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13. Woche - NGC 2174/5, eine große HII-Region im Orion

Fotografiert von: Andreas Roerig | | Astrofoto der Woche

Im nördlichen Orion befindet sich in der Assoziation Gemini OB1 der Emissionsnebel NGC 2174/5. Er wird nach der Sharpless-Liste auch als Sh2-252 katalogisiert. NGC 2174 liegt etwa 3,5° südlich des bekannten offenen Sternhaufens M 35 in den Zwillingen. Genau genommen ist NGC 2174 der Nebel selbst, während NGC 2175 den zentralen offenen Sternhaufen bezeichnet. Hellster Stern des Haufens ist HD 42088, ein nur etwa 5 Mio. Jahre alter heißer Hauptreihenstern des Spektraltyps O6.6V mit visuellen 7,56 mag. Er allein wäre schon in der Lage, den Großteil der Ionisation von NGC 2174 zu gewährleisten, jedoch steckt in NGC 2174 mehr an Sternen, als es im visuellen Bereich den Anschein hat. Insgesamt erreicht der Sternhaufen visuelle 6,8 mag.

NGC 2174/5 sehen wir hier als gelungenes Bild von Fachgruppenmitglied Andreas Rörig. Er nutzte mehrere Nächte im Februar 2018, um an seiner Dachsternwarte in Wilsenroth/Westerwald Emissionsnebel plus Sternhaufen aufzunehmen. Teleskop war ein 200-mm-Newton (f = 800 mm, dazu ein GPU Korrektor), CCD-Kamera eine Moravian G2-8300, alles auf einer Montierung des Typs Millennium Mount. Das Falschfarbenbild entstand in Anlehnung an die Hubble-Palette, d.h. belichtet wurde 11 x 900 s für die Hα-Filterung, 12 x 900 s für [OIII], 11 x 900 s für [SII], insgesamt 8,5 h. Die Filter stammen von Astronomik, nachgeführt wurde mittels einer ALCCD 5L-II am Off-Axis-Guider. Anmerkung des Autors: „Kalibrierung (Dark und Flat), Registrierung und Kombination wurden mit meiner Software Regim vorgenommen.“

Der Nebel liegt im Inneren einer dichten Molekülwolke, ähnlich wie der Rosettennebel (siehe AdW der letzten Woche). So erzeugt der innere Komplex heißer, junger Sterne in NGC 2174 für eine starke UV-Strahlung und einen enormen Sternenwind, dessen Druck die Molekülwolke trifft und von innen her auseinander schiebt. Am hellen Westrand des Nebels wird dies besonders deutlich. Dort ragt dort die Molekülwolke in die H II-Region hinein, wird ionisiert („bright rims“) und zerfetzt. Was steckt alles in NGC 2174? Im Innenbereich sind einige Klumpen verborgen, denen man aber mit infraroten Wellenlängen ihre Geheimnisse entreißen konnte. Ich habe ein Tableau erstellt, das einen Infrarotblick durch die interstellare Materie auf das „stellare Innenleben“ zeigt und einen Vergleich zum optischen NGC 2174 ermöglicht (hier klicken). Oben ist der Zentralbereich unseres AdWs zu sehen, deckungsgleich darunter das Feld des 2MASS (das ist der infrarote 2 Micron All Sky Survey) aus der Datenbank SIMBAD. Es gibt mehrere interne, kompakte Sternhaufen, hier habe ich Sh2-252 A, C und D gekennzeichnet. Im AdW selbst sind an diesen Stellen hellere Nebelklumpen erkennbar. Demnach ist Sh2-252 A kein separater, im dunklen All liegender Emissionsnebel, sondern ein Loch in der fetten Molekülwolke, durch welches Strahlung nach außen dringt. Und noch ein schönes Detail wird erst durch die farbliche Hubble-Darstellung erkennbar: 8' nördlich des Zentralsterns sitzt als gelbliches rundes Objekt eine 4,5' große separate HII-Region an der nördlichen Grenze zur Molekülwolke.

Vorsicht vor allgemeinen Aussagen wie z.B. in Wikipedia. Hier steht, dass NGC 2174 eine scheinbare visuelle Helligkeit von 6,9 mag habe. Dies ist aber nicht die Nebelhelligkeit, sondern die des Sternhaufens! Weiter wird kommentarlos angegeben: Entfernung 6400 Lichtjahre, was Amateure dann gern auf ihren Webseiten übernehmen. Eine der zahlreichen, wissenschaftlich fundierten Messungen stammt von Reid et al. (2009), Astrophys. J. 700, Seite 137. Darin werden 2,1 Kiloparsec (6.850 Lj) angegeben. Der Nebel selbst ist laut Wikipedia 40' x 30' ausgedehnt, hier im AdW lassen sich diagonal bestätigende 44' messen. Demnach kommt NGC 2174 auf einen sehr großen wahren Durchmesser von 88 Lichtjahren.

Text zum Objekt und den Aufnahmedaten: Peter Riepe

Andreas Rörig gehört seit vielen Jahren zur deutschsprachigen Astrofotografieszene. Er fotografiert aus seiner privaten Sternwarte heraus, die in seiner Heimat, der Ortschaft Wilsenroth im Westerwald, gelegen ist. Zuletzt hat Andreas Rörig vermehrt Bilder ferngesteuert in den USA aufgenommen. Nicht nur seine Bilder haben ihn bekannt gemacht, auch die Entwicklung und ständige Verbesserung seiner Software REGIM. Dies ist eine Software zur Reduzierung von astronomischen Rohbildern zu einem Summenbild. Die Software ist recht übersichtlich aufgebaut, leicht zu bedienen und sehr gut. Seit einigen Jahren verfügt REGIM auch über die Möglichkeit einer Farbkalibrierung. Die Software ist unbedingt zu empfehlen als kostengünstige Alternative zu den kommerziellen Softwares, die es zur Zeit am Markt gibt. Andreas Rörig stellt die Software kostenfrei zur Verfügung, freut sich aber über Spenden. Selbstverständlich hat er seine eigene Software benutzt, um die hier gesammelten Bilddaten zu einem Summenbild zu verarbeiten, welches wir nun als AdW bewundern dürfen.

Es handelt sich erneut um eine klassische Hubble-Palette, also um Serienaufnahmen, die mit drei engbandigen Filtern gemacht und anschließend zu einem Farbbild kombiniert wurden. Dabei wird das [SII]-Bild dem Rotkanal, Hα dem Grünkanal und [OIII] dem Blaukanal zugeordnet. Da bei solchen Emissionsnebeln Hα meistens deutlich überwiegt, verstärkt man die anderen beiden Kanäle in der Bildbearbeitung. Durch diese Verstärkung blähen sich die Sterne etwas weiter auf, und im fertigen RGB-Bild erscheinen die Sterne sowohl im Blau- als auch im Rotkanal größer, gegenüber dem Grünkanal. In der Folge erhält man magenta- oder pinkfarbene Sternhalos. Um dies zu vermeiden, entfernen einige Astrofotografen zunächst die Sterne aus ihren Bildern, oder sie nehmen separat noch das Sternfeld mit breitbandigen RGB-Filtern auf, um diese anschließend ins Bild einzufügen. Eine dritte Möglichkeit wäre, die Halos durch Bildbearbeitung abzumildern. Alles das ist möglich, aber nicht zwingend nötig, denn für viele Astrofotografen gehören die magentafarbenen Sterne zu einer klassischen Hubble-Palette. Andreas Rörig überzeugt immer wieder mit solchen Bildern, die solide und eindrucksvoll, aber nicht übertrieben bearbeitet wurden. Wir gratulieren ihm zu dieser Aufnahme und zum AdW.

Kommentar zum Bild: Frank Sackenheim

Koordinaten für HD 42088 (J2000.0):

RA = 06 h 09 min 39.6 s, DEK = +20° 29' 15''

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