23. Woche - Der Planetarische Nebel M 76

Bildautor: Hartmut Bornemann
Heute geht es wieder einmal um einen Planetarischen Nebel (PN), diesmal ist es Messier 76 (= PN G130.9-10.5 = NGC 650/51) im Perseus. Er ist auch unter dem Eigennamen "Kleiner Hantelnebel" bekannt. Das Bildfeld ist 56' x 42', Norden ist oben, Osten links. Bildautor ist Hartmut Bornemann, Mitglied der VdS-FG Astrofotografie. Die Aufnahme entstand am 11. Oktober 2018 in Wasbüttel (Niedersachsen). Der Aufnahmerefraktor, ein Takahashi TOA-150 mit Flattener, Brennweite 1096 mm, kommt damit auf ein Öffnungsverhältnis von 1:7,3 (bzw. Apertur f/7,3). Als Kamera wurde eine ML8300 von Finger Lakes Instrumentation mit Filterrad verwendet. Für die Filterungen des RBG-Bildes kamen RGB-Filter von Astronomik zum Einsatz. Belichtung: 4 h 40 min, RGB (100 min, 90 min, 90 min), kein Binning. Dabei zeigte das SQM eine Himmelshelligkeit von rund 21 mag pro Quadratbogensekunde an. Nachgeführt wurde mittels Refraktor FS-60 von Takahashi über eine SBIG ST-402ME, alles auf einer Montierung EM-400 von Takahashi. Die Aufnahmesoftware ist ein "Eigengewächs". Als Bearbeitungssoftware wählte der Autor PixInsight mit eigenen Skripten
Die wenigsten PNe (Mehrzahl von PN, planetary nebulae) sind rund. Meistens überwiegt eine elliptische Form wie beim Ringnebel M 57. Einige Beispiele sind auch bekannt, in denen der PN bipolare Formen zeigt. M 76 treibt es auf die Spitze: Er besitzt eine punktsymmetrische Schmetterlingsform. Alle solchen punktsymmetrischen PN-Formen lassen darauf schließen, dass sich im Zentrum ein rotierendes Objekt befindet. Nur so lässt sich erklären, dass ein Drehimpuls geliefert werden kann, der für die PN-Form verantwortlich ist. Und in der Tat macht M 76 auch keine Ausnahme. Acker et al. Berichten im Strasbourg-ESO Catalogue of galactic planetary nebulae (1992), dass der Zentralstern - ein Weißer Zwerg namens WD 0139+513 - doppelt ist. Die zweite Komponente ist etwas schwächer als der Hauptstern und hat von diesem eine Distanz von 1,4 arcsec. Damit zählt der Zentralstern zu den visuellen Doppelsternen, so dass die Doppelsternbewegung formgebend für M 76 ist. Den Zentralstern kann man im AdW wegen des hell leuchtenden Gases nur schwer (aber doch sicher) erkennen. Für diejenigen, die sich für Literatur über zentrale Doppelsterne bei PNe interesieren, sei die folgende Quelle genannt: A.A. Zijlstra (2007): Binary central stars of planetary nebulae; Baltic Astronomy 16, 79-86.
Angesichts der Nebelfarbe muss sich der Astrofotograf fragen: Was zeichnet die Emission von M 76 eigentlich aus? Acker et al. (1992) geben konkrete Linienemissionen und Stärken an. Hα: 649, Hβ: 100, [NII]: 490, [SII]: 115. Ungewöhnlich, dass ein PN überhaupt so viel Schwefellicht aussendet. Die stärkste Emissionslinie ist natürlich [OIII] mit 1185, was ja auch durch die Aufnahme von Hartmut Bornemann gut belegt wird. Klar dürfte sein, dass die genannten Linienstärken einen Mittelwert über den gesamten PN liefern. Lokal kann das durchaus stark variieren. So zeigt sich das rote Leuchten von Hα + [NII] auffallend stark konzentriert an den Enden der balkenförmigen Mittelstruktur.
Die Entfernung von M 76 wird in der Literatur mit 740 bis 1200 pc angegeben. Wie immer in der Astronomie, so ist dies auch immer von den Messmethoden abhängig. Wir sollten daher von 1 kpc (etwas mehr als 3200 Lj) ausgehen. Misst man den PN-Durchmesser auf dem AdW, so kommt man über die beiden Außenbögen auf 3'. Das bedeutet in der gerade genannten Entfernung einen wahren Durchmesser von 2,8 Lj - durchaus raelistisch. Auch eine Expansion kann festgestellt werden. Sie liegt bei etwa 40 km/s.
Oben am mittigen Bildrand bemerkt man einen diffusen Fleck, man könnte vermuten, es sei eine Zwerggalaxie. Doch die Brennweite täuscht einen Fleck vor. In Wirklichkeit handelt es sich um die Spiralgalaxie LEDA 2402772. Der Sloan Digital Sky Survey lässt anhand der Spiralarme klar die Morphologie eines Sb-Typs erkennen.
Wir haben hier kein LRGB, sondern ein RGB. Daher eine kurze Anmerkung zum Bild in Bezug auf die Farben. Wir betrachten zwei Sterne: (1) HD 10498, V = V 6,65 mag und Spektraltyp K5 steht 12,5' östlich von M 76. Die gelbliche Farbe gibt den K5-Typus recht gut wieder. (2) Stern TYC 3291-2123-1 bei den Pixelkoordinaten (1969/1509) hat B = 12,26 mag und V = 12,24 mag, d.h. B-V = 0,02 mag. Das entspricht einem hellen Blau, was im Bild ordentlich zur Geltung kommt. Der Bildautor hat mit den Sternen dann auch gleichzeitig eine gute Farbkalibrierung des Nebels hinbekommen. Dank an den Bildautor für das prächtige Bild und unsere Gratulation.
Peter Riepe
Koordinaten J2000.0:
RA = 01 h 42 min 20 s, DE = +51° 34' 32''
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