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3. Woche - Der PN NGC 7139

Fotografiert von: Eckehard Alt | | Astrofoto der Woche

Der Planetarische Nebel NGC 7139 liegt im Cepheus. Das heutige AdW zeigt ihn in einem 15,8' x 10,3' großen Feld mit Norden oben und Osten links. NGC 7139 ist ein Beispiel für einen bemerkenswert runden PN mit einem wulstigen Außenring. An diesem Ring wurde eine Expansion von 38 km/s gemessen. Daraus lässt sich für NGC 7139 ein kinematisches Alter von 6000 bis 8000 Jahren abschätzen. Schaut man den Ring aber genauer an, so erkennt man oben links und unten rechts je eine leichte Ringöffnung. Hier ist der Außenring unterbrochen und Nebelmaterie dringt in Form zarter Henkel diffus nach außen. Die Angaben zur Entfernung des PNs sind in der Literatur nicht einheitlich. Sie streuen - je nach Messmethode - zwischen 2600 und 7800 Lj. Aus dem AdW selbst lässt sich ein scheinbarer Scheibchendurchmesser von 70" ermitteln. So kann man von einem mittleren wahren Durchmesser um 1,8 Lj ausgehen.

Für uns Amateur-Astronomen stellt der leuchtende Nebel den schönsten Teil eines PNs dar, er reizt am meisten zur Fotografie. Hingegen sind für die Profi-Astronomen die Zentralsterne der Planetarischen Nebel von erheblich größerem Interesse. Sie stellen eine "späte Phase" in der Sternentwicklung zum Weißen Zwerg dar. Der Zentralstern von NGC 7139 hat V = 18,72 mag (Jacoby & Kaler 1989). Er ist im AdW sehr schön zu sehen. Mit 0,48 Sonnenmassen ist er kleiner als unsere Sonne, leuchtet aber 80-mal so kräftig wie sie. Dies erklärt sich aus der enorm hohen Strahlung, denn immerhin hat der Zentralstern eine effektive Temperatur von 71.000 K (Amnuel et al. 1985) bzw. sogar 125.000 K (Walton et al. 1990). Das wiederum hat eine direkte Konsequenz für die Astrofotografie: Der Zentralstern sollte knallblau sein, was im AdW nicht herauskommt.

Zur Nebelfarbe. Im Strasbourg-ESO Catalogue of Galactic Planetary Nebulae, dem Standardwerk von Acker et al. (1992), werden für NGC 7139 folgende wesentlichen Emissionen angegeben: 100 Strahlungsanteile für Hβ (486,1 nm), 769 für [OIII] (500,7 nm), 432 für Hα (656,3 nm) und 308 für [NII] (658,4 nm). Walton et al. (1990) konnten am Isaac-Newton-Teleskop auf La Palma (D = 2,5 m) nachweisen, dass die [OIII]-Emission im Zentralbereich am stärksten ist, hingegen leuchtet der äußerste Rand rot. Was lässt sich daraus astrofotografisch folgern? Der Nebel sollte im Bereich um den Zentralstern blaugrün leuchten, denn die Ackerschen Werte von Hβ plus [OIII] erreichen 869 Anteile. Wird die zweite [OIII]-Linie bei 495 nm noch berücksichtigt, käme der Blaugrünanteil sogar auf über 1000 Anteile. Für die roten Anteile von Hα plus [NII] sind es dagegen 740 Anteile. Vergleichen wir jetzt auch noch die erzielten Sternfarben. Der Stern TYC 4270-31-1 bei den Pixelkoordianten (395/608) hat fotometrisch registrierte Helligkeiten B = 11.73 mag und V = 11.77 mag, d.h. der Farbindex B-V = -0.04 mag bedeutet eine knallblaue Farbe. Die Sternfarben der späteren Spektraltypen (etwa K) sind dagegen gut getroffen. Natürlich sind die Farben auch stets eine Frage der verwendeten Farbsättigung, und da ist der Bildautor eher zurückhaltend.

Bildautor ist Eckhard Alt. Er setzte einen Ritchey-Chrétien 400 mm/2700 mm ein, dazu eine CCD-Kamera SBIG ST-8E. Am 24.9., 27.9., 31.10. und 29.11.2016 sowie am 17.10.2017 belichtete er NGC 7139 an seinem Aufnahmeort im Pfälzer Wald insgesamt 12 h 44 min. Dabei kamen nicht die verbreiteten RGB-Filter zum Einsatz, sondern fünf Breitbandfilter zwischen 400 - 700 nm. Schmalbandfilter wurden nicht verwendet.

Text zum Objekt und Aufnahmedaten: Peter Riepe

Das heutige Bild ist aus technischer Sicht schon etwas sehr Besonderes. Der Bildautor Eckehard Alt ist nicht nur bekannt für seine Montierungen, er ist vor allem bekannt für die Entwicklung des Dreifarbenkompositverfahrens, welches er, zusammen mit den Amateurastrofotografen Brodkorb, Rihm und Rusche in den 1970er Jahren erdacht hat. Grob gesagt wurde dabei ein Farbdiafilm simuliert. Allerdings gab es keinen Schwarzschildeffekt, weil spektroskopische Filme der Sorte Kodak 103a verwendet wurde. Sie hatten ihre höchsten spektralen Empfindlichkeiten in Rot (Kodak 103aE), Grün (Kodak 103aG) und Blau (Kodak 103aO). Unerwünschte Wellenlängen wurden dabei mit verschiedenen Schott-Kantenfiltern ausgegrenzt. Diese Bilder wurden dann eingefärbt und übereinander gelegt, woraus sich in der Durchsicht ein farbiges Bild ergab. Es handelt sich im Prinzip dabei um die chemische Variante des heute üblichen RGB-Verfahrens, welches ja in der CCD-Fotografie gang und gäbe ist. In den 1970er Jahren war dies eine revolutionäre Idee im Bereich der Amateurastrofotografie.

Bei heutigen AdW kam wieder eine sehr durchdachte Methode zum Einsatz, die allerdings auf der Filterung mit fünf Farbfiltern und einer monochromen CCD-Kamera beruht. Dabei wurde ein Rotfilter benutzt, aber jeweils zwei Grün- und Blaufilter. Der Planetarische Nebel, der hier gezeigt wird, strahlt u.a. Licht in den Farben des [OIII]-Linienspektrums aus. Es handelt sich dabei allerdings um eine Doppellinie, die eine liegt etwas näher im blauen Bereich des Spektrums, die andere im Grünen. Eckehard Alt hat nun jeweils zwei Grün und zwei Blaufilter gewählt, von denen der eine Filter die jeweilige Linie enthält, der andere aber nicht. Mit dem Wissen über die genaue spektrale Empfindlichkeit der verwendeten CCD-Kamera in den Grundfarben kann aus diesen Filteraufnahmen dann ein Farbbild erstellt werden, welches sowohl die Strahler im kontinuierlichen Spektrum, als auch die Linienstrahler (PN) farblich „richtig“ darstellt.

 

Das leider fehlende Wissen darüber wie genau Herr Alt bei der Erstellung und Verarbeitung vorgeht, und der begrenzte Raum für diesen technischen Kommentar, erlauben es nur eine grobe Idee der Methode wiederzugeben. An dieser Stelle kann ich Herrn Alt nur dazu ermutigen, sein Wissen in Form eines Artikels zu teilen.

Kommentar zum Bild: Frank Sackenheim

Koordinaten von NGC 7139 (J2000.0):

RA = 21 h 46 min 09 s, DEK = +63° 47' 28''

Sie haben Fragen oder Anmerkungen? Kontakt zum AdW-Team: fg-astrofotografie@vds-astro.de.