25. Woche - Eine Möwe bei Sirius

Der Emissionsnebel IC 2177 liegt 8° nordöstlich von Sirius. Er wird durch die Sternbildergrenze zwischen dem Großen Hund und dem Einhorn zweigeteilt. Das AdW zeigt ihn in einem Feld von 138' x 103', wobei Norden links und Osten unten liegt. Schaut man sich die Koordinaten in der Datenbank SIMBAD an, so wird nicht etwa der Nebelschwerpunkt angegeben, sondern der Kopf eines großen Nebelgebildes, das einer fliegenden Möwe ähnelt – daher auch die populäre Bezeichnung „Möwen-Nebel“. Wir sehen im Bild Kopf und Körper (nach unten) sowie die Flügel, deren Spitzen aber noch ein Stück aus dem hier gezeigten Bildfeld hinaus ragen.
Der Möwenkopf wird in SIMBAD als „reflection nebula“ bezeichnet, also als Reflexionsnebel. Kein Wunder also, dass er auch die Katalognummer vdB 93 aus dem Reflexionsnebelkatalog von Sidney van den Bergh trägt. Daneben ist vdB 93 aber auch als Gum 1 geführt. Collin Gum war es, der viele südliche HII-Regionen katalogisiert hat. Gum 1 wird durch den heißen, jungen B0-Stern HD 53367 mit V = 6,96 mag und B = 7,40 mag zur Emission angeregt. Beide Helligkeitswerte zeigen, dass der Stern stark gerötet ist im Vergleich zu einer Lage im materiefreien Raum. Im Bild ist auch gut erkennbar, dass sich HD 53367 selbst am Beginn einer nach unten ragenden Dunkelwolke befindet. Ebenso sind als Ionisationsbeweis die vom B0-Stern geschaffenen „bright rims“ sehr deutlich zu sehen (die Kollisionsfronten des Sternwindes mit der umgebenden Materie). Dies wurde möglich dank der langen Belichtung in Hα. Wenn Sie das Vergleichsbild anschauen (hier klicken), werden Sie den Unterschied von vdB 93 bzw. Gum 1 sofort erkennen. Links ist das Rotbild aus dem SERC, rechts das Blaubild aus dem POSS. Hier im AdW kommt der Rotkanal dominant zur Geltung.
Jetzt zu einigen Details im Bild. Der hellste Feldstern ist etwa 25' rechts der Bildmitte zu sehen. Es ist FN Canis Majoris, ein Veränderlicher des Typs Beta Cephei. In Richtung der Nebelmitte hat sich hier eine parabolische, violett wirkende Stoßfront aufgebaut (dazu das Bild herunterladen und hineinzoomen). Der Stern gibt also heftige Sternwinde ab, die mit der Nebelmaterie kollidieren. Auch V569 ist ein Beta-Cephei-Veränderlicher am Hals der Möwe. Links unterhalb der Bildmitte sitzt NGC 2343, ein offener Sternhaufen aus überwiegend blauen A-Sternen, wobei der hellste aber ein gelblicher K-Riese ist. NGC 2335, ebenfalls ein offener Sternhaufen, ist im linken Flügel der Möwe zu finden. Auch hier ist der hellste Haufenstern vom Spektraltyp K.
Am rechten Bildrand (20' unterhalb der Bildmitte) fällt ein heller Stern der Farbe Orange auf. Er befindet sich in einer Ansammlung von Sternen, die man durchaus als lockeren offenen Haufen bezeichnen könnte. Ein solcher ist hier jedoch nicht bekannt. Es handelt sich bei dem Stern um den 7,4 mag hellen Kohlenstoffstern W Canis Majoris. Im infraroten J-Band kommt er sage und schreibe auf 4,8 mag! Der Helligkeitsabfall im visuellen und erst recht im blauen Licht beweist seine relativ kühle Oberflächentemperatur. Obwohl dieser Stern kaum UV-Energie ausstrahlt, steckt er in einem schwach rot leuchtenden Nebelanteil, ohne diesen jedoch anregen zu können.
Annette und Holger Manz sind die Bildautoren. Wir begrüßen sie hier herzlich in unserer Runde! Ihr Bild entstand zwischen dem 5. und 7. März 2016 mit einer Reiseausrüstung in Puntagorda auf der Kanareninsel La Palma. Teleskop war ein Apochromat des Typs Astro Professional 80/560 mm (reduziert auf f = 450 mm). Kamera war eine Moravian G2-8300FW. Belichtet wurde 20 x 20 min in Hα und nur 8 x 5 min in GB.
Text zum Objekt und den Aufnahmedaten: Peter Riepe
Mit IC 2177 von Annette und Holger Manz ist endlich einmal ein gerne links liegen gelassener Emissionsnebel des Winterhimmels AdW geworden. Doch auch das eingesetzte Instrumentarium und die gewählte Belichtungszeit durch die Farbfilter lassen aufhorchen.
Fotografiert wurde durch einen Astro Professional ED Refraktor (80 mm Öffnung) mit 0,8-fachem Reducer und einer dann resultierenden Brennweite von 448 mm, was einem Öffnungsverhältnis von 1 : 5,6 entspricht. Das Instrument zeichnet das präsentierte Feld sauber aus, die Farbfehler, die beim vorletzten AdW (Pferdekopfnebel) Thema waren, treten hier nicht in Erscheinung und die feinen Nebelkanten z.B. im Kopf der Möwe (IC 2177) sind geradezu spektakulär gut abgebildet worden. Allerdings ist das Bildfeld nicht sauber beschnitten, der linke und der obere Rand zeigen zum Teil einen rötlichen Saum.
Die Aufnahme ist eine Hα-G-B-Komposition, wobei durch den Hα-Filter 80% der gesamten Belichtungszeit erfolgten. Grün und Blau sind deutlich unterrepräsentiert, dass Farbmanagement bei der Bildbearbeitung dürfte somit nicht einfach gewesen sein. So fehlt vor allem Blau im Bereich von IC 2177, aber auch der „Möwenkörper“ hätte noch etwas mehr Blau vertragen können. Jetzt dominiert hier zu viel Pink, während der Himmelshintergrund vor allem oben im Bild zu grün bzw. in der rechten oberen Ecke etwas lila erscheint. Das Motiv verträgt also eine Nachbelichtung durch den grünen und blauen Filter, und wir hoffen, dass Annette und Holger Manz noch häufiger nach La Palma kommen und dazu dann auch die Zeit und Lust finden werden.
Kommentar zum Bild: Dr. Stefan Binnewies und Frank Sackenheim
Koordinaten J2000.0:
RA = 07 h 04 min 25 s, DE = -10° 27' 18"
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