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2. Woche - Die Plejaden Messier 45, das Siebengestirn

| Astrofoto der Woche

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Bruno Mattern schickte das heutige Astrofoto der Woche ein: Die Plejaden. Der offene Sternhaufen ist allen wohlbekannt – ein helles Standardmotiv. Die Aufnahmen zum AdW sind recht neu, sie entstanden zwischen dem 10. und 14.10.2021 am Aufnahmeort in der Lüneburger Heide. Das Resultat war für den Bildautor eine Premiere, denn er setzte zwei Takahshi-Teleskope simultan ein: a) einen Epsilon 200 mit D = 200 mm und f = 800 mm, f/D = 4, b) einen Epsilon 130 mit D = 130 mm und f = 430 mm. So waren es dann auch zwei Kameras: eine ZWO ASI094MC und eine ZWO ASI071MC pro, beide für das Vollformat. Die Belichtungszeiten betrugen 32 x 5 min am E 200 und 28 x 5 min am E 130. Die beiden Epsilon sitzen mit weiteren Teleskopen auf einer Montierung des Typs MAUZ MAM 100. Hauptteleskop, mit dem auch über einen Giant Easy Guider mit einer SBIG ST-2000 nachgeführt wurde, ist ein 12-Zoll-Meade ACF. Verwendete Software: mit Registar kombiniert, DSS, Fitswork und PS-CS6. Das Bildfeld ist mit 2° 34' x 1° 42' ziemlich groß. Norden ist oben, Osten links. Der Bildmaßstab ergibt sich aus dem AdW zu 1,261"/px (= Bogensekunden pro Pixel).

Die Plejaden sind als Objekt für die Zeit Herbst/Winter ein markantes Objekt. Ihr regelmäßiges Erscheinen zum Herbst machte sie zu einem Kalenderobjekt, wichtig für die Landwirtschaft. Schon frühere Kulturen kannten die Plejaden als Himmelsobjekt und verewigten sie auch bildlich, wie uns die Himmelsscheibe von Nebra beweist. Der populäre Name "Siebengestirn" kam zustande, weil man im Wesentlichen sieben Sterne mit bloßem Auge wahrnehmen kann. Versierte Beobachter sollen auch mehr Plejadensterne erkennen können.

Einige Fakten zum Objekt selbst. Wie weit sind die Plejaden entfernt? Die aus der gemessenen Parallaxe bestimmten Werte variieren von etwa 130 bis 140 pc (Groenewegen et al. 2007, Galli et al. 2017, Elsanhoury & Nouh 2018). Man kann also von etwa 440 Lichtjahren ausgehen. Eine brandneue Arbeit von G. Torres et al. (2021) ergab, dass der Anteil von Doppelsternen in M 45 bei 25% liegt – das ist viel. Die Masse wurde auf 840 ± 200 Sonnenmassen ermittelt. Gao (2019) gibt 721 ± 93 Sonnenmassen an, was gut dazu passt. Das Alter der Plejaden wird auf 120 ± 10 Mio. Jahre geschätzt (Basri et al. 1996, Martín et al. 1998, Gossage et al. 2018). Das ist ein noch relativ geringes Alter. Inzwischen sind mehr als 1000 Mitgliedsterne bekannt (Sarro et al. 2014).

Die Veröffentlichung der Gaia-Daten in der Datarelease 2 haben neue Einsichten für das Studium der offenen Sternhaufen geliefert, weil die hochpräzisen astrometrischen und fotometrischen Daten die Identifizierung auch entfernter Haufenmitglieder ermöglichen. So konnte Gao (2019) auch eine Angabe zur Haufengrenze machen. Sie liegt bei 310′ ± 12′ vom Zentrum aus gesehen, das sind 80 Lj im Durchmessser. Auch die Eigenbewegung der Plejaden konnte sehr genau gemessen werden, also die Winkelbewegung gegenüber den Fixsternen pro Zeitabschnitt. Gao fand +20,141 ± 0,093 Millibogensekunden pro Jahr in Rektaszension, in Deklination -45,536 ± 0,081 Millibogensekunden pro Jahr. Das zeigt ganz klar: Die Plejaden wandern aktuell durch den mit interstellarer Materie gefüllten Raum. So ist es dann erklärbar, dass der Sternhaufen von Nebeln umgeben ist, die als blau angestrahlte Reflexionsnebel sichtbar werden. Im AdW zeigt sich aber ganz klar, dass der blaue Schimmer nach außen in das Braun der üblichen galaktischen Staubnebel übergeht. Da die Plejaden keinerlei O-Sterne enthalten, sondern nur Sterne ab dem Spektraltyp B und später, gibt es auch keine Anregung des umgebenden Wasserstoffs mit Hα-Leuchten, obgleich genug davon vorhanden sein dürfte.

Die neuen Forschungsarbeiten unter Nutzung der Gaia-Daten zeigen, dass die Plejaden weiter nach außen reichen als bisher angenommen. So wurde von Gagné et al (2021) herausgefunden, dass es in der Nähe der Plejaden zwei „moving groups“ (Bewegungsgruppen) von Sternen gibt, die eine ähnliche Eigenbewegung wie die Plejaden selbst zeigen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich um Gruppen aus den Plejaden herausgerissener Sterne (tidal tails, Gezeitenschweife), die die Plejaden nun bei ihrer allmählichen Auflösung begleiten. Diese Bewegungsgruppen sind als Theia 301 und Theia 368 bekannt geworden. Quelle: Jonathan Gagné et al. 2021: A Number of nearby Moving Groups May Be Fragments of Dissolving Open Clusters; Astrophysical Journal Letters 915:L29 (8pp), 2021 July 10.

Anmerkungen: Schaut man sich (wie es für Astrofotografen üblich sein sollte) das AdW im Detail an, so sieht man einige Stellen, die einen schlecht bearbeiteten Hintergrund zeigen, so z.B. im Zusatzbild. In einem Mailwechsel dazu erklärt Bruno Mattern: „Es sind Schärfungsartefakte, die damit zusammenhängen, dass zum Zeitpunkt der Bilderstellung mein Workflow nicht optimal war. Das hat sich inzwischen geändert. Ich hoffe, du kannst das so akzeptieren und auch im Begleittext ruhig Bemerkungen dazu machen. Bei der Aufnahme habe ich nur Flats angewandt, zudem muss ich mich in die CMOS-Kameras noch weiter einarbeiten, das ist eine andere Liga.“ Das ist nun erledigt, Bruno – vielen Dank für die Offenheit!

Ansonsten herzlichen Dank für das wirkungsvolle Bild, dazu die Gratulation zum Astrofoto der Woche!

 

Peter Riepe
Bildautor: Bruno Mattern

 

Koordinaten (J2000) der Plejaden:
RA = 03 h 47 min, DE = +24° 07´

 

 

 

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