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27. Woche: Drei wechselwirkende Galaxien in den Jagdhunden

Fotografiert von: Mark Achterberg | | Astrofoto der Woche

Im Sternbild Jagdhunde, bereits nahe der südlichen Grenze zum Haar der Berenike, liegen die beiden benachbarten Galaxien NGC 4631 und NGC 4656-7. Die erstere, auch „Heringsgalaxie“ genannt (rechts oben) ist eine Sc-Galaxie in Kantenlage. Ihre scheinbare visuelle Helligkeit beträgt 9.3 mag. Zahlreiche knotige Sternwolken sitzen in einer von viel Staub erfüllten Scheibe. Ihre Abmessungen betragen 15.1´ x 3.3´, die Form wirkt gebuckelt. Daher hat der bekannte Astronom Halton Arp sie auch in seinen „Atlas of Peculiar Galaxies“ als Objekt Nr. 281 aufgenommen. Wahrscheinlich wurde der Buckel durch die 12.3 mag helle elliptische Zwerggalaxie NGC 4627 verursacht, die 155´´ nordwestlich von NGC 4631 steht. NGC 4627 ihrerseits wurde offensichtlich durch NGC 4631 beeinflusst, denn beim genauen Hinschauen entdeckt man eine schwache Lichtbrücke zwischen beiden. Außerdem ist NGC 4627 eine gestörte elliptische Galaxie – die Form lässt das klar erkennen. Je nachdem welchen Viewer Sie benutzen, stellen Sie dazu das Bild auch ruhig etwas heller ein. NGC 4656-7 (links unten) ist 13.8´ x 3.3´ ausgedehnt, ihre scheinbare visuelle Helligkeit beträgt nur 10.4 mag. Das aktuelle AdW gibt diesen Helligkeitsunterschied durch die unterschiedliche Flächenhelligkeit sehr schön wieder. NGC 4656-7 wird oft als Sc-Typus bezeichnet, was aber nicht korrekt ist. Wikipedia gibt sie sogar als Balkenspirale an – unglaublich. Schauen wir doch besser in die Fachliteratur: Im „Carnegie Atlas of Galaxies“ von A. Sandage und J. Bedke (1994) wird NGC 4656-7 als magellansche irreguläre Galaxie typisiert. Nebenbei, liebe Leser, so ein herrliches Buch aus richtigem Papier im Großformat von 34 cm x 44 cm ist Gold wert! Es präsentiert in zwei dicken Bänden Hunderte von Galaxien!

NGC 4656 zeigt am nördlichen Ende zunächst eine schwache Fortsetzung, welche die eigene Bezeichnung NGC 4657 trägt. Ferner gibt es dort auch eine „gebogene Hutkrempe“ (= Warp). Solche Warps sind immer die Folge einer gravitativen Wechselwirkung mit einer nahegelegenen, wechselwirkenden Galaxie. Als solche kommt nur die Heringsgalaxie NGC 4631 in Frage (Combes 1978), die 31´ entfernt steht – das sind lediglich 225000 Lj. In der Warp-Zone und in der Zentralregion von NGC 4656-7 liegen dichte Gebiete der Sternentstehung, die sich als lange Kette erstrecken. Die hellsten blauen Überriesen kommen auf scheinbare Helligkeiten von 19 mag, liegen also für größere Amateur-Teleskope in Reichweite. Dass neue Sterne entstanden sind, wird durch zahlreiche HII-Regionen belegt. Die größte von ihnen im Zentrum misst 11´´ im scheinbaren Durchmesser. Ursache für den Sternentstehungsstoß (= Starburst) und die Warp-Bildung dürfte ein naher Vorübergang von NGC 4631 vor Millionen von Jahren gewesen sein.

NGC 4631 und NGC 4656-7 sind etwa 25 Millionen Lichtjahre entfernt. Daher kommen die beiden auf eine echte Größe von 110000 bzw. 100000 Lj.

Das AdW stammt von Mark Achterberg. Er verwendete einen 10"-Newton mit Koma-Korrektor auf einer Montierung EQ6 bei f = 1200 mm. Als CCD-Kamera diente eine ALccd6c/QHY8 mit Baader IR/UV-Sperrfilter. Die Nachführung erfolgte über eine QHY5 am Off-Axis-Guider mittels Guidemaster. Belichtungszeit: 16 x 10 min. Aufnahmedatum war der 14.04.2009, Aufnahmeort war Königstein-Ebenheit, Sächsische Schweiz (300m über N.N.).

NGC 4627 RA = 12 h 42 min 00 s, DEK = +32° 34´ 24´´
NGC 4631 RA = 12 h 42 min 08 s, DEK = +32° 32´ 27´´
NGC 4656-7 RA = 12 h 43 min 58 s, DEK = +32° 10´ 09´´