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46. Woche - Die tief belichtete Umgebung von LDN 1235 im Cepheus

Fotografiert von: Peter Knappert | | Astrofoto der Woche

Das Sternbild Cepheus ist reich an interstellarer Materie. Gas- und Staubwolken ergeben die typischen Dunkelnebel, die durch eingebettete Sterne stets von Reflexionsnebeln begleitet sind. Heute geht es um die Dunkelwolke LDN 1235. Sie ist nicht mit dem „shark nebula“ identisch! Auch im PixInsight-Forum steht das leider falsch zu lesen. Der von Amateuren erfundene Name „shark nebula“ bezieht sich auf den langen Reflexionsnebel im Bildzentrum. Der wird wegen der Haifischform im amerikanischen Raum gern so genannt, dann natürlich postwendend auch bei uns … Nur für Interessierte: „reflection nebula“ (englisch) und „Reflexionsnebel“ (deutsch).

Was aber ist dann LDN 1235? Schaut man sich das AdW an (5,3° x 4°, Norden oben, Osten links), so fällt diese Dunkelwolke wegen ihrer geringen Größe zunächst kaum ins Auge. Man erkennt sie als dunkelste Stelle an der Ostspitze des Haifischnebels. Wie das Kürzel schon aussagt, stammt LDN 1235 aus dem Katalog von Beverly T. Lynds. Dieser Katalog wurde bereits 1962 publiziert, als noch niemand von tiefen Digitalaufnahmen träumte und die Dunkelwolken noch nicht als die finstersten Bestandteile der ausgedehnten, lichtschwachen galaktischen Reflexionsnebel erkennbar waren. Der LDN-Katalog basiert allein auf den spektroskopischen Fotoplatten des Palomar Observatory Sky Survey (POSS), der damals gerade in der Hochphase der Auswertungen stand. In ihrem Katalog gibt Frau Lynds für den Dunkelnebel 1235 eine Fläche von 0,037 Quadratgrad an. Und das passt gut zur Ausdehnung der kleinen Dunkelwolke im Bild, nicht aber zum gesamten Reflexionsnebel. Der bedeckt nämlich fast 2 Quadratgrad.

Jetzt bitte das Bild herunterladen, dann kann man in die Details gehen. Zunächst finden sich in LDN 1235 zwei kleine Reflexionsnebel. Der erste ist vdB 150. In diesem Nebelchen bei den Pixelkoordinaten 954/706 sitzt der 8,4 mag helle Stern BD+72°1020 (= HD 210806). Sein Spektraltyp ist B8IV, die Farbe ist mit B-V = 0,07 mag sehr blau. Etwa 30' südlicher findet sich bei 970/905 der Reflexionsnebel vdB 149. Er wird durch den 9,8 mag hellen Stern BD+72°1018 erleuchtet.

Und dann liegt bei 1331/743 eine kleine Galaxie im Bildfeld, die sich wegen ihrer enthaltenen Sternentstehungsgebiete für längere Brennweiten lohnt: UGC 11861. Mit B = 15,2 mag und 3´ Größe zählt sie zu den LSB-Galaxien (low surface brightness, geringe Flächenhelligkeit). Dies darf nicht verwundern. Schon an ihrer bräunlichen Farbe wird erkennbar, dass sie durch die interstellare Materie der Milchstraße verdeckt wird. Ihre Entfernung liegt bei 66 Mio. Lj (aus der Radialgeschwindigkeit von 1480 km/s abgeschätzt). Der Typ wird als SABdm klassifiziert, das wäre eine Magellansche Zwergspirale. Hier ist Kritik angebracht. Mit der im AdW gemessenen Ausdehnung von 3´ (im SDSS überprüft) ergibt sich nämlich ein echter Durchmesser um 58.000 Lj – keinesfalls ein Zwerg! Der Vergleich zu M 33 liegt viel näher.

Peter Knappert fertigte dieses interessante Bild am 5. September 2016 an. Aufnahmeort war Cornillac in der südfranzösischen Provence. An der CCD-Kamera Moravian G2-8300-FW saß ein Objektiv der Marke Canon EFL 70-200. Bei f = 200 mm und Blende 2,8 wurde wie folgt belichtet: Luminanz 10 x 12 Minuten, RGB je 10 x 4 Minuten.

Text zum Objekt und den Aufnahmedaten: Peter Riepe

Peter Knappert verband im September 2016 seinen Bergurlaub mit der Astrofotografie. Die hier gezeigte Aufnahme entstand im Südosten Frankreichs in den „Rhône-Alpes“, genau genommen in der Gebirgsregion zwischen den Ortschaften Cornillac und Rémuzat – und das ist dort keine unbekannte Gegend unter Astrofotografen. Die Kombination aus dunklem Himmel, einer lichtstarken Teleoptik und einer empfindlichen CCD-Kamera erlaubte es, ein recht lichtschwaches Objekt in nur einer Nacht aufzunehmen.

Die verwendete Optik war das Zoomobjektiv Canon EF L 70 - 200 bei 200 mm Brennweite und Blende 2,8 (Offenblende!). Dieses Objektiv ist unter Profifotografen sehr beliebt und befindet sich in fast jeder Fototasche eines Canon Liebhabers. Wir sind positiv überrascht, wie gut es bei offener Blende abbildet. Die Qualität hat allerdings ihren Preis. Das unter Astrofotografen sehr beliebte Festbrennweitenobjektiv von Canon mit 200 mm Brennweite und der gleichen Anfangsblende ist dagegen schon für weniger als die Hälfte des Geldes zu haben. Die Spikes an den hellen Sternen entstanden übrigens nicht durch die verwendete Optik, sondern durch die Mikrolinsen des CCD Chips. Das ist ein bekannter Effekt bei dem hier verwendeten Chip KAF 8300.

Wir hätten uns allerdings eine kräftigere Farbsättigung im Bild gewünscht, so wirkt die Aufnahme etwas grau, fast schon ein bisschen wie ein Schwarzweißfoto. Aber das ist natürlich Geschmackssache und wird sicher nicht von jedem so gesehen.

Kommentar zum Bild: Frank Sackenheim und Dr. Stefan Binnewies

Koordinaten der Bildmitte (J2000.0):
RA = 22 h 06 min 19 s, DE = +73° 10' 44"

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