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51. Woche - Der helle Reflexionsnebel NGC 7023

Fotografiert von: Mark Schocke | | Astrofoto der Woche

Im Sternbild Cepheus befindet sich ein heller, blau leuchtender Reflexionsnebel: NGC 7023. Weil die Form an eine Blüte erinnert, wird NGC 7023 auch „Irisnebel“ genannt. Seine wahre Entfernung ist – wie in vielen ähnlichen Fällen – nicht eindeutig geklärt und hängt stark von der Messmethode ab. Aus Parallaxenvermessungen (Hipparcos) wurden 1700 Lj ermittelt (van Leeuwen 2007). Benisty et al. (2013) geben 1040 Lj an. Ein älterer Wert (van den Ancker et al. 1997) liegt mit 1400 Lj dazwischen. Da der scheinbare Durchmesser von NGC 7023 bei 18´ x 18´ liegt, kommt der Nebel auf einen echten Durchmesser von gut 7 Lj.

Interessant ist die chaotische und strähnige Struktur. Dunkelwolken werden von girlandenartigen Nebelbändern umgeben. Besonders sticht ein dunkles Loch im westlichen Nebelbereich hervor, durch welches viele Sterne sichtbar werden. Alles ist eingebettet in eine große und schwach rot leuchtende Molekülwolke, die Teil des größeren „Cepheus Flare“ ist. Hier wird das Licht der dahinter stehenden Sterne deutlich verschluckt. Der Anblick von NGC 7023 im aktuellen AdW (Norden oben, Osten links) zeigt, dass dynamische Prozesse zur Formung des Nebels geführt haben. Offenbar ist eine bipolare Ausfluss-Struktur entstanden. Sie konnte radioastronomisch bestätigt werden. Und jetzt Obacht: Eine kleine Zone nordwestlich des Zentralsterns zeigt eine rötliche Färbung. Hα in einem Reflexionsnebel? Nix da, dieses Leuchten stammt weder vom Hα noch vom [NII] oder [SII]. Hier wird zwischen 540 und 900 nm die breitbandige Emission der so genannten Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffe sichtbar (A.N. Witt et al. 2006).

Im Nebelzentrum findet sich eine kompakte Sternentstehungszone mit etlichen T-Tauri-Veränderlichen. Mittendrin sitzt der Stern HD 200775, ein spektroskopischer Doppelstern des Typs Herbig-Be. Seine Komponenten besitzen die Spektraltypen B3 und B5. Mit einer scheinbaren visuellen Helligkeit von B = 7,73 mag und V = 7,36 mag ist HD 200775 hellblau (Farbindex B-V = 0,37 mag). Dementsprechend beträgt die Temperatur an der Sternoberfläche etwa 17.000 K. HD 200775 ist die Hauptenergiequelle im Nebel, der Stern hat aber sein Hauptreihenstadium noch nicht erreicht, obwohl der bipolare Ausfluss beendet ist. Da die effektive Sterntemperatur nicht hoch genug ist, um genügend UV-Energie für die Anregung und Ionisation der umgebenden Gase zu erzeugen, tritt der Nebel nur durch Reflexion des blauen Sternenlichts in Erscheinung.

Mark Schocke (Fachgruppe Astrofotografie) verwendete einen Newton 200/800 mm, dazu als CCD-Kamera eine Moravian G2-8300 mono. Aufnahmedatum: 11.09. und 02.10.2015. Und was man immer wieder bewundern muss: Der Bildautor schafft es, aus der Ruhrgebietsstadt Oberhausen heraus solche hervorragenden Aufnahmen zu machen. Belichtet wurde 40 x 3 min (R), 38 x 3 min (G) und 38 x 5 min (B). Als Software für die Bildbearbeitung wurde PixInsight gewählt.

Text zum Objekt und Aufnahmedaten: Peter Riepe

Diese Abbildung von NGC 7023 zeigt keine technischen Mängel. Die durch die Belichtungszeit erreichte Tiefe ist beachtlich und lässt auch die schwachen äußeren Nebelstrukturen deutlich hervortreten. Die Farbkalibration zeigt keine Auffälligkeiten im Sinne einer Farbverschiebung zu unnatürlichen Farben, selbst die hellsten Sterne sind nicht ausgebrannt und leuchten gemäß ihrer Temperatur farblich fein ausdifferenziert. Weder eine übertriebene Schärfung noch Glättung wurde angewandt, allein das Nebelzentrum erhielt eine dezente Intensitätsabsenkung zur besseren Darstellung der hellsten Nebelstrukturen.

Soweit so perfekt – allein das Histogramm, die graphische Darstellung der Häufigkeitsverteilung aller Helligkeitswerte im Bild, zeigt einen schmalen steilen Gipfel, dem Bild mangelt es ein wenig an Dynamik und Kontrast. Abhilfe schafft hier eine leichte Beschneidung des Histogramms an den beiden nicht mit Helligkeitswerten besetzten Enden – das Bild beginnt zu leuchten und die Kritikeraugen tun es auch.

Kommentar zum Bild: Dr. Stefan Binnewies und Frank Sackenheim

Koordinaten (J2000):
RA = 21 h 01 min 37 s, DEK = +68° 09’ 48’’

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