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7. Woche - NGC 869/884, der Doppelsternhaufen h/χ Persei

Fotografiert von: Fabian Neyer | | Astrofoto der Woche

Noch ist der Perseus beobachtbar am frühen Abendhimmel. Deshalb soll eines der interessantesten Objekte dieses Sternbildes noch einmal zu „großem Glanz“ kommen: der doppelte offene Sternhaufen NGC 869/884, auch als h/χ Persei bekannt. In der Assoziation Perseus OB1 gelegen, ist er tatsächlich einer der wenigen physikalisch echten Doppelhaufen und gehört dem Perseus-Arm der Milchstraße an. Manchmal liest man, h/χ Persei sei das Zentrum dieser Assoziation.

Schon Hipparchus und Ptolemäus (150 v. Chr.) kannten h/χ Persei als nebliges Fleckchen am Himmel, wussten aber nichts von der stellaren Natur des Objekts [1]. Dies änderte sich erst nach der Erfindung des Teleskops. Merkwürdig ist, dass Charles Messier den Doppelsternhaufen, der schon mit bloßem Auge sichtbar ist, nicht in seinen „Messier-Katalog“ aufnahm. Ähnlich helle Objekte wie die Praesepe oder auch die Plejaden dagegen sind mit Messier-Nummern vertreten.

Im AdW 44/2011 standen erste Daten. Sie wurden durch eine neuere Untersuchung verbessert. Am 90-cm-Teleskop des Kitt Peak National Observatory entstanden Einzelaufnahmen mit den Filtern U, B und V (Slesnick et al., 2002). Bei einem Seeing von 1,3“ und einer Auflösung von 0,43“ pro Pixel ergaben die fotometrischen Auswertungen fünf interessante Ergebnisse:
1) Beide Sternhaufen sind gleich weit entfernt: 2344 pc ≈ 7650 Lj (Hinweis: 1 pc = 3,262 Lj).
2) Das Alter ist für h (NGC 869) und χ (NGC 884) im Wesentlichen identisch, nämlich 12,8 und 12,9 Millionen Jahre. Das ist jung, aber nicht mehr so jung, um O-Sterne zu besitzen.
3) Es gibt keinerlei Hinweis darauf, dass die Sternbildung von h/χ Persei in unterschiedlichen, aufeinanderfolgenden „Schüben“ ablief. Der Doppelsternhaufen entstand also in einer Epoche.
4) Für h Persei ergab sich eine Masse von 3.700 Sonnenmassen, für χ Persei ein Drittel weniger, nämlich 2.800 Sonnenmassen. Damit zählen h und χ Persei zu den massereichsten offenen Sternhaufen! Zum Vergleich: Die Plejaden besitzen nur ca. 320 Sonnenmassen.
5) Auch die Koordinaten der beiden Haufenzentren wurden noch einmal überprüft. Aus den Konturen gleicher Sterndichte ergaben sich exakte Werte (siehe Daten in diesem AdW).

Beide Sternhaufen haben ungefähr den gleichen scheinbaren Durchmesser von 30´. Rechnet man dies auf die Entfernung um, so beträgt ihr wahrer Durchmesser jeweils 67 Lj. Das ist halb so groß wie ein durchschnittlicher Kugelsternhaufen! NGC 869 ist visuell 4,3 mag hell, NGC 884 mit 4,4 mag fast gleich hell. Beide Haufen sind nur 78´ voneinander getrennt. Wenn sie von uns tatsächlich gleich weit entfernt sind, dann beträgt ihr wahrer Abstand etwa 180 Lj.

Für den Astrofotografen ist noch Folgendes wichtig. Die hellsten Sterne von 8 bis 13 mag besitzen durchweg Farbindizes B-V zwischen 0,25 und 0,4 mag. Das ist bläulich bis weißblau und muss bei der Farbkalibration während der Bildbearbeitung berücksichtigt werden, wie im aktuellen AdW. Weiße Sterne – wie so oft gesehen – liegen leider völlig daneben.

Fabian Neyer fertigte dieses sehr tiefe H-Alpha-LRGB an. Es zeigt h/χ Persei mit umgebenden rot leuchtenden Wasserstoffnebeln. Die sagenhafte Aufnahme entstand im Oktober 2011. Instrument war ein Refraktor NP101is f/5,4. Als Kamera wurde eine SBIG STL-11000M verwendet. Mit Baader-Filtern H-Alpha, L, R, G und B wurde eine Belichtungszeit von insgesamt 26,3 Stunden erreicht! Allein die Belichtung in H-Alpha betrug 22 Stunden. Von daher zeigt das Bild zeigt die roten Gasnebel im Feld stark überbetont. Dazu kamen 1,15 Stunden in L, je 1 Stunde in R und G sowie 1,15 Stunden in B. Aufnahmeort: Antares-Sternwarte in Gossau/Schweiz. Gratulation!

NGC 869: α = 02h 19m 22s und δ = +57° 09´ 00´´
NGC 884: α = 02h 22m 12s und δ = +57° 07´ 12´´

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Lösung zur Kniffelaufgabe AdW 06/2012

Nach einer einzigen Lösungseinsendung war im AdW der Woche 6 die letzte Kniffelfrage gestellt. Vielleicht gibt es aber doch Interessenten, daher hier der Lösungsvorschlag.

Wer wissen möchte, welchen Winkel die Zodiakallichtebene im letzten AdW mit der Horizontebene bildet, klickt hier.