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27. Woche - Nur ein simpler doppelter Sternhaufen???

Fotografiert von: Stefan Binnewies | | Astrofoto der Woche

Das AdW (Norden oben, Osten links, Bildfeld 6,2° x 5,1°) zeigt mit NGC 2477 und 2451 zwei offene Sternhaufen im Sternbild Puppis. Sie liegen dort am Rande der dichten Milchstraße, nur 7° vom galaktischen Äquator entfernt. Insofern handelt es sich um zwei typische Sternhaufen der galaktischen Scheibe. Was jedoch auffällt: Beide sind in ihrer Erscheinungsform völlig verschieden. NGC 2477 (Mitte links) ist sehr kompakt, mit seiner zentralen Verdichtung ähnelt er einem Kugelsternhaufen. Dagegen besitzt NGC 2451 (Mitte rechts) nur wenige, weiträumig verteilte helle Sterne. Die Einzelsterne von NGC 2477 sind viel lichtschwächer als die von NGC 2451. Das lässt schon auf einen großen Entfernungsunterschied schließen. Lockere Sternhaufen - meist mit geringeren Sternmassen - haben nur einen geringeren gravitativen Zusammenhalt und driften deswegen schnell auseinander, bis zur Auflösung. Daher fällt dem Astronomen die Identifizierung der verstreuten Einzelsterne als Haufenmitglieder schwer. Wo ist die Haufengrenze? Kompakte Sternhaufen hingegen sind besser definiert, ihre Grenzen sind gut abschätzbar. Allerdings ist die Messung der Sternhelligkeiten wegen der Sternendichte (engl.: „crowded fields“) auch sehr viel schwieriger als bei lockeren Haufen.

Die Entfernung des kompakten Haufens NGC 2744 liegt nach Untersuchungen verschiedener Astronomen zwischen 6300 und 6800 Lj. Einig ist man sich beim Alter, das auf etwa 1 Milliarde Jahre geschätzt wird. NGC 2477 ist also nicht mehr jung, sondern bereits im „mittleren Alter“. Das wird auch gestützt durch den mittleren Farbindex B-V = 0,84 mag (weißgelb). Auf gut Deutsch: junge, blaue Sterne gibt es nicht, sie sind wegen ihrer schnellen Entwicklung bereits verschwunden. Zoomt man ins AdW hinein (dazu das Bild herunterladen), so wird sowohl anhand der Haufensterne als auch der Feldsterne offenkundig, dass die Sternfarben richtig kalibriert sind.

Ganz anders verhält es sich mit NGC 2151. Dieser Haufen ist sehr locker aufgebaut. Hellster Stern in NGC 2451 ist c Puppis (HD 63032) mit V = 3,61 mag. Dieser Rote Riese vom Spektraltyp K4 besitzt einen Farbindex B-V = 1,73 mag, was ungewöhnlich rot ist. Weniger bekannt dürfte sein, dass NGC 2451 in Wirklichkeit ein Doppelhaufen ist, und das wurde bereits vor mehr als 30 Jahren festgestellt. Die Einzelhaufen NGC 2451A und B stehen in unserer Sichtlinie hintereinander (Eggen 1983). Fotometrische Messungen haben gezeigt (Karchenko et al. 2005), dass NGC 2451A rund 610 Lj entfernt ist bei einem Alter von 57 Mio. Jahren. NGC 2451B steht weiter im Hintergrund, 1400 Lj entfernt und etwa 80 Mio. Jahre alt. Interessanterweise stellten Röser & Bastian bereits 1994 die These auf, NGC 2451 sei gar kein offener Sternhaufen, sondern eine auf 6° x 6° verteilte Bewegungsgruppe von Sternen, die „Puppis Moving Group“ mit einer Entfernung von 720 Lj. Jetzt könnte man daraus mutig folgern, dass die im AdW erkennbaren helleren Einzelsterne südwestlich von NGC 2451 ebenfalls dieser Bewegungsgruppe angehören.

Bildautor Stefan Binnewies gelang diese weitwinkelige Aufnahme am 1. April 2016 auf der Insel Praslin, Seychellen, direkt am Strand, knapp außerhalb des Wassersaums. Belichtet wurde auf einem iOptron Star-Tracker, 360 x 20 s. Die Gründe für die kurzen Belichtungszeiten werden im Bildkommentar noch erläutert. Als Kamera diente die EOS 600Da bei ISO 1600 und das Objektiv war das Canon 200 mm bei offener Blende 2,8.

Die invertierte und im Kontrast angehobene Abbildung (hier klicken) dient zur Demonstration der Objektlage. Was dem Bildautor bis zur Aufnahme selbst nicht bekannt war: die Sternhaufen liegen direkt in dem riesigen, bekannten Gum-Nebel und die auffällige Emissionsnebelkante im Feld ist völlig real! Was es mit diesem ausgedehnten Nebel auf sich hat, wird in einem separaten Bericht im VdS-Journal für Astronomie folgen.

Text zum Objekt und den Aufnahmedaten: Peter Riepe

Das heutige AdW ist erneut ein Beispiel dafür, was ambitionierte Astrofotografen heutzutage selbst mit einfachen Mitteln erreichen können. Verschiedene Hersteller bieten kleine Nachführeinheiten an, die es erlauben, mit kurzbrennweitigen Objektiven nachgeführte Aufnahmen zu erstellen. Abgesehen von einem Stativ, welches für diese Zwecke benötigt wird, sind diese Nachführeinheiten so kompakt, dass sie selbst in jede Westentasche passen. Somit ist man in der Lage, auf Reisen oder im Familienurlaub nachgeführte Aufnahmen zu erstellen, ohne gleich eine ganze Montierung im Gepäck haben zu müssen.Stefan Binnewies hat mit einer Nachführeinheit des Herstellers iOptron, einem 200-mm-Objektiv (Canon) und einer Canon 6D dieses wunderschöne Bild zweier Sternhaufen gemacht, die rein zufällig in der gleichen Bildebene liegen. Die Aufnahme entstand im Familienurlaub auf den Seychellen.

Um ein 200-mm-Objektiv sauber nachzuführen, muss die Nachführeinheit allerdings mit einem Polsucher sehr genau auf den jeweiligen Himmelspol ausgerichtet werden. Südlich des Äquators ist das allerdings keine leichte Aufgabe, da es am Südpol keinen Polarstern gibt, der die Suche erleichtert. Stattdessen orientiert man sich an den Sternen Sigma und Chi Octantis, die jedoch relativ schwach sind und auf den Seychellen so tief am Horizont liegen, dass es fast unmöglich ist sie aufzufinden. Also hat der Bildautor die „Einsüdung“ nur grob vorgenommen, und sich stattdessen für viele kurze Einzelbilder entschieden, die dann in der Summe eine Belichtungszeit von zwei Stunden ergeben.

Offene Sternhaufen wirken dann besonders schön, wenn sich in deren Umfeld Nebel oder Staub befindet. Stefan Binnewies´ Aufnahme zeigt dank der relativ langen Belichtungszeit beides, und so ergibt sich ein spannendes und ausgeglichenes Bild. Gratulation zu der tollen Aufnahme.

Kommentar zum Bild: Frank Sackenheim

Koordinaten J2000.0:
RA = 07 h 48 min 47 s, DE = -38° 14' 54"

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