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Sternbild Wasserschlange (lat. Hydra)

 

Lage, Größe und Sichtbarkeit

Das Sternbild Wasserschlange grenzt im Norden an die Sternbilder Krebs, Sextant, Becher, Rabe, Jungfrau und Waage. Südlich des Sternbilds Wasserschlange liegen die Sternbilder Zentaur, Luftpumpe und Kompass. Im Westen grenzt es an die Sternbilder Puppis, Einhorn und Kleiner Hund. Das Sternbild Wasserschlange ist so groß, dass es fast sieben Stunden lang dauert, bis es vollständig aufgegangen ist. Vollständig überblicken kann man es erstmals im Mai gegen Mitternacht. Es ist das größte Sternbild am Himmel. Seine Fläche beträgt 1303 Quadratgrad, doch trotz seiner Größe enthält es nur einen einzigen hellen Stern. Alle seine übrigen Sterne sind so lichtschwach, dass es schon erstaunlich ist, dass ein so ausgedehntes Sternbild aus so lichtschwachen Sternen über so viele Jahrtausende erhalten blieb, ohne von den Astronomen in kleinere Sternbilder zerlegt oder auf die umgebenden Sternbilder aufgeteilt zu werden.

Geschichte und Mythologie

Das Sternbild Wasserschlange ist eines der 48 klassischen Sternbilder der Antike. Es stammt ursprünglich aus der babylonischen Astronomie und trug dort den Namen MUS. Die ältesten heute bekannten bildlichen Darstellungen des Sternbilds stammen aus dem Seleukidenreich des 4. Jahrhundert vor Christus.
In der griechischen Mythologie gibt es zwei Erzählungen, die mit dem Sternbild Wasserschlange verbunden sind. Die eine berichtet von Apollon, der seinen sprechenden Raben mit einem Becher zu einer fernen Quelle schickte, von der ihm der Rabe einen Trunk frischen kühlen Wassers bringen sollte. Auf dem Weg zu der Quelle flog der Rabe über einen Feigenbaum hinweg, dessen Früchte fast reif waren. Anstatt zur Quelle zu fliegen und Apollon das Wasser zu bringen, ließ sich der Rabe auf den Baum nieder und wartete dort einige Tage ab, bis die Feigen reif waren. Dann fraß er sich an den leckeren Früchten satt, flog gelassen zur Quelle und füllte den Becher mit Quellwasser. Dabei überlegte er, mit welcher Ausrede er den mittlerweile gewiss recht wütenden Apollon beschwichtigen könnte, und während er überlegte, fiel sein Blick auf eine kleine Wasserschlange, die in der Quelle umher schwamm. Der Rabe packte die Schlange, tötete sie mit ein paar kräftigen Schnabelhieben und flog mit dem gefüllten Becher und der toten Wasserschlange zurück zu Apollon. Dem erklärte er dann, dass diese Schlange ihm den Zugang zu der Quelle tagelang verwehrt habe. Er habe seinen Auftrag erst ausführen können, nachdem er die Schlange schließlich besiegt habe. Apollon merkte jedoch sofort, dass der Rabe ihn anlog, daher verbannte er den verlogenen Raben samt dem Becher und der Wasserschlange als Sternbilder an den Himmel, zur Warnung an alle Lügner.
Die andere Erzählung bringt das Sternbild Wasserschlange mit der zweiten Aufgabe des Herkules in Verbindung, die dieser im Auftrag seines Vetters, dem König von Mykene, auszuführen hatte:  Herkules sollte das Ungeheuer Hydra töten. Diese Hydra war eine Giftschlange, die in einem unzugänglichen Sumpfgelände nahe der Stadt Lerna lebte. Sie war riesig, ihr Blut war ein Gift, das jeden tötete, der damit in Berührung kam. Sie hatte neun Köpfe, von denen einer unsterblich war, und sie galt als unbesiegbar, denn für jeden Kopf, den man ihr abhackte, wuchsen ihr sofort zwei Köpfe nach. Herkules trieb die Hydra zunächst mit Brandpfeilen aus ihrem Versteck. Dann griff er sie mit dem Schwert an. Doch egal wieviele Köpfe er dem Untier abhieb, es wuchsen ständig neue Köpfe nach, mit denen die Hydra gierig nach ihm schnappte. So geriet Herkules immer mehr in Bedrängnis. In dieser Situation kam ein riesiger Krebs aus dem Sumpf hervor, um der Hydra zu helfen und kniff mit seinen Scheren in den Fuß des Herkules. Herkules konnte den Krebs zwar mit einem kräftigen Tritt zerstampfen, doch nur durch die tatkräftige Hilfe seines Neffen Iolaos, der die Stümpfe der frisch abgehackten Köpfe mit einer lodernden Fackel ausbrannte, konnte Herkules die Hydra schließlich töten. Auf Bitten der Hera versetzte Zeus den Krebs und die Hydra als Sternbilder an den Himmel. Vom Sternbild Krebs ht jeder schon etwas gehört, denn es ist ein Tierkreissternbild. Vom Sternbild Wasserschlange haben Viele noch nie etwas  gehört, daher wird es selten beobachtet, obwohl es das größte Sternbild am Himmel ist.

Markante Sterne

Den Kopf des Sternbilds Wasserschlange bildet eine Gruppe von Sternen südlich des Sternbilds Krebs. Dieser Kopf besteht aus den Sternen Zeta, Delta, Epsilon, Eta und Sigma. Von dort setzt sich der Hals der Wasserschlange über den Stern Theta bis zu einem einzeln stehenden, hellen Stern fort. Das ist Alphard, der „Einsame“, der mit 2,0m hellste Stern des Sternbilds Wasserschlange. Von Alphard aus zieht sich der Körper der Wasserschlange als gewundene Sternenkette mit den Sternen Ypsilon, My, Ny, Xi, Beta, Gamma und Pi bis zum Stern 58 Hydrae hin. Am Himmel überspannt das Sternbild Wasserschlange vom Kopf bis zur Schwanzspitze einen Winkel von 103°.

 

Besondere Sterne (Doppelsterne, Veränderliche)

Das Sternbild enthält viele Doppelsterne, die schon in kleineren Fernrohren mit Erfolg beobachtet werden können. Sehenswert  ist der Doppelstern Epsilon Hydrae, seine beiden unterschiedlich hellen Partner stehen in drei Bogensekunden Abstand voneinander. Der Doppelstern N Hydrae liegt 5° nördlich von Ny, seine beiden 6m hellen Partner stehen acht Bogensekunden voneinander getrennt. Schon im Fernglas kann man die Partnersterne des Doppelsterns 27 Hydrae getrennt sehen, er liegt ca. 2° westlich von Alphard liegt. Bei hoher Vergrößerung im Fernrohr erweist sich einer der Partnersterne von 27 Hydrae seinerseits doppelt. Ca. 4° westlich des 3,5m hellen Sigma Librae liegt der 3,6m helle Doppelstern 54 Hydrae. Seine beiden Partnersterne können schon im Zweizöller getrennt gesehen werden.Ca. 3° nördlich der Mitte einer Linie von My Hydrae zu Ny Hydrae finden wir den Stern U Hydrae. U ist einer der rötesten und kühlsten Sterne, die man am Nachthimmel beobachten kann, seine Helligkeit schwankt unregelmäßig zwischen 4,5m und 6,2 m.

 

Sehenswerte Deep-Sky-Objekte

Am Westrand der Hydra liegt der helle Sternhaufen M48. Wir finden ihn mit dem Fernglas ca. 3,5° südwestlich des 4m hellen Sterns C Hydrae. Eindrucksvoll ist im Fernrohr NGC 3242. Dieser große und 7m helle Planetarischer Nebel liegt ca. 2° südlich des 3,8m hellen Sterns My Hydrae. Größe und Form von NGC 3242 erinnern an Jupiter, der grünlich schimmernde Nebel heißt daher auch treffend „Jupiters Geist“. Der Nebel sollte mit hoher Vergrößerung beobachtet werden.
Verlängert man eine Linie von Algorab (Delta Corvi) über Kraz (Beta Corvi) um 3,8° über Kraz in südliche Richtung, kann man im Fernrohr ab vier Zoll Öffnung den Kugelsternhaufen M68 beobachten. Das Sternbild Hydra enthält zahlreiche lichtschwache Galaxien, die jedoch nur in Teleskopen großer Öffnung erfolgreich beobachtet werden können. Die hellste Galaxie im Sternbild Hydra ist die 7,8m helle M83, diese 10 Millionen Lichtjahre entfernte Spiralgalaxie erreicht beim Meridiandurchgang in unseren Breiten leider nur einen Horizontabstand von ca.10°. Daher braucht man eine günstige Beobachtungsposition und eine sehr klare Nacht, um diese Galaxie von Mitteleuropa aus auch in kleineren Fernrohren beobachten zu können.

Über den Autor Günther Bendt

Günther Bendt ist Jahrgang 1951, Diplompädagoge und Ingenieur für Physikalische/Biomedizinische Technik. Er arbeitete in internationalen Unternehmen der Medizintechnik und war zuletzt mehrere Jahrzehnte Technischer Redakteur in einem Telekommunikationsunternehmen. Seit dem Sommer 2016 ist er im Ruhestand.

Als Kind beobachtete er zufällig eine Mondfinsternis, dieses Erlebnis weckte sein Interesse an der Astronomie. Seit 1997 macht er Führungen für Besuchergruppen der Volksternwarte Aachen. Er ist aktives Mitglied im Arbeitskreis Astronomie der Sternwarte. Seit 2000 wartet er die technische Ausstattung der Sternwarte.

Bei Astronomie.de erstellt er seit 2004 u. a. die monatliche Himmelsvorschau. Seit 2008 präsentiert er im Arbeitskreis Astronomie seine monatlichen „Neuigkeiten aus der Astronomie“.

Als astronomischer Betreuer hat Günther Bendt seit 2009 diverse Reisegruppen für Astronomie.de und für andere Veranstalter auf Sonnenfinsternisreisen nach China und Australien, zum Venustransit auf Island sowie zu diversen Polarlichtbeobachtungen im winterlichen Lappland begleitet. Er war bei fünf Reisen zum Nordkap auf einem Expeditionsschiff Kreuzfahrt-Lektor für Astronomie und Polarlicht. Auf fünf Kontinenten hat er bislang acht Totale Sonnenfinsternisse erlebt.