16. Woche: Leo I, die sphäroide Zwerggalaxie bei Regulus

Zwar hat der Löwe gegen Mitternacht schon merklich den Meridian überschritten, er ist aber immer noch das dominierende Sternbild des Abendhimmels. Und so wird jetzt ein Objekt aus dem Löwen vorgestellt, das man selten als Amateuraufnahme sieht. Es liegt knapp 20 Bogenminuten nördlich des hellen Sterns Regulus. Von daher ist die Fotografie immer dann problematisch, wenn ein Teleskop verwendet wird, dessen Fangspiegel mit Streben im Strahlengang montiert ist. Regulus erzeugt nämlich sehr starke Beugungserscheinungen, die in Leo I hineinragen und bei der Fotografie mit abgebildet werden, auch wenn Regulus außerhalb des Aufnahmefeldes liegt.
Bernhard Hubl hat dies geschickt umgangen, indem er einen 4-zölligen Apochromaten einsetzte. Der TeleVue NP 101 mit 540 mm Brennweite wurde mit einer SBIG ST-2000XM bestückt und am 18. März 2006 auf Leo I gerichtet. Belichtungszeiten: Luminanz 28x12 min (ohne Binning), Rot 7x12 min, Grün 7x6 min, Blau 7x6 min, alle Farbaufnahmen mit zweifachem Binning. Die totale Belichtungszeit von 7 Stunden und 19 Minuten war sinnvoll, um Einzelsterne der Zwerggalaxie zu erreichen. Die hellsten Vertreter sind Rote Riesen mit visuellen scheinbaren Helligkeiten um 19.2 mag. Bei genauerer Analyse des Bildes fand das AdW-Team zwei der helleren Kohlenstoffsterne (ALW 13 und ALW 16) mit 19.5 und 19.6 mag, die schwächsten aufgezeichneten Sterne haben um 21 mag. Insgesamt kommt die Zwerggalaxie auf eine visuelle scheinbare Helligkeit von etwa 10 mag, was zu einer Flächenhelligkeit von etwa 22.4 mag pro Quadratbogensekunde führt.
Die mit Hilfe von RR-Lyrae-Sternen ermittelte Entfernung beläuft sich auf 835.000 Lj. Bei einem scheinbaren Durchmesser von 9.8´ × 7.4´ hat Leo I damit einen wahren Durchmesser von knapp 2400 Lj - also wirklich ein Zwerg. Es gab nach fotometrischen Untersuchungen mit dem Hubble Space Telescope zwei Phasen der Sternentstehung. Die erste lieferte etwa 10% der heutigen Sterne und endete vor ca. 12 Milliarden Jahren. Der Großteil der Sterne entstand jedoch sehr viel später in einem zweiten Schub vor etwa 3 Milliarden Jahren. Leo I besitzt eine relativ hohe galaktozentrische Radialgeschwindigkeit von 287,0 km/s. Der Zwerg steht damit aber nicht außerhalb der Lokalen Gruppe, sondern durchkreuzt als Begleiter der Milchstraße gerade rasant deren Außenhalo. Nach einer Modellrechnung könnte Leo I - wie auch die Magellanschen Wolken - vor etwa 10 Milliarden Jahren aus der Umgebung des Andromedanebels gekommen sein.
RA = 10 h 08 min 27 s, DEK = +12° 18´ 27´´