50. Woche - LDN 1212 und Sh2-155

Im Grenzgebiet von Cepheus und Cassiopeia befindet sich ein beliebtes Fotomotiv, die HII-Region Sharpless 155. Das Objekt wurde in den letzten Jahren hier beinahe regelmäßig gezeigt (44-2016, 46-2015, 51-2013). Das soll aber nicht heißen, dass wir die Leser langweilen wollen. Vielmehr ist jedes Astrofoto für sich ein zeigenswertes Unikat, erstellt mit unterschiedlichen Optiken, Kameras und Filtern. Und aus Bildunterschieden kann man immer wieder lernen – als Bildautor ebenso wie als Leser. Ferner verändern sich im Laufe der Zeit ja auch Aufnahmetechnik und Bildbearbeitung.
Bildautor Peter Knappert fertigte die Belichtungen zu diesem LRGB-Komposit am 21.09.2017 an. Aufnahmeort war Cornillac in Südfrankreich. Aufnahmeteleskop war ein 105-mm-Apochromat (Marke TMB) von 500 mm Brennweite mit 0,75-fachem Riccardi-Reduktor, als CCD-Kamera diente eine Moravian G2-8300-FW. Das Zweifach-Mosaik besteht aus zwei Serien, Serie 1: LDN 1212 (westlicher Bildteil), Serie 2: Sh2-155 (östlicher Bildteil). Belichtet wurde wie folgt: Luminanz 20 x 20 min (ohne Binning), RGB je 20 x 5 min (2x2-Binning). Die Bildbearbeitung geschah mit CCDStack2, Fitswork und Photoshop CS4.
Was zeigt das AdW? Der 2,6° x 1,8° große Bildausschnitt ist reichlich gefüllt mit Gas und Staub, wobei Gas immer nur dann sichtbar und im optischen Spektralbereich fotografierbar wird, wenn es selbst leuchtet. Das ist jedoch nur in den Emissionsnebeln der Fall. Staub taucht überwiegend als Dunkelwolken auf. Wird der Staub in der direkten stellaren Nachbarschaft von Sternen erhellt, dann leuchten die so erzeugten Reflexionsnebel in der Farbgebung variierend von gelb bis blau. Aber das gesamte Licht aller galaktischen Sterne führt ebenfalls zu einer schwachen Erleuchtung des Staubes, so dass die Dunkelwolken – belichtet man sie nur lange genug – ebenfalls aufgehellt werden.
Von rechts (Westen) ragt eine längliche Dunkelwolke mit einem kordelförmigen zentralen Strang bis etwa zur Bildmitte. Das ist LDN 1212. Bei den Pixelkoordinaten (1526/721) ist ein bläulicher Reflexionsnebel zu sehen. Dazu bitte das gesamte AdW in vollständiger Auflösung herunterladen (siehe unten). Dieser anonyme Reflexionsnebel wird von der Dunkelwolke Dobashi 3388 zerteilt. Sie ist quasi ein Teil von LDN 1212 und setzt sich nach Osten als Dobashi 3391 fort. Dieser Komplex wird zudem noch von der Molekülwolke [YDM97] CO 40 überlagert (Yonekura, Dobashi und Mizuno, 1997). Daher verwundert es niemanden, dass hier Sternentstehung begonnen hat und sehr viele junge stellare Objekte nachgewiesen werden konnten. Für dieses Gebiet erscheint uns eine Anknüpfung an das Thema „Infrarotfotografie“ vom AdW der letzten Woche sinnvoll. Bestärkend dazu liegen an der Stelle (1471/703) drei rötliche Sternchen (dazu ins Original hineinzoomen). Sie repräsentieren die hellsten von mehreren Infrarotsternen, die im angrenzenden pechschwarzen Wolkenbereich gefunden wurden.
Zur Bildmitte hin verbreitert sich die Dunkelwolke. Zwei Sterne (HD 216658 und HD 216629) sind von dem bläulichen Reflexionsnebel GN 22.51.3 umgeben. Beide Sterne sind deutlich gerötet. Dadurch wird der 9,4 mag helle HD 216629 nicht seinem Spektraltyp B3+A3 entsprechend blau wiedergegeben. Bei (755/791) entdeckt man ein rotes Nebelknäuel. Es besteht aus verschiedenen Herbig-Haro-Objekten und beherbergt auch eine Radioquelle.
Über Sh2-155 selbst soll hier nichts weiter geschrieben werden, dazu schaue man sich die Infos aus dem AdW der Woche 44-2016 an. Gleichzeitig hier der Hinweis: Schauen Sie sich ruhig einmal beide AdWs näher an, dieses und das aus 44-2016. Der Vergleich zwischen einer LRGB-Aufnahme und einer Aufnahme mit Filterung in Hα, [SII] und B lohnt sich. Die unterschiedliche Wiedergabe von Emissions- und Reflexionsanteilen sticht ins Auge und ist in Bezug auf die Objektnatur sehr aussagekräftig.
Text zum Objekt und Aufnahmedaten: Peter Riepe
Fast schon eine kleine Tradition sind die herbstlichen Ausflüge unseres heutigen Bildautors in die französische Bergwelt, und damit auch das Einreichen eines Bildes als Astrofoto der Woche. Peter Knappert hat auch 2017 die Ortschaft Cornillac im Süden Frankreichs besucht und uns wie bereits 2016 Bilder von dort mitgebracht. Beim heutigen AdW handelt es sich um ein Mosaik, welches ursprünglich nicht als solches geplant war. Peter Knappert schreibt dazu: "Eines meiner Astrofotoziele war LDN 1212. Die Serie dazu nahm ich am 21.9.2017 auf. Dann sah ich, dass SH2-155 ebenfalls in der Nähe steht, dass das Feld bei 500 mm Brennweite aber zu klein für den 8300er Sensor war, um beide Objekte abbilden zu können. Daher startete ich eine zweite Serie mit Sh2-155 am folgenden Tag. Das Ergebnis ist nun ein Bild, das LDN1212 und Sh2-155 zeigt.“
Mosaike sind nicht trivial, sowohl in der Planung als auch in der anschließenden Bildbearbeitung. Nun war dieses Bild so zunächst nicht geplant, dennoch gibt es zahlreiche Möglichkeiten der Planung. Man kann einfach mit Hilfe eines Planetariumsprogramms die Bildfelder planen. Oft lässt sich in solchen Softwares das Bildfeld einer vorhandenen Teleskop/Kamera-Kombination darstellen, womit die Planung möglich wird. Es ist lediglich auf eine ausreichende Überlappung der Bildausschnitte zu achten. Etwas komfortabler sind spezielle Aufnahme Softwares, die ein solches Mosaik fast automatisch und im Alleingang erstellen. Ich habe Erfahrungen gemacht mit der Software Sequenz-Generator-Pro, einem Programm, das die automatisierte Bildaufnahme nicht nur von Mosaiken erlaubt.
Die Bildbearbeitung eines Mosaiks ist dagegen noch weniger trivial. Verzerrungen im Bild können z.Bsp. ein Überlappen erschweren. Außerdem unterliegt die Himmelsqualität selbst an perfekten Standorten Schwankungen, so dass bereits Aufnahmen innerhalb einer Nacht unterschiedlich ausfallen können. Erst recht aber Aufnahmen, die über mehrere Nächte entstanden, wie die vorliegende. So etwas äußert sich dann in unterschiedlichen Sternabbildungen, Rauschen oder Gradienten im Bild. Eine Anpassung der Mosaikteile von Hand kann da schnell zum Geduldsspiel werden. Auch hier gibt es bestimmte Softwares, die dem Astrofotografen diese Arbeit deutlich erleichtern können. Zu nennen sind da u.a. PixInsight, AstroPixelProcessor und die Software Theli. Allerdings hat der Autor angegeben, keine dieser speziellen Softwares benutzt zu haben, insofern ist das vorliegende Bild vermutlich echte Handarbeit. Wir finden, man sieht es dem Bild nicht an. Wir gratulieren Peter Knappert erneut zum AdW.
Kommentar zum Bild: Frank Sackenheim
Koordinaten der Bildmitte (J2000.0):
RA = 22 h 57 min 25 s, DEK = +62° 26' 20''
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