Alle Themen auf Astronomie.de im Überblick




Ausgedruckte Seite: https://astronomie.de/aktuelles-und-neuigkeiten/detailseite

Ausdruck vom: Donnerstag, der 28.03.2024

Copyright: www.baader-planetarium.com

Zum Hauptinhalt springen
Offcanvas top
...

24. Woche - Regenbogenbucht mit Juragebirge im Sonnenlicht

Fotografiert von: Marcel Süssli | | Astrofoto der Woche

Erneut dürfen wir uns über eine Aufnahme unseres nächsten Nachbarn freuen. Am westlichen Ende der Mond-Alpen befindet sich die Regenbogenbucht, lateinisch Sinus Iridium. Sie wird begrenzt von der Bergkette des Juragebirges und vereinigt sich mit dem Mare Imbrium (Regenmeer) an der Verbindungsstelle zum Oceanus Procellarum (Ozean der Stürme), dessen Name sich möglicherweise von der früheren Annahme ableitet, mit seiner Erscheinung bei abnehmenden Halbmond schlechtes Wetter zu bringen. Das kreisförmige Mare Imbrium ist ein von basaltischer Lava überflutetes Becken mit einem enormen Durchmesser von ca. 1.250 km und wohl das größte eindeutig als Becken identifizierbare Objekt auf der uns zugewandten Mondseite. Der Einschlag, der dieses Becken hervorbrachte, erzeugte auch Auswurfstrukturen und ein radiales Muster von Hügelketten und linearen Verwerfungen, die einen großen Teil der Mondoberfläche überziehen. Aus Laboruntersuchungen von Gesteinsproben der Apollo-15-Mission konnte das Alter des Einschlags auf etwa 3,85 Mrd. Jahre bestimmt werden. Die Lava, die den größten Teil der sichtbaren Oberfläche des Mare Imbrium bildet, ist etwa 3,3 Mrd. Jahre alt.

Das Mare Imbrium weist von allen uns zugewandten Maren das größte Ausmaß großräumiger Bereiche erhöhter Gesteinsdichte unter der Oberfläche des Mondes auf. Man bezeichnet diese auch als „Mascons“, was sich vom englischen Wort für Massenkonzentration (mass concentration) ableitet. Die Dichte innerhalb eines Mascons liegt bei 3,3 g/cm³, für das umgebende Gestein dagegen bei 3,0 g/cm³.

Das Juragebirge, offensichtlich Überrest der Umrandung eines anderen Einschlagbeckens von ca. 250 km Durchmesser, das sich mit dem Regenmeer überlappt, erstreckt sich in einem Bogen von ca. 420 km. An seinem westlichen und östlichen Ende befinden sich das Kap Heraclides (Promontorium Heraclides) sowie das Kap Laplace (Promontorium Laplace). Beide haben eine Ausdehnung von etwa 50 km. Gegenüber einer Höhe von 1.700 m von Kap Heraclides ist das Kap Laplace ein auffälliges Vorgebirge mit ca. 2.600 m Höhe. Die Sonne wirft einen auffälligen Schatten in die Bucht hinein. Östlich davon erkennt man das 83 km messende Montes Recti (Gerades Gebirge). Seine Gipfel erstrecken sich bis auf eine Höhe von ca. 1.800 m. Noch weiter östlich, aber nicht mehr auf der Aufnahme abgebildet, würde man den markanten Einzelberg Mons Pico finden.

Der größte Krater im Hinterland des Jura-Massivs ist der etwa 38 km große Krater Bianchini, dessen Kraterinneres noch zu ⅔ im Schatten liegt. Gerade so von der Sonne beschienen sind die oberen Kraterränder von Harpalus (40 km Durchmesser) nahe dem Terminator, sowie die mit Bianchini ein Dreieck bildenden ca. 20 km großen Krater Foucault und Bouguer. Westlich davon liegen die Krater Sharp (37 km) und Mairan (40 km). Etwa auf gleicher Linie und oberhalb des Montes Recti steht der 38 km große Krater La Condamine fast im vollen Sonnenlicht. Nördlich davon sind Teile des Mare Frigoris (Meer der Kälte) sowie am oberen rechten Bildrand der 163 km große und schon stark zerfallene Krater J. Herschel zu erkennen. Ganz im Süden am Bildrand schon außerhalb der Grenzen des Sinus Iridium ist der ca. 24 km messende Krater Helicon zu sehen. Er zeigt eine ungewöhnliche Struktur mit einer bemerkenswerten Terrasse innerhalb seiner etwa 2 km hohen Kraterwälle.

Auffällig bei dieser Beleuchtung sind die vielen teils konzentrisch zur Regenbogenbucht bzw. des Mare Imbriums verlaufenden Lavarücken zu erkennen. Die meisten davon befinden sich im Verbindungsgebiet zwischen beiden. Unzählige kleine Krater garnieren den Boden des Sinus Iridium sowie des Mare Imbrium. Sie können gut als Indikator für die Luftruhe genutzt werden, die meisten sind dem Amateur aber unzugänglich. Im südwestlichen Bereich in der Nähe des kleinen Kraters Herschel C hat die Mission Luna 17 am 17.11.1970 das Mondmobil Lunochod 1 abgesetzt, das ferngesteuert etwa 10,5 km im Mare Imbrium zurückgelegt hat.

Wenn der Terminator die Regenbogenbucht durchschneidet, spricht man auch von der goldenen Sichel oder dem goldenen Henkel. In unserer Aufnahme ist diese Phase allerdings bereits Vergangenheit.

Marcel Süssli aus Basel in der Schweiz (er ist uns als neuer Bildautor herzlich willkommen!) verwendete für die Aufnahme der Regenbogenbucht einen apochromatischen Refraktor der Marke „CFF Telescopes“. Die Öffnung beträgt stolze 180 mm bei einer Brennweite von 1.260 mm, was einem Öffnungsverhältnis von 1:7 entspricht. Mit einem Flatfieldconverter (FFC) der Marke Baader wurde die Primärbrennweite um den Faktor 4 auf ca. 5.000 mm verlängert. Als Aufnahmekamera diente eine Videokamera der Marke Point Grey GS3 mit Sony IMX 174 Chip. Dieser CMOS-Chip weist 5,86 µm große Pixel auf und ermöglicht Bildraten von bis zu 163 Bildern je Sekunde (Werksangaben). Für die Aufnahme wurde ein Video mit 4.000 Einzelbildern à 15 ms pro Bild erstellt, wobei die besten 300 Bilder mit dem Programm AutoStakkert 2 zum resultierenden Einzelbild gestackt wurden. Die Endbearbeitung erfolgte (laut Bildinformation) in Photoshop CS5.

Dieses Bild gelang dem Autor kurz vor Aufzug von Nebel am 19.03.2016 um kurz nach 20 Uhr MEZ. „Die Luft war recht ruhig, wenig Wabern, primär seitliches Zittern“, so Marcel Süssli nach eigenen Angaben.

Der Mond bietet unter bestimmten Beleuchtungsbedingungen immer wieder sehr schöne Ansichten und lohnt, beobachtet zu werden. Wir gratulieren Marcel Süssli zu dieser sehr ansprechenden Aufnahme!

Text: Jens Leich

Sie möchten zum Autor Kontakt aufnehmen? Klicken Sie einfach oben links auf seinen Namen.