28. Woche - Der Mond in Perfektion und Farbe

Uns erreichte eine knackscharfe und detailreiche Mondaufnahme, welche sich in jedem Fall lohnt, ausgiebig erkundet zu werden. Hier geht es um die Wiedergabe feinster Oberflächenstrukturen, und deshalb empfiehlt es sich unbedingt, nicht das nebenstehende kleine Bild anzuschauen, das täuscht. Bitte vielmehr das Original herunterladen (unten hinter dem Textblock).
Anfang April 2020 herrschte eine stabile Hochdruckwetterlage mit außergewöhnlicher Luftruhe, die auch Ausdruck des in dieser Zeit andauernden Stillstands der menschlichen Schaffenskraft war. Der Bildautor Rolf Hempel, auch von seinen BoHeTa-Vorträgen bekannt, ist Entwickler der Programme „MoonPanoramaMaker“, „PlanetarySystemStacker“ und „PlanetarySystemLRGBAligner“. Er nutzte eben diese Werkzeuge höchst effizient, um diese hervorragende Mondaufnahme herzustellen. Sie spiegelt die Präzision der eingesetzten handwerklichen Prozesse wieder. So sind nach Angaben des Bildautors die Programme „MoonPanoramaMaker“ für die automatische Erstellung der für die Gesamtaufnahme notwendigen Mondmosaikkacheln und „PlanetarySystemLRGBAligner“ für das pixelgenaue Ausrichten von Luminanz und Farbkanälen weltweit bisher ohne vergleichbare Alternativen.
Am Abend des 4. April 2020 entstanden in Buchholz, einer Kleinstadt am Rande des Westerwalds im Norden von Rheinland-Pfalz, 56 monochrome Kacheln (Luminanzbilder) der sichtbaren Mondoberfläche, erstellt mit einem katadioptrischen Spiegelsystem nach Schmidt-Cassegrain bei einer Öffnung von 280 mm und einer Brennweite von 2.800 mm (Celestron 11). Das separat aufgenommene Farbbild erfolgte mit einem apochromatischen Refraktor der Marke LZOS bei 130 mm Öffnung und 1.200 mm Brennweite. Für die Luminanzaufnahmen wurde eine CMOS-Videokamera des Typs ASI 290 MM der Firma ZWO mit IR-Pass-Filter mit Durchlass ab 685 nm genutzt. Das Farbbild ist ein Resultat von insgesamt 260 Aufnahmen, erstellt mit einer digitalen Spiegelreflexkamera der Marke Canon 5D MkII. Sie wurden mit dem Programm „PlanetarySystemStacker“ zu einem Farbbild verarbeitet. Das endgültige Panorama wurde mit dem Programm „Panorama Studio 3 Professional“ erstellt und die finale Bildbearbeitung erfolgte in den Programmen PlanetarySystemLRGBAligner“ für das pixelgenaue Ausrichten von Luminanz und Farbbild sowie Adobe Photoshop PS5. Schließlich ist die vorliegende Mondaufnahme ein Komposit aus Luminanz- und Farbbild. Man erkennt den Farb-Charakter insbesondere an dem Übergang vom Mare Serenitatis zum Mare Tranquilitatis. Soweit zu den Aufnahmedetails. Zum Thema „Farben des Mondes“ sei in diesem Zusammenhang auf das Astrofoto der Woche KW21/2017 verwiesen (hier klicken).
Ich habe den Mond am besagten 4. April selbst auch beobachtet und u.a. die Region um die Krater Aristarchus, Wollaston und Krieger gezeichnet. So war mir ein direkter Vergleich möglich und ich habe die Szenerie im nordwestlichen Terminator sofort wiedererkannt. Die Beleuchtungssituation von Bild und Zeichnung sind nahezu identisch, sodass ich daraus die Uhrzeit der Aufnahme ableiten kann, die mir für das Foto nicht bekannt ist. Demnach könnten die Aufnahmen für dieses Kompositbild zwischen 20:00 und 21:30 Uhr Weltzeit (UT) entstanden sein.
Lassen wir uns einen prominenten Krater anschauen, welcher die Auflösungsqualität der Aufnahme mit dem C11 wiederspiegelt. Prägnant offenbart der 101 km große und rund 2 km tiefe Krater Gassendi am Nordrand des Mare Humorum in westlicher Terminatornähe seine filigranen Rillensysteme. Auf dem Kratergrund findet man u.a. zwei Kleinkrater, Gassendi M und Gassendi P, die mit 3 bzw. 2 km Durchmesser ohne Probleme sichtbar sind. Beim näheren Hineinzoomen erkenne ich auch keinerlei Farbsäume. Das mit „PlanetarySystemLRGBAligner“ erfolgte Ausrichten von Luminanz- und Farbkanälen scheint sehr gut funktioniert zu haben. Das verwendete C11 hat ein theoretisches Auflösungsvermögen von 0,493 Bogensekunden. In der Realität beeinflusst allerdings die Luftunruhe diesen Wert entscheidend, so dass im Durchschnitt ein Wert von 1 Bogensekunde schon als recht gut bezeichnet werden kann. Für Krater auf dem Mond, die wir zentral beobachten, also nicht an den gekrümmten Rändern des Mondes, lässt sich mittels der realen Größe des Kraters und der Mondentfernung in km seine scheinbare Größe in Bogensekunden ermitteln. Der am 4. April 2020 11,5 Tage alte Mond war an diesem Abend rund 364.408 km von der Erde entfernt. Daraus ergibt sich z.B. für den 2 km großen Krater Gassendi M ein scheinbarer Durchmesser von 1,13 Bogensekunden. Dieser ist für das C11 mit einem theoretischen Auflösungsverhältnis von 0,493 Bogensekunden sichtbar, anders formuliert, kann ein C11 theoretisch Krater bis etwas weniger als 1 km Durchmesser auflösen. Das nordöstlich von Gassendi verlaufende Rillensystem hat eine Breite von etwa 1 km und ist ideal beleuchtet und somit auch auf dieser Aufnahme sichtbar, auch wenn Rillen aufgrund des Kontrastes bei entsprechend günstiger Beleuchtung schon knapp unterhalb des theoretischen Auflösungsvermögens „sichtbar“ werden. So ist z.B. auch das Alpental mit einer Breite von 0,55-1 km auf dieser Aufnahme erkennbar – ein Indiz dafür, dass die Luftruhe mitgespielt hat. Es macht sehr viel Spaß, mit der Maus über die Mondoberfläche zu wandern und sich die vielen Kleinstkrater und Formationen im Detail anzuschauen!
Wir finden, es ist eine „bärenstarke Aufnahme“, die auch die letzten 5 Jahre Entwicklungsarbeit krönt, welche in den beschriebenen Programmen steckt und gratulieren Rolf Hempel zu Recht zu diesem Astrofoto der Woche!
Jens Leich
Bildautor: Rolf Hempel
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