22. Woche - Leuchtende Nebel in der Molekülwolke MonR2

Etwa 8,5° östlich des Orionnebels M 42 liegt im Sternbild Einhorn (Monoceros) eine weniger bekannte Nebellandschaft. Sie ist Bestandteil der Molekülwolke Monoceros R2, die wir im heutigen AdW mit all ihren „verborgenen Schätzen“ zeigen. Bildautor ist Andreas Max Böckle, ein neuer Kollege in unserem Kreis der AdW-Astrofotografen. Daher begrüßen wir ihn hier recht herzlich.
Die Belichtungsserie entstand an vier aufeinander folgenden Nächten ab dem 21.02.2020. Der Ort war die bekannte Postalm, die oberhalb des noch bekannteren Wolfgangsees im Salzkammergut liegt. Als Teleskop wurde ein 200-mm-Newton (Lacerta) mit f = 800 mm eingesetzt. Die Kamera war eine Nikon D5100a. Belichtet wurde 85 x 300 s bei ISO 800. Dabei wurde fürs Autoguiding ein MGEN2 am Sucher verwendet. Als Montierung diente eine Skywatcher AZ-EQ-6. Benutzte Software: PixInsight, Photoshop. Aus dem Bildmaßstab von 1,234 arcsec/px ergibt sich eine Bildabmessung von 82' x 53'. Norden liegt auf 13 Uhr, ist also nicht an den Beugungsspikes orientiert. So konnte die weiter unten besprochene Nebelformation sehr schön entlang der Bilddiagonale angeordnet werden.
Das AdW beeindruckt durch seine vielen farbigen Nebel, die von strähnigen Dunkelwolken begleitet werden. Das Zusatzbild (hier klicken) ist der kontrastverstärkte Rotkanal. Damit wird die Nebelvielfalt deutlich. Markiert sind die Katalogbezeichnungen, in Anlehnung an die Datenbank Simbad. Im Grunde stellt der nebelige Komplex unten rechts das Zentrum der Molekülwolke Monoceros R2 dar. Hier tummelt sich eine Ansammlung von Reflexionsnebeln, die eingebettet sind in ein rotes Leuchten. Das Rot von NGC 2170 ist aber eher ein schmutziges Rot, bedingt durch den vielen Staub. NGC 2170 ist auch als Cederblad 63, als LBN 994 und als DG 88 katalogisiert. In Simbad wird dieser rötliche Nebel als Reflexionsnebel bezeichnet – seltsam! Die Astronomen Kuchar, Clark und Frank nennen NGC 2170 eindeutig eine HII-Region. Sie hatten einige HII-Regionen radioteleskopisch bei einer Frequenz von 4,85 GHz untersucht (Astronom. J. 114, 198-221, 1997). Schaut man sich das AdW genauer an, so stellt man schon einen Unterschied der Rotfärbung von NGC 2170 zu dem schwachen Rot fest, welches die blauen Reflexionsnebel umgibt. Der Anteil an blauem, reflektiertem Licht sorgt eher für einen Magenta-Ton.
An Reflexionsnebeln sind zunächst drei „van den Berghs“ zu nennen: vdB 67 mit dem 10,1 mag hellen B1-Stern BD-06°1415, vdB 68 mit dem 9,7 mag hellen B1.5-Stern BD-06°1417 und vdB 69 mit dem 9,6 mag hellen B2.5-Stern BD-06°1418. Sie umgeben sozusagen NGC 2170, wobei vdB 68 und vdB 69 eine faserförmige Struktur aufweisen. Unterhalb von vdB 69 liegt die Dunkelwolke Dobashi 4977, sie weist eine chaotische Struktur auf. Ein weiterer heller Reflexionsnebel befindet sich in der Bildmitte. Es ist der knallblau leuchtende NGC 2182 (= Ced 68 = DG 93 = LBN 998) mit dem 9,3 mag hellen B3-Zentralstern BD-06°1431. Und links oben liegt noch ein Nebelfeld mit den Einzelnebeln GN 06.08.7 und NGC 2183 (= Ced 69 = LBN 996 = DG 94). Noch weiter nach oben links – fast schon in der Bildecke – ist auch noch [RK68] 54 gelegen (der Nebel Nr. 54 aus dem Katalog von Rojkovskij und Kurchakov, 1968). Bemerkenswert ist, dass die letztgenannten Nebel wenig blau sind, eher gelblich-weiß.
Wie weit ist der Molekülwolkenkomplex entfernt? J.M. Carpenter (Astronom. J. 120, 3139-3161, 2000) folgert aus IR-Messungen 830 pc (~2700 Lj). Das liegt deutlich weiter weg als der Orion-Komplex.
Anmerkung: Das AdW darf als gelungen bezeichnet werden. Andreas Max Böckle hat bewusst lange belichtet. Aber das sollte auch klar sein: 7 Stunden bei Blende 4 sind schon angesagt, wenn man schwächste Nebel rauscharm abbilden will. Mir persönlich gefällt auch sehr, dass die DSLR (und natürlich auch die Bildbearbeitung) eine so saubere Farbleistung bringt, dazu die Farben der Reflexionsnebel gut differenziert. Hier zeigt sich übrigens, dass zum „Herauskitzeln“ schwacher roter Nebel nicht immer ein Hα-Filter sinnvoll ist, sonst hätten wir keine Farbdifferenzierungen von bräunlich-rot bis hin zu magentarot, sondern lediglich ein plakatives Rot.
Wir bedanken uns bei Andreas Max Böckle für das informative Bild und gratulieren herzlich zum Astrofoto der Woche.
Peter Riepe
Bildautor: Andreas Max Böckle
Koordinaten von NGC 2170 (J2000.0):
RA = 06 h 07 min 48 s, DE = -06° 23' 06"
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