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17. Woche - Der offene Sternhaufen NGC 2244 im Rosettennebel

| Astrofoto der Woche

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Den Rosettennebel zeigen wir als Objekt immer wieder gern. Denn jedesmal sind es Kleinigkeiten, durch die ein neues Bild ergänzt wird und sich dadurch von den Vorgängerversionen unterscheidet. Bildautor Michael Kraus ist neu in der Runde der AdW-Astrofotografen. Daher begrüßen wir ihn ganz herzlich. Michael zeigt uns den inneren Bereich des Rosettennebels in einer Aufnahme vom 01.03.2022. Aufnahmeort war Schwabach in Franken. Mit einem Skywatcher 150/750 PDS und einer Kamera QHY163C wurde insgesamt 8,5 Stunden belichtet, davon 5 Stunden in Farbe und 3,5 Stunden durch einen Dual-Schmalbandfilter, den bekannten L-extreme von Optolong. Das Stacking wurde mit dem Astropixelprozessor vorgenommen, die Bildbearbeitung mit Photoshop. Bei 80' x 56' Bildfeld liegt Norden oben, Osten links.

Zum Objekt selbst: Die Katalogbezeichnungen sind vielfältig. Zunächst stammen aus historischen Zeiten verschiedene Beobachtungen, wonach dann Teile des Rosettennebels eigene NGC-Nummern erhielten. So stellt der Westbereich der Rosette, bezeichnet als NGC 2237/38, eher ein "NGC-Rätsel" dar. Denn NGC 2237 soll gemäß der Datenbank Simbad ein offener Sternhaufen sein, jedoch ist weder im optischen noch im infraroten Spektralbereich ein solcher Haufen sichtbar. Etwas nördlich von NGC 2237 liegt laut Simbad NGC 2238. Zudem wird zwischen beiden NGC 2246 angegeben ... Verwirrung? Schauen wir deshalb auf den zentralen Sternhaufen mit jungen heißen Sternen, der den Rosettennebel zur Emission bringt. Seltsam ist: Er wird auch als NGC 2239 bezeichnet. Wer nun weitere historische Aufklärung zu Katalognummern und Beobachtern sucht, dem sei Wolfgang Steinickes Discovery and Cataloguing of Nebulae and Star Clusters mit verschiedenen Auswahlmöglichkeiten nahegelegt.

Ich bleibe vorzugsweise bei folgender Darstellung: In der der Sternassoziation Monoceros OB2 sitzt der junge Sternhaufen NGC 2244. Um ihn herum erstreckt sich als große HII-Region der Rosettennebel, der auch eindeutig als Sh2-275, [GS55] 97 und LBN 948/949 katalogisiert ist. NGC 2244 mit dem Rosettennebel ist ein Musterbeispiel für einen Haufen aus sehr jungen, massereichen und heißen Sternen, die das sie umgebende Gas als sphärischen Nebel ionisieren. Der Astronom spricht dann gern von einer „Strömgrensphäre“. Typisch für den Rosettennebel ist demnach seine Kugelgestalt, die durch eine markante zentrale Höhle betont wird und so als Schalenstruktur erscheint. Dafür ursächlich verantwortlich sind die leuchtkräftigen OB-Sterne im Höhleninneren. Ihr Sternwind ist nach außen gerichtet und beträgt bis zu 3000 km/s. Die so geschaffene innere Blase expandiert mit 56 km/s (Brühweiler et al., 2021). Die Schalenstruktur des Rosettennebels selbst hingegen expandiert mit 14 km/s deutlich langsamer (Celnik 1986), so dass Höhle und Nebel ständig anwachsen. Das Material für die Bildung von NGC 2244 stammt aus der benachbarten Rosetten-Molekülwolke, so dass der Rosettennebel nichts anderes darstellt als ein ausgefranstes Loch in der Molekülwolke. Der breite, fransige Rand ist die leuchtende Zone, wo die Sternwinde von NGC 2244 mit der Molekülwolke kollidieren und auf diese Weise die Schalenstruktur schaffen. Dort gibt es einerseits leuchtende Bereiche, andererseits dunkle zerrupfte Rüssel und Globulen. Hier wird der Staub sichtbar, da ja jede Molekülwolke auch mit Staub assoziiert ist (ansonsten könnte man die Molekülwolke selbst gar nicht sehen).

Die Entfernung von NGC 2244 - damit auch die des Rosettennebels - schwankt in der Fachliteratur zwischen 4600 und 5800 Lj. Bonatto (2009) gibt einen Wert an, der mit 5200 Lj in der Mitte aller Angaben liegt. Im Grunde kann man diese Angaben heute getrost vergessen, denn die Gaia-Messungen der Sternparallaxen sind bisher unübertroffen in ihrer Exaktheit. Die fünf aufgelisteten hellsten O-Sterne in der zentralen Nebelhöhle (siehe Tabelle als Zusatzbild) weisen ziemlich ähnliche Parallaxenwerte auf. Aus ihrem Mittelwert berechnet sich eine Entfernung von 4943 Lichtjahren, gut passend zu den vorgenannten Werten aus der Literatur. Das Alter wird auf nur 1 bis 6 Millionen Jahre geschätzt. Bei einem scheinbaren Winkeldurchmesser von 1,5° ergibt sich somit ein wahrer Durchmesser von 129 Lichtjahren. Dagegen ist der Orionnebel M 42 mit 35 Lichtjahren Ausdehnung vergleichsweise winzig.

Der mit V = 5,8 mag scheinbar hellste Stern in NGC 2244 ist HD 46241 (12 Mon) bei den Pixelkoordinaten (815/983). Er hat den Spektraltyp K0III, ist demnach ein bereits entwickelter, gelber Riesenstern fortgeschrittenen Alters. Die Vermutung ist also: Da die jungen O-Sterne typischerweise nur 2 bis 4 Millionen Jahre alt werden, dürfte HD 46241 nicht zu NGC 2244 gehören. Bestätigung bringt die Gaia-Parallaxe von 7,0553 Millibogensekunden, so dass HD 46241 nur 462 Lichtjahre entfernt ist. Also handelt es sich definitiv um einen Vordergrundstern.

Was zeigt uns das AdW bei genauerer Betrachtung noch? Im südöstlichen Innenbereich der zentralen Höhle erkennt man einige kleine, bogenförmige Nebel. Es handelt sich um ionisierte Hochgeschwindigkeitsknoten (Meaburn & Walsh, 1986). Spektraluntersuchungen zeigen, dass in diesen Objekten Hα- und [OIII]-Strahlung in etwa gleich hell sind. Die bereits erwähnten Rüssel und Globulen liegen auf der uns zugewandten Seite des Rosettennebels, daher schauen wir auf ihre uns zugewandte dunkle Rückseite. Auch radioastronomisch können diese dunklen Gebilde registriert werden, im Bereich der CO-Emission (110 und 115 GHz). Eine solche Untersuchung von Gahm et al. (2013) zeigte, dass sich die Elefantenrüssel und Globulen im Rosettennebel mit 22 km/s vom Haufenzentrum weg bewegen. Der gesamte Schalenbereich des Nebels ist übrigens auch durch einen hohen Staubgehalt geprägt. So kommt es im gesamten Nebelgebiet zu Lichtschwächungen mit einer visuellen Absorption um 1,5 mag.

Anmerkungen: Bei der QHY163C handelt es sich um eine CMOS-Farbkamera. Der Aufnahmeort Schwabach liegt nur etwa 12 km südlich der Großstadt Nürnberg. In diesem Gebiet herrscht bereits eine deutliche Lichtverschmutzung des Nachthimmels. Insofern ist es verständlich, dass unser Bildautor seine Farbaufnahmen durch eine zusätzliche Schmalbandfilterung verstärkt hat. Genau deshalb bleibt das Bild eine Falschfarbendarstellung. Wird so etwas moderat gehalten und dabei ordentliche Sternfarben erreicht, dann ist gegen diese Methode der Nebelsichtbarmachung kaum etwas einzuwenden.

Einen herzlichen Dank an Michael Kraus für das schöne Bild des Rosettennebels. Und dazu die Gratulation des AdW-Teams zum Astrofoto der Woche.

 

Peter Riepe
Bildautor: Michael Kraus

 

Koordinaten (J2000.0) des Rosettennebels:
RA = 06 h 32 min 27 s, DE = +04° 47' 37"

 

 

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