sky-Objekten in Emission zu verbessern. Der Hersteller schreibt: " ... durch selektive Reduzierung der Transmission von Wellenlängen, die durch künstliche Beleuchtung erzeugt werden (incl. Quecksilberdampflampen, Natriumdampflampen mit hohem als auch niedrigem Druck als auch das unerwünschte natürliche Licht, das durch neutrale Sauerstoffemission in unserer Atmosphäre verursacht wird (z. B. “Skyglow”)."
Das Germany SvBony Kaufhaus für Optik in Europa stellte mir auf Anfrage die Transmissionskurve des Filters (Zusatzbild) zur Verfügung (vielen Dank!). Wir sehen eine recht hohe Transmission für die Wellenlängen der wichtigsten Emissionslinien. Und daher kann ich gern die Herstelleraussage bestätigen: "Der Svbony CLS-Filter eignet sich zur Verbesserung des Kontrasts und der Details für fotografische Zwecke in sub-ländlichen Gebieten."
Ein hervorragendes echtes Weitwinkelbild, mit feinen Nebeln und dunklem Himmelshintergrund. Vielen Dank an Markus Meel und die Gratulation des AdW-Teams zum Astrofoto der Woche.
Peter Riepe
Bildautor: Markus Meel
Koordinaten (J2000.0) der Bildmitte
RA = 05 h 55 min 53 s, DE = +04° 04' 22"
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