Alle Themen auf Astronomie.de im Überblick




Ausgedruckte Seite: https://astronomie.de/aktuelles-und-neuigkeiten/detailseite

Ausdruck vom: Donnerstag, der 28.03.2024

Copyright: www.baader-planetarium.com

Zum Hauptinhalt springen
Offcanvas top
...

51. Woche - Eine helle H II-Region in der Cassiopeia

Fotografiert von: Horst Ziegler | | Astrofoto der Woche

NGC 281 ist ein heller Emissionsnebel im Sternbild Cassiopeia. Im aktuellen AdW liegt Norden links, Osten unten. Auffallend an NGC 281 ist die dunkle Südwest-Ecke: Das Gas wird durch dunkle Materie verdeckt. Radio-Untersuchungen haben gezeigt, dass hier dichtes molekulares Material ins Bild ragt (Megeath & Wilson 1997), welches zu einer ausgedehnten Molekülwolke gehört, die 1000 Lj über der galaktischen Ebene liegt (Lee & Jung, 2003). Wäre die Südwest-Ecke von NGC 281 nicht verdeckt, so würde die H II-Region rund erscheinen – halt eine typische kugelige H II-Region, die der Astronom auch als „Strömgren-Sphäre“ bezeichnet.

Im Zentrum der Nebelkugel sitzt der offene Sternhaufen IC 1590 (Guetter & Turner, 1997). Im AdW wirkt er unscheinbar, jedoch zeigen neuere Infrarotaufnahmen, dass es sich um einen stattlichen, tief im Nebel eingebetteten Haufen handelt. HD 5005 ist der hellste Haufenstern, ein Vierfachsystem. Die leuchtkräftigen Komponenten besitzen die Spektraltypen O6,5 bis O9, was im reinen RGB-Bild ein leuchtendes Blau darstellt. Aus HD 5005 stammt bereits der größte Teil der Anregungsenergie für die gesamte H II-Region. Aber noch weitere O-Sterne stecken im Nebel. Schön kommen die kräftigen „bright rims“ am Ostrand zur Geltung, die den dortigen Rand der Molekülwolke markieren. Es gibt auch kleinere Globulen. Geht man für die Dunkelwolke im Südwesten von 9170 Lj Entfernung aus (Sato et al. 2008), so errechnet sich für NGC 281 bei 40´ scheinbarem Durchmesser ein echter Durchmesser von gut 110 Lj. Das ist dreimal größer als der Orion-Nebel.

Jetzt ein paar klärende Anmerkungen zu den Emissionslinien. NGC 281 besteht zum Großteil aus Wasserstoff, aber auch aus anderen Elementen. Das emittierte Licht stammt von den folgenden Spektrallinien, geordnet nach Intensität:
- H-Alpha ist nicht „die“ Wasserstofflinie, sondern die hellste von zahlreichen solcher Wasserstofflinien. Alle Wasserstofflinien zusammen bilden ein Serienspektrum, das so genannte „Balmerspektrum“ mit H-Alpha, H-Beta, H-Gamma usw. Die rote H-Alpha-Linie ist mit einer Wellenlänge von 656,3 nm die langwelligste der Wasserstofflinien.
- [O III] ist eine „verbotene Linie“ des Sauerstoffs. Genau genommen handelt es sich um eine türkise Doppellinie bei den Wellenlängen 495,9 und 500,7 nm.
- H-Beta ist die zweithellste Wasserstofflinie im Balmerspektrum bei 486,1 nm und damit blau. Sie ist etwa dreimal schwächer als H-Alpha, aber in NGC 281 viel stärker als die folgende dunkelrote Linie:
- [S II], die doppelte „verbotene“ Linie des Schwefels, ist sehr schwach. Bevor man einen [S II]-Filter einsetzt, sollte man sich überlegen, ob das Objekt überhaupt genügend Licht dieses schweren Elements aussendet (nicht nur den Filter einsetzen, weil es ja alle so machen). In NGC 281 beispielsweise kommt [S II] nur auf etwa 6% der H-Alpha-Intensität. Supernovareste wie IC 443 oder der Krebsnebel, die bei der Explosion eines massereichen Sterns erzeugt wurden, zeigen in der Regel starke [S II]-Emissionen. Bei einer Supernova-Explosion werden ja bekanntlich schwere Elemente erzeugt.

Und was sind eigentlich „verbotene“ Linien? In dichten Gasen (z.B. im Labor) werden diese Emissionslinien nicht beobachtet. Im Kosmos jedoch, wo die Gasdichte der Nebel extrem gering ist und daher die Rekombination ionisierter Atome ungestört ablaufen kann, entstehen tatsächlich diese im Labor „verbotenen“ Linien. Sie werden zur Kennzeichnung in eckige Klammern gesetzt! Das mit den Klammern predigen wir vom AdW-Team schon seit langen Jahren, oftmals aber vergeblich - richtiges Lesen und Verstehen fällt offenbar vielen Amateuren schwer, sowohl auf ihren Webseiten als auch in ihrem Mailverkehr. Astro-Händler nehmen sich ebenfalls nichts von einer korrekten Bezeichnung der Filter an ...

Horst Ziegler, Mitglied der Fachgruppe Astrofotografie, zeigt uns mit NGC 281 eine Falschfarbenaufnahme, d.h. sie wurde nicht in den üblichen breitbandigen Bereichen Rot, Grün und Blau aufgenommen. Stattdessen hat der Bildautor zur besseren Darstellung der Objektstruktur während der Aufnahme für jeden der drei Farbkanäle eine engbandige Filterung gewählt. Gern wird anschließend die Farbgebung gemäß der „Hubble-Palette“ gewählt: [O III] für Blau, H-Alpha für Grün und [S II] für Rot. Hier jedoch wurde im Rahmen des „Tonemapping-Verfahrens“ eine ganz andere Farbgebung ausgesucht: 70% H-Alpha + 30% [S II] für Rot, 70% [O III] + 30% H-Alpha für Grün und [O III] noch einmal für Blau. Die Sterne wurden zur realistischeren Darstellung über RGB-Filter aufgenommen und hier auch so eingebaut. Kritische Anmerkung des AdW-Teams: Im grünen Spektrum hat keine H II-Region eine nennenswerte Emission, hier wird also durch die Wahl der Farbgebung ein vorhandener heller Nebel im grünen Spektralbereich vorgegaukelt. Was allerdings bei dieser Farbgebung gut herauskommt, ist der zentrale Nebelbereich, der in Blau die weite Ausdehnung der ionisierten Zone zeigt.

Aufnahmedatum war der 17. August 2013, Aufnahmeort war Mondsee/Salzkammergut. Als Teleskop kam ein Apochromat (TEC 140) mit 980 mm Brennweite zum Einsatz, kombiniert mit einer CCD-Kamera des Typs Moravian 11000. Belichtet wurde 14 x 600 s für H-Alpha, 10 x 600 s für [O III] und 10 x 600 s für [S II].


Koordinaten J2000.0:

RA = 00 h 52 min 25 s, DEK = +56° 33´ 54´´


Sie möchten zum Autor Kontakt aufnehmen? Dann klicken Sie einfach oben links auf den Autor-Namen!